„Ich habe die Führungsfunktion zunächst in Vollzeit ausgeübt und mich zwischen Beruf und Familie komplett zerrieben. So hatte ich mir das nicht vorgestellt“, denkt Christiane Storz an ihren ersten Versuch zurück, Führungsaufgabe und Familie zu verbinden. Die Leiterin Controlling Vertrieb ist bereits seit 2007 für den Sportwagenhersteller tätig und seit 2012 in der Führungsfunktion. Nach der Geburt ihres ersten Kindes suchte Storz nach einer Möglichkeit, Arbeit und Privatleben bestmöglich zu kombinieren – so kam sie schließlich auf die Idee des Jobsharing bei Porsche.
Nachdem damals im Unternehmen neue Arbeitsformen in Führungspositionen bereits diskutiert wurden, fasste Christiane Storz den Mut und brachte ihre Idee vom Jobsharing in einem Konzept zu Papier. Nach positivem Entscheid aus dem Porsche-Vorstand und erfolgreicher Suche nach einem geeigneten Tandem startete Mitte 2014 dann die Pilotphase. Die Job-Partnerschaft mit Kerstin Endress hat bis heute Bestand. „Wir sind Porsche sehr dankbar für die Möglichkeit des Jobsharings. Dass wir damit ein Wegbereiter für weitere Tandems sein konnten, macht uns stolz“, betont Kerstin Endress. Mehr als 20 weitere Duos folgten seither.
Familie und Beruf zu vereinen, stellt viele Eltern vor Herausforderungen. Wo einst Großeltern bei der Kindererziehung aushalfen oder der Ehepartner zu Hause blieb, ist es heute normal, dass beide Elternteile arbeiten und Familienangehörige weiter entfernt wohnen. Gleichzeitig legen insbesondere jüngere Generationen großen Wert auf eine gute Balance zwischen Beruf und Privatleben. Entsprechend steigt in der modernen Arbeitswelt das Interesse an Teilzeitmodellen – auch in Führungspositionen. Mit dem Jobsharing-Modell stellt Porsche sicher, dass Führung weiterhin attraktiv bleibt.
Jobsharing fördert Chancengleichheit und Perspektivenvielfalt
Das Arbeitsmodell ist ein wichtiger Baustein, um Chancengleichheit im Arbeitsleben von Führungskräften zu fördern. Gleichzeitig bringt das Jobsharing Perspektivenvielfalt in die Führung und bietet Führungskräften einen wertvollen Austausch untereinander. Aktuell teilen sich bei Porsche Abteilungs- und Teamleiter Führungsposten, wobei Porsche hier keine Vorgaben macht. Jobsharing ist grundsätzlich auf allen Ebenen denkbar, sofern sich dort Tandems finden. Das jeweilige Ressort ist dafür unerheblich, sodass es aktuell Tandems in allen Bereichen gibt. Ebenso, ob sich zwei Frauen, zwei Männer oder ein gemischtes Tandem die Stelle teilen. Bezüglich der Dauer eines Job-Tandems stellt sich Porsche flexibel auf und macht keine Vorgaben. So gibt es Tandems, die sich über sechs Monate eine Stelle teilen, andere führen Teams über Jahre gemeinsam. Das Gelingen des Modells hängt von klarer und vertrauensvoller Kommunikation, strukturierten Arbeitsabläufen sowie der Unterstützung aus dem jeweiligen Team ab.
Führungsposition trotz Teilzeitjob
Beim Jobsharing geht es nicht darum, einen bestimmten Prozentanteil der Stelle auszufüllen und den Rest durch jemand anders erledigen zu lassen. Das wäre „Jobsplitting“ und führt in verantwortungsvollen Positionen eher zu Chaos als zu hohem Nutzen. Stattdessen arbeiten beim Jobsharing zwei Personen in aufgeteilten Zeitmodellen in einem Tandem. Beide haben die gleichen Entscheidungs- und Führungsbefugnisse, was zu mehr Konsistenz und besseren Beschlüssen führt. Wie sich die Tandems aufteilen, bleibt ganz allein ihnen überlassen.
