Weitblick: Wie Porsche mit Venture Capital seine Innovationskraft stärkt

Seit 2016 baut die Porsche AG systematisch ein ­Startup-Ökosystem auf. Heute hat die Risikokapital-­Einheit Porsche Ventures Mitarbeitende an fünf ­Standorten in Luxemburg, Berlin, Palo Alto, Tel Aviv und Shanghai.

Im Mai 2023 treffen sich ­Lutz ­Meschke und Philipp Schröder erstmals persönlich. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Vorstand für Finanzen und IT der Porsche AG empfängt den Mitgründer und CEO des Clean-Tech-Startups 1KOMMA5° in seinem Büro in Stuttgart-Zuffenhausen. Beide bringen persönliche Erwartungen mit. Nach einer Stunde sind sie durchaus überrascht – und per Du.

„Philipp ist jung, dynamisch, ­selbstbewusst, beeindruckend. Er kann komplizierte Sach­verhalte sehr gut strukturieren und einfach erklären“, sagt ­Lutz ­Meschke voller Anerkennung. „Lutz‘ Büro ist viel kleiner und ­bescheidener, als ich dachte“, erzählt ­Philipp ­Schröder. „Der ­Termin war sehr angenehm und viel unkomplizierter als befürchtet.“

Porsche Design Tower, 2024, Porsche AG
Der Porsche Design Tower wurde mit Weitblick geplant – inklusive einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Porsche Zentrums Stuttgart

Offensichtlich stimmt hier die Chemie. Beide sind Unternehmer durch und durch, beide haben schon mehrfach Weitblick gezeigt. Lutz ­Meschke gilt als Vater der Venture-Capital-­Aktivitäten von Porsche. 2016 hat er Mut und Pioniergeist bewiesen, als er die ersten Schritte in den Kosmos des Wagniskapitals vorantrieb und umsetzte. „Dabei habe ich von Anfang an gesagt: Messt diese Aktivitäten nicht am Wert der Einzelunternehmen. Klar ist auch, dass am Ende nicht alle Investitionen in Startups ,fliegen‘ werden“, erinnert er sich an die Anfäng­e vor sieben Jahren. „Das Wichtigste ist der strategische Mehrwert für Porsche. Wir lernen unglaublich viel und haben schon sehr viele Produkte, Technologien und agiles Arbeiten mit Speed in den Konzern getragen.“

Meschke steht auf der Terrasse des Porsche Design Towers in Stuttgart. Er lässt den Blick über die Dächer der Stadt schweifen und zieht zufrieden Zwischenbilanz: „Unsere VC-Aktivitäten haben sich nicht nur strategisch, sondern auch finanziell ausgezahlt. Sie generieren wichtige Innovationsimpulse – und leisten bereits einen wachsenden Wertbeitrag zum Unternehmen.” Insgesamt hat Porsche bislang ca. 300 Millionen Euro in 50 verschiedene Startups investiert. Der Beteiligungsbuchwert des Portfolios beläuft sich auf knapp 400 Millionen Euro.

Ein Beispiel aus dem Startup-Portfolio ist 1KOMMA5° von Philipp Schröder. Porsche stieg Ende 2021 ein. Zwei Jahre später ist das Hamburger Unternehmen eine von mehreren Erfolgsgeschichten, die ­Lutz ­Meschke über Venture Capital erzählen kann.

Unter Venture-Capital-Aktivitäten versteht man den Erwerb von Minderheitsbeteiligungen an Startups, also neu gegründeten oder jungen Unternehmen. Dabei wird unterschieden zwischen dem klassischen Venture Capital (VC) und dem sogenannten Corporate Venture Capital (CVC).

Bei VC sammelt ein externes und unabhängiges Investment-Team Geld von Kapitalanlegern ein, um dieses in junge Unternehmen zu investieren. Ziel derartiger VC-Fonds ist es, die Beteiligungen nach einer wertsteigernden Unternehmensentwicklung mit Gewinn weiterzuverkaufen.

Bei CVC dagegen tritt ein traditionelles Industrieunternehmen („Corporate“) als Investor auf. Das Investment-Team dieses Corporate soll neben den finanziellen Erwartungen an die Investition auch einen strategischen Mehrwert realisieren. Das investierende Unternehmen erhofft sich durch die Beteiligung vor allem den Zugang zu neuen Technologien, neuen Geschäfts­modellen oder auch ein neues Verständnis von Unternehmertum.

Lutz Meschke, Mitglied des Vorstandes, Finanzen und IT, 2024, Porsche AG
Lutz Meschke kann Erfolgsgeschichten über Porsches Venture-Capital-Aktivitäten erzählen

Genau diese Ziele verfolgt Porsche Ventures, die CVC-Einheit der Porsche AG. Sie hat vier strategische Investitionsfelder definiert: Car & Mobility, Intelligent Enterprise, Sustainability und Beyond. Porsche Ventures kann seit 2023 weitgehend unabhängig agieren. „Damit können wir den Transaktionsprozess effizienter gestalten und über Beteiligungen an Startups schneller Zugang zu Geschäftsideen und Technologiekonzepten bekommen“, sagt Ulrich Thiem, Geschäftsführer von Porsche Ventures. „Porsche Ventures ist ein Sensor für Porsche in neu entstehenden Märkten und erfüllt damit auch in Zukunft einen strategischen Auftrag für das Unternehmen.“ Die Startups ihrerseits profitieren ebenfalls vom Einstieg einer CVC-Einheit: Sie erhalten nicht nur neues Kapital, sondern auch Zugang zu Industrialisierungskompetenz, Marketing-Know-how oder erste Aufträge aus der Industrie.

