Fahrwerkspezialist Prof. Flegl kam 1966 zum Stuttgarter Autobauer. Schon drei Jahre später war der erst 27 Jahre alte Diplom-Ingenieur verantwortlich für das Projekt 917, gemeinsam mit Hans Mezger und Peter Falk. Die Aufgabe war es, den unzähmbar erscheinenden Boliden siegfähig zu machen. Denn der damalige Porsche-Entwicklungschef Ferdinand Piëch wollte mit diesem Überauto jeden und alles schlagen. Gestandene Rennfahrer allerdings hielten den 917 nach ersten Tests für unfahrbar. „Für mein Team und mich bestand die größte Herausforderung seinerzeit darin, das Potential dieses Autos mit den Bedürfnissen der Piloten in Einklang zu bringen“, erinnert sich Prof. Flegl.
Das Projekt 917 genoss bei Porsche oberste Priorität und wurde engagiert vorangetrieben. Die Rennfahrer Jo Siffert und Kurt Ahrens gewannen damit erstmals im Sommer 1969 das 1000-Kilometer-Eröffnungsrennen auf dem neuen Österreichring in Zeltweg, aber Piëch forderte den Gesamtsieg – den ersten für den Stuttgarter Sportwagenbauer. Deswegen spornte er Prof. Flegl und sein Team an, das Fahrverhalten zu optimieren und viele Testfahrten anzusetzen.
Tests mit dem 917
Einen dieser Tests wird Prof. Flegl nie vergessen: Am 7. April 1970 erprobte Porsche-Werkspilot Kurt Ahrens auf dem abgeriegelten Ehra-Lessien-Testgelände eine modifizierte 917-Langheck-Version. Das Techniker-Team um Prof. Helmut Flegl und Peter Falk leitete das Fahrprogramm. Eine Windböe von der Seite sorgte dafür, dass das Auto an der Leitplanke in zwei Teile zerrissen wurde – Kurt Ahrens überstand den schlimmen Unfall mit Prellungen und Quetschungen. Dennoch hatte sich alle Arbeit gelohnt: Der 580 PS starke 917 KH errang den ersten Porsche-Gesamtsieg 1970 bei den 24 Stunden von Le Mans.
Grund zur Freude gab es für Prof. Flegl sowie seine Weissacher Ingenieurskollegen Hans Mezger und Valentin Schäffer ebenso im Jahr 1971. Denn bei zweitägigen Vortests zum 24-Stunden-Rennen von Le Mans übernahm Jackie Oliver am zweiten Testtag das Steuer eines Porsche 917 LH. Bevor der Brite loslegte, ermahnte ihn Prof. Flegl: „Wir sind uns hinsichtlich der aerodynamischen Stabilität auf der Geraden jenseits von Tempo 300 nicht ganz sicher.“ Sechs problemlose Runden später erhielt Prof. Flegl die positive Rückmeldung und ordnete deshalb nur marginale Änderungen an.
Rekordrunde in Le Mans
Für noch mehr Abtrieb ließ er zum Beispiel die Schlitze der Radhausentlüftung auf den vorderen Kotflügeln weiter nach vorne verlegen. Seine Anordnung: „Fahren Sie jetzt fünf Runden mit Höchstdrehzahl.“ Die Folge: Mit gestoppten 3:13,60 Minuten ging Jackie Olivers Leistung als die erste Le-Mans-Runde mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 250 km/h in die Geschichtsbücher ein – exakt 250,457 km/h wurden errechnet, wenngleich aufgrund einer Testfahrt nicht offiziell anerkannt. Und den Gesamtsieg in Le Mans konnte Porsche im gleichen Jahr auch wiederholen.
1972 eroberte der 917/10 Can Am Spyder unter tatkräftiger Mitarbeit von Prof. Flegl die nordamerikanische CanAm-Rennserie. Von da an war er zum leistungsstärksten Rennwagen von Porsche avanciert. 1973 verlängerte Prof. Flegl für die Fahrbarkeit des 917/30 den Radstand, was das Auto im Rennen deutlich stabilisierte. Außerdem arbeitete er erfolgreich an der Aerodynamik, die bei der enormen Kraft von 1100 PS Kraft für den notwendigen Anpressdruck sorgte.
Mitarbeit am 936 und 928
Prof. Helmut Flegl brachte den Porsche 936 auf die Räder und übernahm dann 1976 die Projektleitung des 928. 1978 kehrte er wieder zurück in die Rennabteilung und setzte seine Arbeit am 936 fort. 1988 trieb er das Indy-Projekt mit Theo Fabi voran. Dieses Projekt war für drei Jahre anberaumt und wurde danach eingestellt. Sehr zum Bedauern von Prof. Flegl: „Wenn man uns noch ein Jahr gegeben hätte, wären wir am Ziel gewesen.“
Am Ziel seiner Karriere war Prof. Helmut Flegl im Jahr 2003: Nach 37 Porsche Jahren und zuletzt als Chef der Abteilung Forschung und Vorentwicklung in Weissach ging er in den Vorruhestand. Er lebt seitdem in Leonberg.