Wichtig ist aus Sicht der beiden Vorreiterinnen Christiane Storz und Kerstin Endress, dass beide Tandem-Partner von ihren Fähigkeiten und Charaktereigenschaften her in der Lage sein müssen, die jeweilige Stelle allein auszuführen. Nur so sei es möglich, gleichwertige Entscheidungen und gute Arbeit zu gewährleisten. Natürlich müsse auch die Chemie zwischen den Beteiligten stimmen, da man im Jobsharing sehr viel Zeit miteinander verbringt und nicht nur positive Aspekte des Berufs teilt.
Diese Meinung teilen auch Michael Trinkner und Christian Matusek, die im Bereich Industrialisierung Produktion und Logistik seit rund einem Jahr zusammenarbeiten.
„Wir haben eine feste Kommunikationsstruktur mit einem wöchentlichen Meeting und eine klare Aufteilung geschaffen. Dafür ist es aber unerlässlich, detailliert miteinander zu kommunizieren und ein gutes Kritik-Management zu leben“, sagt Christian Matusek. Durch die gegenseitige Akzeptanz der Stärken und Schwächen des jeweils anderen gewinnt das Tandem an Qualität und Effizienz. „Wir ergänzen uns nicht nur beruflich, sondern auch persönlich sehr gut in der gemeinsamen Führung.“
Michael Trinkner erinnert sich gerne: „Freunde haben sofort gesagt: Das machst du richtig, so erlebst du viel mehr von der Zeit, in der deine Kinder noch klein sind.“ Matusek ergänzt: „Selbst viele alteingesessene Führungskräfte haben mir gesagt, dass sie das Modell gerne genutzt hätten, wenn es das in ihrer Zeit schon gegeben hätte.“ Beide haben sich auch für das Jobsharing entschieden, um ihren Partnerinnen eine berufliche Karriere zu ermöglichen. Das Gespann Matusek und Trinkner geht Ende des Jahres auseinander, da sich Christian Matusek beruflich innerhalb der Porsche AG verändert. Sie schließen jedoch keinesfalls aus, dass sie erneut im Jobsharing mit einer Kollegin oder einem Kollegen zusammenarbeiten.
Auch Daniela Fiedler und Sebastian Saxer kennen das Modell bereits aus ihrer jeweiligen Zeit im Bereich Recruiting. Während Sebastian Saxer dort nur von außen das Jobsharing wahrnahm, teilte Daniela Fiedler bereits ihre Stelle. Als ihre Job-Partnerin vor etwa einem Jahr in einen anderen Bereich wechselte, ergriff Saxer die Chance, einzusteigen. Wie bei vielen Tandems führte auch bei ihm die familiäre Veränderung durch die Geburt seiner Kinder zu dieser Entscheidung. „Durch das Jobsharing bin ich familiär viel flexibler geworden“, berichtet er.
Besonders schön ist für alle genannten Duos der Rückhalt im persönlichen Umfeld. Daniela Fiedler und Sebastian Saxer bringen ihre Erfahrungen wie folgt auf den Punkt: „Investiert am Anfang Zeit in euch als Team. Das operative Tagesgeschäft ist auch wichtig, aber die persönliche Ebene muss als allererstes passen.“
Christian Matusek gibt allen interessierten Führungskräften gleich noch einen weiteren Rat mit auf den Weg: „Gleicht eure Wertegerüste miteinander ab. Es ist wichtig, mit sehr ähnlichem Werteverständnis zusammenzuarbeiten.“ Sein Kollege Michael Trinkner fügt hinzu: „Baut im Team die Angst davor ab, zwei Führungskräfte zu haben. Manchmal haben Mitarbeitende die Sorge, dass sie dem Druck durch gleich zwei Chefs nicht standhalten können. Im Bestfall sollte das Duo mit einer gemeinsamen Stimme sprechen und auch gleichwertige Entscheidungen treffen. Und auch die eigene Angst davor, dass Teilzeit bedeuten könnte, dass ich selbst nicht leistungswillig bin, sollte man aus dem Kopf streichen.“