Am Himmel über Watkins Glen hängen dichte Wolken, das Training der IMSA Michelin Pilot Challenge ist gerade beendet. Die Mechaniker haben das Ladekabel vom bis zu 800 kW (1.088 PS) starken Porsche GT4 e-Performance gelöst. Die 80 kWh große Batterie ist voll geladen. Für das knappe Zeitfenster von 20 Minuten reicht dies allemal. Der vollelektrische Versuchsträger ist startklar. Was fehlt? Der Fahrer. Jörg Bergmeister ist für die Showrunden eingeplant, aber der „Lange aus Langenfeld“ ist noch nicht in den USA. Der Flug des langjährigen Werksfahrers und heutigen Porsche-Markenbotschafters startete aufgrund eines Unwetters in der Region um Düsseldorf nicht planmäßig.

„Und so komme ich jetzt überraschend in den Genuss der ersten Fahrten“, sagt Klaus Bachler lächelnd. Der Österreicher, Stammfahrer im Porsche 911 GT3 R von Pfaff Motorsports in der IMSA-Serie, ist ohnehin vor Ort. Er springt grinsend in das Cockpit des GT4 e-Performance, wird angeschnallt – und los geht die Reise auf dem 5,472 Kilometer langen ehemaligen Formel-1-Rundkurs. Zahlreiche Fans staunen beim wuchtigen Pfeifen des Elektrorenners auf der Start-Ziel-Geraden, in Kurve 5 („Outer Loop“) warten die Streckenposten gespannt auf die erste Vorbeifahrt.

Klaus Bachler, Porsche GT4 e-Performance, Watkins Glen, USA, 2023, Porsche AG
Klaus Bachler

Die Marshalls sind von einem Porsche Motorsport-Mitarbeiter auf das Spektakel vorbereitet worden. „Der hat über 1.000 PS?“, fragt einer ungläubig. „Das ist unfassbar!“ Sein Kollege holt derweil schmunzelnd eine Stoppuhr aus der Jackentasche: „Wollen wir mal sehen, was das Gerät kann…“

Porsche GT4 e-Performance beeindruckt in Watkins Glen

Klaus Bachler jagt durch die Schikane vor Kurve 5, fliegt im blau-schwarzen GT4 e-Performance zum ersten Mal an den begeisterten Streckenposten vorbei. „Amazing“ aus sechs Kehlen gleichzeitig, die Stoppuhr ist aktiviert. Erster Umlauf: 1:49 Minuten. Der österreichische Rennprofi tastet sich langsam an die Grenzen.

Porsche GT4 e-Performance, Watkins Glen, USA, 2023, Porsche AG

Die aus 63 Prozent recycelten Materialien bestehenden Michelin-Reifen bauen mehr und mehr Temperatur und somit Haftung auf. Nach vier Runden bleibt die Stoppuhr bei 1:47 Minuten stehen. Staunen. Nicht nur bei den Streckenposten. „Das ist das Renntempo eines GT3-Autos“, jubelt Bachler. „Und das aus dem Stand heraus. Wir hatten überhaupt keine Zeit, das Setup anzupassen. Das ist absolut beeindruckend. Meine sieben Runden haben extrem viel Spaß gemacht.“

Der GT4 e-Performance ist nach dem ersten Showrun zurück im schützenden Zelt und fällt in einen wohlverdienten Lade-Schlaf. Bis er am Sonntag zwischen Warmup und Rennen für die zweite Demonstrationsfahrt geweckt wird. Diesmal ist auch Jörg Bergmeister da. Und noch viel mehr Fans, die der Vision einer möglichen Markenpokal-Zukunft zujubeln.

Jörg Bergmeister, Porsche GT4 e-Performance, Watkins Glen, USA, 2023, Porsche AG
Jörg Bergmeister

„Insgesamt acht Runden in Watkins Glen. Hat mega Freude gemacht“, bilanziert Bergmeister. „Meine schnellste Runde war eine 1:47,7 Minuten. Aber da war noch längst nicht Schluss. Da geht noch mehr“, so die deutliche Ansage des Porsche-Markenbotschafters. Der GT4 e-Performance soll im Leistungsfenster der aktuellen Generation von Cup-Fahrzeugen agieren. Volltreffer! Der schnellste Porsche 911 GT3 Cup des Porsche Carrera Cup North America fährt am gleichen Wochenende in Watkins Glen eine Qualifyingrunde in 1:47,695 Minuten. Mit viel Trainingszeit und Setup-Arbeit zuvor.

Porsche GT4 e-Performance auf Welttournee

„Allein dies belegt, dass wir mit dem Projekt voll auf Kurs sind“, freut sich Oliver Schwab, Projektleiter Porsche GT4 e-Performance World Tour. „Die Begeisterung bei den Fans war deutlich sichtbar, das Interesse von Serienverantwortlichen, Teams und Medien enorm hoch. Die Demofahrten in Watkins Glen waren ein Erfolg!“

Oliver Schwab, Projektleiter Vertrieb Porsche 718 Cayman GT4 e-Performance, 2022, Porsche AG
Oliver Schwab

Und geht es weiter: Im August wird das Auto beim Concours d’Elegance in Pebble Beach zu sehen sein. Im Folgemonat soll der GT4 e-Performance einer der Stars der Porsche Rennsport Reunion in Laguna Seca sein. Ein zweites Auto, das unter anderem in Hockenheim anlässlich der Feierlichkeiten zu 75 Jahre Porsche Sportwagen zu sehen war, geht gleichzeitig auf die Reise nach Asien und anschließend weiter nach Australien. Schwab kann es kaum erwarten: „Ich bin jetzt schon gespannt, welches Performance-Niveau wir bei unseren geplanten Showruns auf der legendären Strecke in Bathurst erreichen werden.“

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