Der Mythos Porsche ist seit Beginn der Unternehmensgeschichte eng mit dem Mythos Le Mans verbunden. Legendäre Rennwagen-Ikonen wie der Porsche 917 oder die Gruppe-C-Boliden 956/962 prägten das Bild der Marke und des Rennens gleichermaßen. Seit dem 14. Juni gehört auch der Porsche 919 Hybrid in die stolze Reihe der Le-Mans-Gewinner.
Dies ist Anlass genug, um den siegreichen Porsche LMP1-Rennwagen mit Startnummer 19 beim Festival of Speed im englischen Goodwood (25. – 28. Juni 2015) starten zu lassen. Porsche-Werksfahrer Brendon Hartley (Neuseeland) wird den rund 1000 PS starken Hybrid-Prototypen über den winkeligen und engen Kurs steuern. Ergänzt wird dieser dynamische Auftritt durch die Le Mans-Sieger von 1981 und 1987, dem Porsche 936/81 und dem 962 C. Auch der Le Mans-Renner WSC Spyder von 1998 wird in Goodwood antreten.
Auch die Plug-In-Modelle von Porsche starten in Goodwood
Auf der Seite der Straßen-Sportwagen schickt Porsche die Plug-In-Modelle Panamera S E-Hybrid, Cayenne S E-Hybrid sowie den Supersportler 918 Spyder über den Kurs auf dem Gelände von Goodwood House. Der 918 Spyder setzte dort im letzten Jahr bereits die Bestzeit für elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Der 911 GT3 RS wird in Goodwood sein Debüt auf den britischen Inseln feiern, begleitet vom Cayman GT4 und dem brandneuen Boxster Spyder. Besitzer des riesigen Parkgeländes ist Charles Henry Gordon-Lennox, Earl of March and Kinara.
16 Mal hatte Porsche das wichtigste Langstreckenrennen der Welt zuvor gewonnen – erstmals 1970, zuletzt 1998, also vor 17 Jahren. Mit dem insgesamt 17. Gesamtsieg der Marke bei den 24 Stunden von Le Mans 2015 hat der effizienteste bisher gebaute Porsche-Rennwagen nun ein neues Kapitel in der langen Erfolgsgeschichte geschrieben. Und genau wie viele seiner berühmten Vorgänger steht auch der Porsche 919 Hybrid für eine technologische Zeitenwende.
Technologietransfer vom Rennsport in die Serienproduktion
Immer wieder führte Porsche im Rennsport bahnbrechende Innovationen ein, die anschließend Serienmodelle beflügelten. Der in Le Mans gereifte Turbomotor gehört ebenso zur DNA der Marke wie das Porsche-Doppelkupplungsgetriebe, das 1986 im Porsche 962 auf dem „Circuit des 24 Heures“ erstmals eingesetzt wurde. Selbst pure Rennsport-Technologien wie Ground Effect und Kohlefaser-Bauweise befruchteten die Sportwagen aus Zuffenhausen. Mit dem jüngsten Triumph bei den 24 Stunden legte jetzt der Hybridantrieb, der im Porsche 919 rund 1000 PS Systemleistung entwickelt, seine Reifeprüfung unter härtesten Bedingungen ab.
Gleichzeitig gingen die Gesamtsiege von Porsche in Le Mans immer auch auf die besonderen Leistungen der Menschen zurück, die einzigartige Autos konstruieren, bauen, einsetzen und fahren – wie der Rückblick auf 16 historische Erfolge zeigt.
1970
Mit Dutzenden von Klassensiegen in Le Mans hat Porsche die Leistungsfähigkeit und Effizienz der Zuffenhausener Sportwagen auch auf der Langstrecke längst bewiesen – jetzt soll der ganz große Pokal her. 1970 schickt die Marke sieben der mächtigen Porsche 917 ins Rennen. Sie treten gegen elf Ferrari 512 und schnelle Prototypen mit Dreiliter-Formel-1-Motoren an. Das Rennen wird als „Kampf der Titanen“ in die Motorsportgeschichte eingehen. Nach dramatischen 24 Stunden bei teils übelstem Wetter siegen Hans Herrmann und der Brite Richard Attwood im 917 Kurzheck von Porsche Salzburg. Ihr Wagen wird von einem 4,5 Liter großen Zwölfzylinder-180°-V-Motor mit rund 580 PS angetrieben. Porsche erzielt den ersten Gesamtsieg in der Firmengeschichte und besetzt erstmals das gesamte Podium. Denn auf dem zweiten Platz folgt der 917 Langheck von Gérard Larrousse und Willi Kauhsen, Rang drei holen Rudi Lins und Helmut Marko auf einem 908/02.
