Weissach. Der Name der Gemeinde hat in der Welt der Car-Guys einen Klang wie etwa für Gourmets das Piemont als Quelle der besten Trüffelpilze. Das Entwicklungszentrum ist ein einzigartiger Technikkosmos. Rund 6.500 Mitarbeiter, darunter 5.000 von Porsche und 1.500 von Partnerunternehmen, sind dort in der Entwicklung, im Motorsport, im Einkauf und den unterstützenden Bereichen tätig. Dicht an dicht stehen die Gebäude, schmale Verbindungsstraßen schlängeln sich hindurch.
Das Prüfgelände verfügt nicht nur über Dynamik- und Marterstrecken diverser Art, sondern auch über einen kleinen, aber feinen Rundkurs von 2,8 Kilometern Länge. Er ist sozusagen eine asphaltgewordene Essenz von Porsche: Wer Sportwagen baut, muss sie auf Sportwegen erproben. Und weil Motorsport nun einmal eine schnelle Angelegenheit ist, passiert das idealerweise gleich neben den Entwicklungslabors.
Alle Fahrzeuge der Marke, ob für Alltag oder Rennstrecke, durchlaufen die Bereiche des Entwicklungszentrums Weissach (EZW). Dort entsteht ohne Unterlass das Automobil von morgen. Ist eine Generation fertig, wird sofort die nächste auf den Weg gebracht. Parallelstränge bringen zwischendurch komplett neue Modelle ins Portfolio, natürlich auch neuartige Technologien. Ein ständig forderndes Programm im Sinne von „Porsche Intelligent Performance“.
Einzigartige Tradition
Porsche schuf die Prüfstrecke in Weissach Anfang der 1960er Jahre. Baubeginn war 1961. Das Skid Pad wurde 1962 in Betrieb genommen, 1967 folgte der Geländekurs. 1971 wurden rund um das Skid Pad der CanAm-Kurs und der Bergkurs mit engeren Kurven gebaut. Parallel dazu entstanden nach und nach die Entwicklungsgebäude dieser Technikschmiede, die bisweilen geheimnisvoll, irgendwie unnahbar wirkt; und die von vielen bewundert wird für das, was von dort kam und kommt. Auf jeden Fall ist sie ein Garant für Erfolge auf der Rennstrecke und für den anschließenden Technologietransfer aus den Rennwagen in die Serienfahrzeuge.
Beispiel 1: Im Jahr 1970 holte der bärenstarke 917, den damals ein junger Ingenieur namens Ferdinand Piëch mit Verve und viel Geschick vorantrieb, den ersten Porsche Gesamtsieg bei den „24 Stunden von Le Mans“. Um dessen Zwölfzylindermotor eine noch höhere Motorleistung zu entlocken, erhielt der 917 1972 zwei Turbolader („Bi-Turbo“). Ventile regelten den Ladedruck und machten den Leistungszuwachs beherrschbar. Ein Jahr später war diese Technik serienreif: 1973 präsentierte Porsche den berühmten 911 Turbo (Baureihe 930), der 1977 zusätzlich einen Ladeluftkühler erhielt und damit eine weitere Rennsporttechnologie. Der im Jahr 1985 vorgestellte 959 – ein außergewöhnlicher Technologieträger – brachte dann die Register-Aufladung und damit dem Turbo Manieren bei: Es kam nicht mehr ein Lader zum Einsatz, sondern zwei sich ergänzende mit unterschiedlichen Ladebereichen. Das gefürchtete „Turboloch“ war Vergangenheit. 2006 folgte dann im 911 Turbo die variable Turbinen- Geometrie (VTG), um bei allen Betriebszuständen des Motors optimale Strömungsverhältnisse zu haben. Nach wie vor ist Porsche der einzige Hersteller, der VTGLader in Ottomotoren einsetzt. Heute ist der Turbolader aktueller denn je, er gilt als eine Schlüsseltechnologie, um den Verbrennungsmotor mit allen Maßgaben an Treibstoffökonomie und Emissionen in die Zukunft zu führen.
