Damals, in den frühen Jahren der Marke, wurde fähigen Mitarbeitern angeboten, sich doch in doppelten Funktionen verdient zu machen: zum Beispiel in Personalunionen wie Rennleiter und Pressechef oder Techniker und Rennfahrer oder Entwicklungsingenieur und Kopilot. Eine Doppelfunktion war auch für das 1963 vorgestellte neueste Modell, ein 2+2-sitziges Coupé mit Sechszylinder-Boxermotor im Heck, vorgesehen: Einerseits alltagstauglich, andererseits mit allen Talenten für den Motorsport am Wochenende gesegnet. Rennleiter und Pressechef, in der Person Huschke von Hanstein vereint, wollten dies öffentlich demonstrieren und fanden im Motorsportkalender Anfang 1965 eine einzige Veranstaltung: die Rallye Monte Carlo.

Immerhin: international. Und mit einem Finale, das sowohl Pressechef als auch Rennleiter goutierten, nämlich der Vorfahrt am Fürstenpalast von Monte Carlo, ver­edelt durch den Glamour von Fürst Rainier und seiner Frau Gracia Patricia, der ehemaligen Hollywood-Schauspielerin Grace Kelly.

Frisches Coupé als adäquates Wettbewerbsfahrzeug

Der neue, eben vorgestellte Porsche 911 war damit als Rallye-Tier gesetzt. Die Fahrerpaarung ergab sich praktisch von alleine. Herbert Linge als Pilot war die Allzweckwaffe von Porsche – er konnte einen 550 Spyder noch in der Startaufstellung reparieren und dann im Rennen mithalten. Der Entwicklungsingenieur Peter Falk war ebenfalls vom Motorsport besessen und Linge bereits 1951 im Wettbewerb begegnet: Bei der Deutschen Schwarzwaldfahrt waren beide allerdings noch auf Motorrädern unterwegs gewesen.

Im Herbst 1964 wurden beide zum ersten Training für die Monte geschickt, zwischen Weihnachten und Neujahr durften sie die Strecke ein zweites Mal abfahren. Als adäquates Wettbewerbsfahrzeug wurde ein frisches Coupé ausgewählt, Rubinrot samt der damals elegant-sportlichen Kunstleder-Pepita-Innenausstattung, und sachte modifiziert. Die Leistung des Zwei­-Liter-Sechszylinders wurde von den serienmäßigen 95 kW (130 PS) auf etwa 103 bis 110 kW (140 bis 150 PS) angehoben, die Solex- durch Weber-Vergaser ersetzt.

„Wir sind in dem Schneetreiben oft nur nach Kompass gefahren“

Herbert Linge wünschte sich einen etwas nach hinten versetzten Schalthebel. Der Rest war Monte-Standard: Überrollbügel, Twinmaster, Stoppuhren, zwei Zusatzscheinwerfer vorne und der damals charakteristische Dachscheinwerfer, vom Beifahrer zu bedienen. „Wir haben den nur gebraucht, um in der Nacht die Ortsschilder anzustrahlen“, erinnert sich Peter Falk.

Am Heck war die damals übliche Traktionshilfe montiert: ein Standrohr für die Füße, Lederschlaufen oberhalb des Luftgitters für die Hände des Beifahrers. Wie geahnt gab es Schnee ohne Ende, die Monte wurde 1965 deshalb praktisch zu einer Wintersport-veranstaltung. Linge/Falk starteten in Bad Homburg und mussten sich über Holland, Belgien und Frankreich durch die Schneemassen nach Chambéry kämpfen. „Wir sind in dem Schneetreiben oft nur nach Kompass gefahren“, gibt Peter Falk die damalige Taktik preis.

Peter Falk, Herbert Linge, Porsche Monte-Elfer, 2015, Porsche AG
Peter Falk, Herbert Linge und ihr Monte-Elfer: alles im Originalzustand

In den französischen Seealpen wurde es dann richtig ernst, und als Linge bergab einmal mit der Beifahrerseite eine Schneewand touchierte, warf Falk aus Protest das Roadbook nach hinten. Ansonsten trugen sie den neuen 911 nach Huschke von Hansteins strategischen Anweisungen durch das südfranzösische Schneechaos: „Ihr müsst den 911 unbedingt bis vor den Fürstenpalast bringen. Dort wartet die Weltpresse.“

Herbert Linge und Peter Falk hatten sich für die letzte Nacht, die sogenannte „Nacht der langen Messer“ über den berüchtigten Col de Turini, neue Hakkapeliitta- Spikereifen aufgehoben. Allerdings war Porsche auch noch in einer zweiten Mission unterwegs: Eugen Böhringer und Rolf Wütherich lagen mit dem Mittelmotor-Sportwagen Porsche 904 auf Rang zwei und hatten damit diesen Satz Reifen für die letzte Nacht gewonnen. Herbert Linge und Peter Falk fuhren ihren rubinroten Elfer natürlich trotzdem vor den Fürstenpalast, als Fünfte der Gesamtwertung.