1971
Von 49 Startern setzen 33 auf die Marke aus Stuttgart-Zuffenhausen – ein bis heute bestehender Rekord. Das Rennen gewinnen Helmut Marko und Gijs van Lennep im Porsche 917 Kurzheck mit Magnesiumrahmen im Einsatzteam von Martini Racing vor den Markenkollegen Herbert Müller und Richard Attwood im ebenso kultigen Gulf-Design. Marko/van Lennep legen 397 Runden oder 5.335,13 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 222,304 km/h zurück. Dieser Bestwert hat 39 Jahre lang Bestand. Jackie Oliver fährt eine Trainingsrunde mit einem Durchschnitt von 250,475 km/h und ist am Ende der langen Geraden 386 km/h schnell. Erst nach fast anderthalb Jahrzehnten sollte ein Rennwagen den Circuit de la Sarthe noch schneller umrunden – und es war wieder ein Porsche.
1976
Beim Triumph von Jacky Ickx und Gijs van Lennep im Porsche 936 beschert Porsche der Fachwelt und den Fans in Le Mans zwei weitere Premieren. Erstmals gewinnt ein Boxermotor das Rennen – und erstmals ein Turbo-Triebwerk. Es handelt sich um den bereits 1974 bewährten 2,1-Liter-Boxer, der jetzt 550 PS leistet.
1977
In diesem Jahr erleben die Langstrecken-Fans eines der außergewöhnlichsten Rennen in der Geschichte der 24 Stunden von Le Mans. Renault hat vier schnelle A442 Turbo an den Start gebracht, Porsche setzt zwei 936 Spyder dagegen. Nach dem Ausfall „seines“ Autos steigt Jacky Ickx in den verbliebenen 936 um, der nach Problemen mit der Einspritzpumpe auf Platz 42 zurückgefallen ist, neun Runden hinter den führenden Renault Turbo. Der Belgier bleibt siebeneinhalb Stunden im Cockpit und dreht eine Rekordrunde nach der anderen. Renault antwortet mit verschärftem Tempo – und bekommt technische Probleme. Nach 23 Stunden führt der 936 mit 250 Kilometern Vorsprung auf den Zweiten. Doch weniger als eine Stunde vor dem Ziel erleidet der Sechszylinder-Turbo einen Kolbenschaden. Nach langer Reparatur trägt Jürgen Barth den 936 mit stillgelegtem Zylinder über die letzten beiden Runden und über die Ziellinie – Gesamtsieg Nummer vier.
1979
Der erste und bislang einzige Gesamtsieg eines Rennwagens mit Heckmotor gelingt 1979 Klaus Ludwig mit Don und Bill Whittington in einem 935 K3 des Kremer Racing Teams – es ist zugleich der erste Gesamtsieg eines Porsche-Kundenteams in Le Mans. Zwei weitere private 935er belegen die Podestplätze. Weniger Rennglück haben dagegen die 936 des Werks. Die Trainingsschnellsten Bob Wollek und Hurley Haywood müssen mit Motorschaden aufgeben, am Schwesterauto reißt nachts auf der Strecke der Zahnriemen der Einspritzpumpe.
1981
Eigentlich steht der 1977 und 1978 siegreiche 936 längst im Museum – und doch siegt er erneut. Das Reglement erlaubt jetzt den Einbau des 2,65-Liter-Doppelturbo des nicht zum Einsatz gekommenen Indy-Wagens. Der Sechszylinder leistet in Le Mans circa 620 PS. Zwei 936/81 Spyder treten in einem stark besetzten Rennen gegen Lancia, Ferrari, Peugeot, Rondeau und viele private 935 an. Die Trainingsschnellsten Jacky Ickx und Derek Bell kontrollieren das Geschehen vom Start weg und gewinnen mit 14 Runden Vorsprung vor einem Rondeau. Dieser Erfolg markiert den Beginn einer Serie von sieben Siegen in Folge, wie sie bis heute keinem anderen Hersteller gelungen ist.
