Tatjana Maria macht sich bei Rückkehr nach Wimbledon keinen Druck

Mit ihrem sensationellen Halbfinaleinzug sorgte Tatjana Maria im Vorjahr für ein deutsches Tennis-Sommermärchen in Wimbledon. Bei ihrer Rückkehr zum bedeutendsten Grand-Slam-Turnier der Welt, das am Montag beginnt, setzt sie sich aber nicht unter Druck. „Ich werde in jedem Match bis zum letzten Ball kämpfen“, sagt sie im Gespräch mit dem Porsche Newsroom. „Doch ich will das alles auch genießen, zusammen mit meiner Familie.“

Der altehrwürdige All England Lawn Tennis and Croquet Club ist für Tatjana Maria ein ganz besonderer Ort. An der berühmten Church Road im Londoner Südwesten feierte sie vergangenes Jahr den größten Erfolg ihrer Karriere, als sie sensationell ihr erstes Grand-Slam-Halbfinale erreichte – mit 35 Jahren und als zweifache Mutter. Die Tennisfans überall auf der Welt haben sie dafür in ihre Herzen geschlossen. „Egal wo ich hinkomme, die Leute sprechen mich immer noch auf Wimbledon an“, sagt Tatjana Maria. „Dann sagen sie mir, wie unglaublich sie das fanden und wie sehr sie mit mir mitgefiebert haben. Das gibt mir die Kraft und die Motivation, weiterzumachen.“

Tatjana Maria, Wimbledon, 2022, Porsche AG

Die Spielerin vom Porsche Team Deutschland, die in Bad Saulgau aufgewachsen ist und mit Ehemann Charles und den Töchtern Charlotte und Cecilia in Florida lebt, freut sich auf die Rückkehr nach Wimbledon. „Es ist mein Lieblings-Grand-Slam, mit einer besonderen Atmosphäre und einer einzigartigen Historie, die in jedem Winkel der Anlage zu spüren ist. Dazu kommt, dass ich sehr gerne auf Rasen spiele“, sagt sie. Bei den Veneto Open, einem Rasenturnier in Italien, stand sie letzte Woche im Finale.  Sie ist also fit für Wimbledon. Wenn sie an 2022 zurückdenkt, schwirren die Erinnerungen nur so durch ihren Kopf: „Das waren unglaubliche zwei Wochen. Wie die Menschen auf mich reagiert haben, auf eine zweifache Mama, die auf dem Platz alles gibt und auch noch erfolgreich ist, das war ein tolles, sehr emotionales Erlebnis. Das Schönste aber war, das alles mit meiner Familie erleben zu dürfen. Das wird für immer unvergesslich bleiben.“

„Ich will auch in Zukunft solche tollen Momente erleben“

Dieser Erfolg hat ihr das Selbstvertrauen und die Kraft gegeben, alles dafür zu tun, um ihr Spiel weiter zu verbessern. „Ich will ja auch in Zukunft solche tollen Momente erleben. Darauf arbeite ich jeden Tag hin und versuche, mein Bestes zu geben“, sagt sie, bekräftigt aber auch: „Ich mache mir deswegen keinen Druck. Klar, ich war letztes Jahr im Halbfinale und vielleicht erwarten die Leute jetzt, dass es wieder so gut für mich läuft. Ich hoffe das natürlich auch. Da ich nicht gesetzt bin, ist das aber auch eine Frage der Auslosung. Die kann ich nicht beeinflussen.“

Den Eindruck, dass sie nach dem Erlebten diesmal mit einer gewissen Gelassenheit in Wimbledon antritt, will sie damit nicht erwecken. „Es ist immer noch ein Grand Slam. So gelassen ist man da nicht“, sagt sie mit einem Schmunzeln. „Ich werde in jedem Match mein Bestes geben und um jeden Ball kämpfen, aber ich mache mir keinen zusätzlichen Druck, indem ich sage: Ich habe einmal Halbfinale gespielt, jetzt muss ich es wieder machen.“ Natürlich würde sie gerne noch einmal so weit kommen, „vielleicht sogar noch weiter“, wie sie sagt. Doch in erster Linie versuche sie, sich auf ihr Spiel zu konzentrieren und die tolle Stimmung zu genießen.

Tatjana Maria, Porsche Team Deutschland, Wimbledon, 2022, Porsche AG

Seit Wimbledon 2022 gilt Tatjana Maria als die Tennis-Mama schlechthin, die eindrucksvoll bewiesen hat, dass ein Kind nicht automatisch das Karriereende bedeuten muss. Darauf ist sie stolz. Sehen andere Spielerinnen sie als Vorbild? „Ich denke schon“, sagt sie. „Sie sehen an meinem Beispiel, dass es möglich ist, während der Karriere ein Kind zu bekommen und danach auf die Profitour zurückzukehren. Ich bin ja gleich zweimal zurückgekommen, erst nach der Geburt von Charlotte, was schon viele erstaunt hat, und dann ein zweites Mal, als Cecilia auf der Welt war. Es geht also.“

„Die Mamas auf der Tour sollten besser unterstützt werden“

Dass auch andere Spielerinnen ihre Karriere nach der Geburt fortsetzen, wie etwa Elina Svitolina, die zuletzt bei den French Open stark gespielt hat, ist für Tatjana Maria „eine positive Entwicklung, auch für die WTA Tour.“ Sie zieht daraus die Hoffnung, „dass die Mamas auf der Tour künftig etwas besser unterstützt werden.“ Dabei stellt sie keine unerfüllbaren Forderungen an die Verantwortlichen. „Hilfreich wäre es schon, wenn alle großen Turniere eine Kinderbetreuung anbieten würden. Bisher machen das nur die Grand Slams und einige wenige Turniere wie etwa der Porsche Tennis Grand Prix. Dort gibt es das schon seit Jahren.“ Wenn andere Turniere diesem Beispiel folgen würden, sagt sie, „wäre das sehr positiv, für die Kinder und für die Mamas.“

In der Weltrangliste ist Tatjana Maria die mit Abstand bestplatzierte deutsche Spielerin. Das macht sie eher stolz als nachdenklich in Bezug auf das deutsche Damentennis. „Wir haben viele junge Spielerinnen, die sehr viel Talent und Können mitbringen“, sagt sie. „Wir müssen uns da keine allzu großen Sorgen machen, immerhin haben wir uns mit dem Porsche Team Deutschland für die Finalrunde im Billie Jean King Cup im November in Sevilla qualifiziert.“ Sie ist ohnehin davon überzeugt, dass man heutzutage viel länger auf hohem Niveau spielen kann. „Nicht alles“, sagt sie mit einem Lächeln, „ist eine Frage des Alters.“

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