Nur eine komplette Restaurierung verspricht Glanz und Gloria

Die beiden Piloten durften zur Belohnung heimfliegen, der erste Porsche 911 im Motorsport wurde umgehend weiterverkauft – ohne Motor an einen Münchner Händler, dann von diesem weitergereicht an den französischen Privatrennfahrer Sylvain Garant. In Südfrank­reich gelang dem Monte-Elfer – nun mit einem Zwei­liter-Carrera-6-Motor im Heck – dann eine durchaus respektable lokale Motorsport-Karriere, bevor er schließlich doch zu alt wurde für die materialermüdenden Zeitenjagden und immer mehr in den Archiven ver­schwand. Irgendwann entdeckte ein monegassischer Spezialist für historische Porsche-Rennwagen dieses inzwischen ziemlich gealterte Juwel und vermittelte es einem deutschen Porsche-Sammler.

Die Gebrauchsspuren der Jahre im Motorsport waren auch auf einige Entfernung mit bloßem Auge ersichtlich, sodass einzig die komplette Restaurierung Aussicht auf Glanz und Gloria versprach. Der neue Besitzer wählte deshalb als Werkstatt seines Vertrauens die einzige mit Werksgarantie: Porsche Classic, der Restaurierungsspezialist im Mutterhaus. Im Juni 2013 wurde der Monte-Elfer angeliefert, irgendwie noch komplett, aber nicht mehr original. Das Rubinrot war seiner eher südfranzösischen Interpretation gewichen, der Motor hatte zwei Endrohre, und die Elektrik war massakriert.

Eine zeitlos elegante Karosserie

Also Vollrestaurierung: Zerlegen, Bewerten, Beschaffen, neu Aufbauen. Bald bestand der Monte-Elfer nur noch aus Einzelteilen, viele davon eigentlich bereits im Jenseits. Als die Rohkarosse wieder wie eine solche aussah, wurde ihr umgehend eine kathodische Tauch­lackierung verpasst, die damals, 1964, noch gar nicht erfunden war. Kaum zwei Jahre nach Restaurierungsbeginn befindet sich der Monte-Elfer fast pünktlich zu seinem 50-jährigen Jubiläum in seinem dritten Zustand: wieder original, gleichzeitig aber auch wie neu, auf alle Fälle veredelt durch die Material- und Verarbeitungskunde des 21. Jahrhunderts.

In der zeitlos eleganten Karosserie verdichten sich Mythos und Geschichte aller Elfer-Erfolge im Motorsport, die damals auch mit einem nach heutigen Begriffen riesigen Lenkrad und weichen Sitzen ohne Seitenhalt möglich waren. Die Gehäuse der Zusatzscheinwerfer erstrahlen neu verchromt, die Lederriemen verraten hell ihren frisch geschnittenen Zustand, aber die Antriebswelle des Twinmasters klackt wie 1965 und die beiden Uhren auf der Beifahrerseite leisten sich tatsächlich Patina, zumindest ein bisschen.

Kleiner Wendekreis, präzise abgestimmter Vergaser

Im Hier und Jetzt, speziell im Frühling 2015 fährt sich der 50 Jahre alte neue 911 an der Côte d’Azur leichtfüßig, ja grazil, mit einem Meister wie dem vierfachen Ral-lye-Monte-Carlo-Sieger Walter Röhrl am Volant. Röhrl genießt Eleganz und Leichtigkeit – das Leergewicht liegt unter 1000 Kilogramm – auf ehemaligen Wertungsprüfungen in den Seealpen. Die erstaunliche Wendigkeit auf schmalen 165er-Reifen, den kleinen Wendekreis, die präzise abgestimmten Vergaser.

Und er erkennt das ganze Potenzial des 911 im Rallyesport, sagt mindestens drei Gesamtsiege bei der Monte bis 1970 voraus. Die Werksfahrer Vic Elford und Björn Waldegård haben ihm das natürlich umgehend erfüllt.

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