1982
Am 27. März 1982 dreht ein revolutionärer Rennwagen in Weissach die ersten Proberunden: der Porsche 956. Der nach den technischen Regeln der neuen Gruppe C aufgebaute Rennwagen ist der erste aus Weissach mit einem Aluminium-Monocoque. Zudem ist er konsequent als „Ground Effect“-Fahrzeug konzipiert, das extrem hohen aerodynamischen Abtrieb produziert. Als Antrieb dient der 1981 siegreiche 2,65-Liter-Doppelturbo mit rund 620 PS. Am 20. Juni feiert Porsche mit dem 956 einen triumphalen Dreifachsieg in Le Mans: Jacky Ickx und Derek Bell gewinnen von Startplatz eins vor Jochen Mass und Vern Schuppan sowie Hurley Haywood, Al Holbert und Jürgen Barth. Die Analyse des Rennens belegt, dass der Neue dank seiner ausgefeilten Aerodynamik trotz höherer Durchschnittsgeschwindigkeit als der 936 deutlich weniger Treibstoff konsumiert.
1983
Porsche macht den 956 auch Kundenteams zugänglich – und der innovative Rennwagen dominiert die 24 Stunden wie keiner zuvor. Neun 956 sind im Ziel unter den ersten Zehn. Nach einem Kampf auf Biegen und Brechen mit 25 Führungswechseln in 24 Stunden gewinnen Al Holbert, Hurley Haywood und Vern Schuppan im Werks-956 mit 64 Sekunden Vorsprung auf die Trainingsschnellsten Jacky Ickx und Derek Bell im zweiten 956 des Werksteams.
1984
Erneut beweisen die „Flügelautos“ von Porsche ihre Überlegenheit auf dem Circuit des 24 Heures. Klaus Ludwig und Henri Pescarolo gewinnen auf einem 956 von Joest Racing vor sechs weiteren Porsche 956 – alle eingesetzt von Kundenteams.
1985
Die Werksteams von Porsche, Aston Martin, Jaguar, Lancia und Peugeot bilden 1985 ein beeindruckendes Starterfeld. Porsche setzt den 962 C als Nachfolger des 956 ein. Die Vorderachse des neuen Rennwagens wurde den Regeln der amerikanischen IMSA folgend um zwölf Zentimeter nach vorne verlegt. Im Qualifying fährt Hans-Joachim Stuck mit einem wassergekühlten Dreiliter-Turbo und rund 700 PS die schnellste jemals in Le Mans gefahrene Runde. Seine Zeit von 3:14,80 Minuten entspricht einem Durchschnitt von 251,815 km/h. Damit übertrifft er den seit 1971 bestehenden Rekord von Jackie Oliver. Im Rennen aber fährt der 956 des Joest Racing Teams in einer eigenen Welt. Klaus Ludwig, Paolo Barilla und Louis Krages („John Winter“) legen trotz des vom Reglement begrenzten Treibstoffverbrauchs ein extrem hohes Tempo vor und siegen mit deutlichem Vorsprung.
1986
Ein weiteres grandioses Jahr für Porsche in Le Mans: Derek Bell, Hans-Joachim Stuck und Al Holbert holen im Werks 962 C den elften Gesamtsieg vor dem 962 C von Brun Motorsport und einem 956 von Joest Racing. Wieder fahren neun Porsche in die Top Ten, darunter der erste allradgetriebene Rennwagen, der in Le Mans ankommt. Es ist der 961, die Rennversion des 959 mit Allradantrieb, Register-Turboaufladung und etlichen weiteren technischen Features.
1987
In der Marken-Weltmeisterschaft 1987 zieht der Porsche 962 C gegen den Jaguar XJR-8LM häufig den Kürzeren. Doch Le Mans hatte schon immer seine eigenen Gesetze. Zahlreiche Autos – auch einer der Werks-Porsche 962 C – müssen wegen Problemen mit der Benzinqualität die Segel streichen. Am Auto von Derek Bell, Hans-Joachim Stuck und Al Holbert wird in der Nacht die Elektronik aufwendig umgestellt, so fahren sie zu einem überraschenden und umjubelten Sieg.
1994
Das neue Reglement für Le Mans erlaubt neben den Prototypen auch wieder Le Mans GT1- und Le Mans GT2-Fahrzeuge. Die Porsche-Ingenieure finden beim intensiven Studium des Reglements heraus, dass der 962 C in modifizierter Form als Le Mans GT1-Rennwagen gemeldet werden kann, denn es existiert die geforderte straßenzugelassene Version: der Dauer 962. Bei Porsche entsteht der Dauer 962 LM-GT mit glattem Unterboden, dem erforderlichen Mindestgewicht von 1.000 Kilogramm und schmaleren Reifen (14 statt 16 Zoll). Zusätzlich zum angestrebten GT-Klassensieg holt dieses Auto mit Yannick Dalmas, Mauro Baldi und Hurley Haywood den 13. Gesamtsieg für Porsche.