Als Porsche 2016 in die Risikokapital-Welt aufbrach, verfolgte ­Lutz ­Meschke einen ­modernen und globalen Ansatz: Porsche investierte zunächst in internationale VC-Fonds. Heute ist Porsche Ventures an ­mehreren Fonds mit Schwerpunkt USA, Europa (e.ventures) und Israel (Magma und Grove) beteiligt. Zudem hat Porsche in die CVC-Einheit eines chinesischen Automobilherstellers investiert – NIO Capital. „Wir wollten über die Fonds­beteiligungen damals auch lernen, wie die VC-Welt grundsätzlich funktioniert“, berichtet Ulrich Thiem.

Den Zeitraum zwischen 2016 und 2022 bezeichnet ­Lutz ­Meschke als „die erste Generation unserer Venture-Capital-Aktivitäten“. In dieser Phase investierte Porsche direkt in 39 junge Unternehmen und finanzierte 13 Unternehmensgründungen des Company Builders der Porsche Digital, Forward 31. Fünf dieser Beteiligungen wurden bereits wieder veräußert.

Mit Porsche Ventures ­schaffen wir die Basis, um ­künftig auch externe Investoren von ­unserer Innovations­agenda und ­unserer Investitions­strategie zu überzeugen. Lutz ­Meschke, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender, Vorstand Finanzen und IT

Die prominenteste Beteiligung aus dieser Phase ist Rimac Automobili, heute Rimac Group. Porsche stieg 2018 bei dem kroatischen Hypercar-Hersteller ein – und entwickelte das Unternehmen zu einer strategischen Beteiligung mit Einhorn-Status weiter. Als Einhorn bezeichnet man Unternehmen, die mit einer Milliarde US-Dollar oder mehr bewertet ­werden. Nach mehreren ­Finanzierungsrunden hält Porsche heute 20 Prozent an der Rimac Group. Diese ist Joint-Venture-Partner von Porsche im Gemeinschaftsunternehmen Bugatti Rimac. Zudem ist Rimac Technologies auf dem besten Weg, ein Tier-1-Lieferant für Porsche zu werden.

Eine ähnliche Zusammenarbeit kann sich Lutz Meschke mit 1KOMMA5° vorstellen. Das Hamburger Startup bietet Wärmepumpen, Solarmodule, Batteriespeicher und Ladepunkte für E-Autos an. Am besten im Paket und ­intelligent vernetzt.

Meschke und Schröder treffen sich regelmäßig im Rahmen des „Porsche Executive ­Champions“-Programms. Dieses sieht vor, dass sich jedes Porsche-Vorstandsmitglied einmal pro Quartal mit einem Startup-Gründer trifft, um sich unter vier Augen auszutauschen. Dabei geht es um Kontakte, Tipps und gute Ideen – idealerweise in beide Richtungen.

„Mit dem Invest in 1KOMMA5° haben wir uns einen Partner gesichert, der uns bei der Transformation zur Elektromobilität enorm weiterhelfen kann“, erläutert Meschke. ­Schröder und er hätten durchaus konkrete Ideen zur Zusammenarbeit, betont er. Öffentlich darüber sprechen werden sie aber erst, wenn diese marktreif sind.

Porsche hat jüngst auch in etabliertere Unternehmen investiert, die bereits eine hohe strategische Relevanz für die Luxusmarke ­mitbringen: Group 14 Inc. und HIF Global LLC. „Mit der Investition in Group 14 haben wir Zugriff auf einen starken Batteriezellchemie-­Lieferanten für unsere Cellforce Group. Dazu wären wir ohne unsere VC-Erfahrungen nicht in der Lage gewesen“, sagt ­Lutz ­Meschke. Ähnliches gilt für die frühe Partnerschaft mit HIF Global LLC, einem der ­vielversprechendsten Akteure bei regenerativen synthetischen Kraftstoffen, sogenannten eFuels.

Fields of Fascination

Porsche Ventures hat vier strategische Investitionsfelder definiert.

­Lutz ­Meschke lehnt sich an an das Geländer des Porsche Design Towers und blickt auf erfolgreiche sieben Jahre zurück. „Wir ruhen uns auf diesen Ergebnissen nicht aus, sondern gehen unseren Weg konsequent weiter“, betont er. Anfang 2023 wurde das operative Hauptquartier von Porsche Ventures nach Luxemburg verlegt. Meschke: „Damit betonen wir die Eigenständigkeit unserer VC-Aktivitäten. Und wir schaffen die Basis, um künftig auch externe Investoren von unserer Innovationsagenda und unserer Investitionsstrategie zu überzeugen.“

Sein Blick streift jetzt über die Weinberge ­Stuttgarts, als wollte er dort ein weiteres Einhorn erspähen. Er betont nochmals: „Mit Porsche Ventures haben wir in Zukunft viel vor.“ In den kommenden Jahren will Porsche bis zu 250 Millionen Euro Risikokapital ­investieren – zum Teil über Erlöse aus dem Porsche-­­Ventures-Portfolio der ersten Generation.

Das Geld scheint gut investiert. Das nächste Einhorn kommt bestimmt.

 

Der Inhalt dieser Webseite stellt ausgewählte Informationen des Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichts 2023 der Porsche AG dar. Alle Informationen sind daher stichtagsbezogen und werden seit der Veröffentlichung am 12. März 2024 nicht aktualisiert. Rechtlich bindend ist das deutsche PDF des Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichts

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