Beispiel 2: Das Porsche Doppelkupplungsgetriebe (PDK). Bereits Ende der 1960er Jahre arbeitete der Sportwagenhersteller an einem derartigen Kraftwandler. Anfang der 1980er Jahre griffen die Entwickler im Zuge der Weiterentwicklung der Rennwagen 956/962 die Idee vom Schaltgetriebe ohne Zugkraftunterbrechung wieder auf. Die Technik eignet sich insbesondere in Verbindung mit Turbomotoren, da man beim Schalten auf dem Gas bleiben kann und der Ladedruck somit konstant erhalten bleibt – von kürzeren Schaltzeiten ganz zu schweigen. Das PDK bewährte sich im Motorsport, doch den Komfortansprüchen in Serienfahrzeugen genügte es noch nicht. Erst die Weiterentwicklung der Elektronik brachte es dorthin: 2008 erhielt der 911 Carrera (997) als erster Seriensportwagen ein Doppelkupplungsgetriebe. Heute verkauft Porsche mehr als 90 Prozent der Elfer mit PDK, und in anderen Modellen ist es sogar Standard – für sportliches Fahren, aber auch und gerade mit Blick auf einen geringen Treibstoffverbrauch.
Beispiel 3: Der sportliche Allradantrieb stammt ebenfalls aus dem Entwicklungszentrum Weissach. Hier kommt der 959 erneut ins Spiel. Er war der erste Allradler mit Sensoren für den Fahrzustand, um die Motorkraft mithilfe einer elektronischen, stufenlos geregelten Längssperre variabel zwischen Vorder- und Hinterachse zu verteilen. Die Technologie war sehr erfolgreich: 1986 gewann der 959 die Rallye Paris–Dakar. Zwei Jahre später kam das erste Serienfahrzeug mit dem darauf basierenden Allradantrieb, der 911 Carrera 4 (964). Seitdem hat Porsche das Konzept immer weiter verfeinert. Eine nächste Innovationsstufe ist der Allradantrieb mit der Unterstützung von Elektromotoren, verwirklicht beim 911 GT3 R Hybrid, 918 Spyder und 919 Hybrid.
Rollende Labore treiben die Technik voran, erproben sie, verfeinern sie. Das Entwicklungszentrum Weissach scheint wie ein Supercomputer. Komplizierte Fragestellungen werden hineingegeben – umfassende Antworten zurückgespielt. Ergebnis immer: die besten Sportwagen der Welt, für den Motorsport und für die Serie „Engineered in Weissach“.
Das Entwicklungszentrum erfindet sich selbst immer wieder neu und hält sich damit stets auf bestem Wissens- und Technologiestand. Weissach ist hochmodern ausgestattet. Im Geschäftsjahr 2014 eröffnete Porsche ein neues Design- Studio mit Konzeptbau sowie einen Aeroakustik-Windkanal. Einschließlich des Elektronik-Integrationszentrums (EIZ), das 2013 in Betrieb ging, investierte das Unternehmen für diese Erweiterung und Erneuerung des Entwicklungszentrums mehr als 150 Millionen Euro. Denn wer Fahrzeuge baut, die Grenzen verschieben, muss Entwicklungsmöglichkeiten haben, die eine Grenzverschiebung erlauben.
Verbrauchsangaben
918 Spyder : Kraftstoffverbrauch/Emissionen* kombiniert: 3,1 bis 3,0 l/100 km; CO₂-Emission: 72 bis 70 in g/km; Stromverbrauch: 12,7 kWh/100 km
918 Spyder (Weissach Paket): Kraftstoffverbrauch/Emissionen*: 3,0 l/100 km; CO₂-Emission: 70 in g/km; Stromverbrauch: 12,7 kWh/100 km