1996
Porsche und die Porsche-Kunden melden sich 1996 mit Siegen in allen Klassen zurück. Reinhold Joest hat vom Werk die beiden für 1995 vorgesehenen TWR WSC 95-Sportprototypen übernommen, modifiziert und mit Hilfe der Weissacher die Aerodynamik auf eigene Kosten optimiert. In dem Kohlefaser-Monocoque arbeitet der bewährte Dreiliter-Turbo des 962. Manuel Reuter, Alexander Wurz und Davy Jones erringen mit diesem Porsche den nächsten Gesamtsieg.
1997
Mit Hilfe des Werks überarbeiten Reinhold Joest und sein Team einen der 1996 erfolgreichen Porsche TWR WSC 95 für den Start 1997 noch einmal. Parallel werden in Weissach die 911 GT1 als Beinahe-Sieger des Vorjahres weiter verfeinert. Doch die beiden favorisierten GT1 fallen im Rennen aus – jeweils in Führung liegend und der zweite nach 22 Stunden. Der Porsche TWR WSC 95 von Joest Racing, der über die gesamte Renndauer in Schlagdistanz bleibt, siegt erneut. Michele Alboreto, Stefan Johannson und Tom Kristensen stellen den 15. Gesamtsieg für Porsche sicher.
1998
Um im Wettkampf der Prototypen siegfähig zu bleiben, baut Porsche für 1998 einen von Grund auf neuen Rennwagen. Der 911 GT1 ‘98 verfügt über das erste bei Porsche entwickelte Kohlefaser-Chassis. Der 3,2-Liter-Doppelturbo liegt – wie beim 911 GT1 – vor der Hinterachse. Das Rennen spitzt sich zu einem Duell Porsche gegen Toyota zu. Nachdem unplanmäßige Reparaturstopps erst die beiden Porsche zurückwarfen, krankte in der Schlussphase auch der Gegner. 90 Minuten vor dem Ziel ist das Duell zugunsten von Porsche entschieden. Die Marke feiert den 16. Erfolg als Doppelsieg mit Allan McNish, Laurent Aiello und Stéphane Ortelli vor Jörg Müller, Uwe Alzen und Bob Wollek. Ein willkommener und hart erkämpfter Erfolg zum 50. Geburtstag der Sportwagenmarke.
2015
Das revolutionäre Effizienzreglement für die FIA Langstreckenweltmeisterschaft und den Saisonhöhepunkt in Le Mans zieht Porsche 2014 zurück in die Topkategorie des Sports. Es gibt wieder großen Spielraum für technische Entwicklungen, die für zukünftige Straßensportwagen von Porsche relevant sind – der Porsche 919 Hybrid wird geboren. Angetrieben von einem extrem effizienten Zweiliter-Vierzylinder-Turbo-Benzinmotor und zwei Energierückgewinnungssystemen (Brems- und Abgasenergie) bringt es der geschlossene Prototyp auf rund 1000 PS Systemleistung. Nach dem Lernjahr 2014 ist er unter der nunmehr 230 Mitarbeiter zählenden Mannschaft in Weissach weiter gereift. Auf den Tag genau 45 Jahre nach dem ersten Gesamtsieg der Marke erringen Earl Bamber, Nico Hülkenberg und Nick Tandy vor dem Schwesterauto von Timo Bernhard, Brendon Hartley und Mark Webber den 17. Triumph. Die Erfolgsgeschichte geht weiter.
Verbrauchsangaben
911 GT3 RS: Kraftstoffverbrauch/Emissionen* kombiniert 12,7 l/100 km; CO₂-Emission: 296 g/km
Boxster Spyder: Kraftstoffverbrauch/Emissionen* kombiniert 9,9 l/100 km; CO₂-Emission 230 g/km
Cayman GT4: Kraftstoffverbrauch/Emissionen* kombiniert: 10,3 l/100 km; CO₂-Emissionen: 238 g/km.
Cayenne S E-Hybrid: Kraftstoffverbrauch/Emissionen* kombiniert: 3,4 l/100 km; CO₂-Emissionen: 79 g/km; Stromverbrauch 20,8 kWh/100 km
Panamera S E-Hybrid: Kraftstoffverbrauch/Emissionen* kombiniert: 3,1 l/100 km; CO₂-Emission: 71 g/km; Stromverbrauch: 16,2 kWh/100 km