Insgesamt werden es dann in Baden-Württemberg und Sachsen zwölf Leseclubs sein, die vom Sportwagenhersteller Unterstützung erhalten. Zum Welttag des Buches am 23. April 2021 ein Gespräch mit Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, Porsche-Personalvorstand Andreas Haffner sowie Lesebotschafter und Schauspieler Richy Müller. Der Tatort-Kommissar und Porsche-Markenbotschafter liest seit vielen Jahren bei Veranstaltungen für und gemeinsam mit Kindern.
Herr Müller, heute schon gelesen?
Richy Müller: Ich habe, wie sich das gehört, heute Morgen die Zeitung gelesen.
Sie, Herr Haffner?
Andreas Haffner (lacht): Ja, natürlich, unseren täglichen Pressespiegel.
Herr Maas, Lesen ist Ihr Kerngeschäft.
Jörg F. Maas: Lesefreude und Lesekompetenz zu wecken, sind mein Kerngeschäft. Wir setzen uns jeden Tag dafür ein, Kinder und Jugendliche für das Lesen zu begeistern. Denn Lesen ist die Grundlage von Bildung und essentiell für die Gestaltung des eigenen Lebens. Dabei konzentrieren wir uns vor allem auf diejenigen, die bisher wenig oder gar keinen Zugang zu Bücher, Zeitungen, Magazinen oder Lese-Apps haben. Aber natürlich habe ich zum Lesen auch persönlich eine besondere Affinität.
Beim Lesen denkt man an Bücher. Dabei lesen Jugendliche heute überwiegend digital.
Maas: Die Stiftung Lesen tritt für eine Gleichwertigkeit aller Medien ein. Zu etwa 60 Prozent lesen Jugendliche in ihrer Freizeit am Smartphone oder am Computer. Und dafür brauchen sie eine gute Lesekompetenz und Textorientierung. Wir müssen daher runter vom hohen Ross, das so genannte „gute Buch“ darf nicht der alleinige Maßstab sein. Viele Kinder beginnen mit Comics und Kinderzeitschriften und wachsen später in andere Lektüren hinein. Wichtig ist, dass sie mit Spaß und ohne Druck und Zwang lesen.
Herr Haffner, Porsche engagiert sich seit Jahren in der Lese-Förderung von Kindern.
Haffner: Kinder frühzeitig zum Lesen zu bringen, sie für Bücher und Geschichten zu interessieren, das ist, wie wir alle wissen, elementar wichtig. Aber eben nicht selbstverständlich. Wenn Sie sich die Zahlen anschauen: 19 Prozent der Viertklässler sind schlecht im Lesen. 21 Prozent der 15-Jährigen haben Probleme mit Lesen und Schreiben. Und 50.000 Schülerinnen und Schüler verlassen ohne Abschluss die Schule. Daraus lässt sich ersehen: Kinder, die nicht früh gut lesen lernen, haben nicht nur einen schlechten Start, sie holen den Rückstand häufig nicht mehr auf. Aus diesem Grund engagiert sich Porsche in einer Reihe von Projekten zum Thema Sprach- und Leseförderung.
Maas: Lesekompetenz ist mehr denn je eine Schlüsselkompetenz, um an Bildung teilzuhaben, Informationen zu bewerten – Stichwort Informationskompetenz –, zu kommunizieren und die Gesellschaft aktiv mitgestalten zu können. Wenn schon Grundschulkinder nicht richtig lesen können, dann sind die Probleme in der weiterführenden Schule und bei der späteren Berufswahl vorprogrammiert. Mehr noch: Die Auswirkungen reichen weit über das eigene Leben dieser jungen Menschen hinaus. Werden sie Eltern, so geben sie ihre Leseschwierigkeiten oft an die nächste Generation weiter.
Herr Müller, als Schauspieler lesen Sie Drehbücher und wälzen Theater-Stoffe. Was sagen Sie Kindern in Ihrer Rolle als Lese-Botschafter?
Müller: Lesen muss Spaß machen! Indem ich vorlese, wecke ich Neugierde auf die Geschichte, auf das Buch. Das funktioniert in jeder Generation aufs Neue. Als Kind hatte ich ein Buch von Wilhelm Busch, ich wollte wissen, was unter den Bildern steht. Lesen entführt in fremde Welten und lässt unsere Fantasie aufblühen.
Herr Haffner, wie sieht die Förderung von Porsche konkret aus?
Haffner: Eines der Projekte, die wir im Rahmen der Leseförderung unterstützen, ist der „Leseclub“. Dabei handelt es sich um eine freizeitorientierte Lernumgebung mit regelmäßigen betreuten Angeboten rund um Lesen und Mediennutzung. Wir fördern an Schulen die Ausstattung der Räume und die Erweiterung des Medienbestands, zum Beispiel Bücher, Zeitschriften und auch digitale Medien. Die Schulen entscheiden selbst, welche Materialien sie anschaffen. Porsche engagiert sich mit den Leseclubs an den jeweiligen Porsche-Werksstandorten. In diesem Jahr wollen wir zusammen mit der Stiftung Lesen weitere fünf Leseclubs an Grundschulen im Raum Ludwigsburg, Böblingen und Stuttgart einrichten.
Und welche Erfahrungen machen Sie in den Leseclubs in den Schulen?
Haffner: Von den Lehrerinnen und Lehrern höre ich immer wieder: Wenn sich die Kinder im Leseclub treffen, ist dies der Auslöser, um zu Hause weiterzulesen. Es gibt Kinder, die wachsen mit Hörbüchern auf und kommen im Leseclub zu ihrem ersten Kinderbuch. Es geht um Chancengleichheit. Wir wollen Kindern, unabhängig von ihrer Herkunft oder schulischen Voraussetzungen, Chancen auf Bildung ermöglichen. Mit Lesen lernen fängt es an.
Maas: Das Feedback, das wir aus Schulen, von Leseclub-Betreuerinnen erhalten, lautet: Lesen in der Gruppe ist ein prima Einstieg. Selbst sehr leseschwache Kinder finden den Mut, innerhalb der Gruppe laut vorzulesen. Außerdem spielt auch hier das Prinzip „Spaß und Freude“ eine große Rolle. Die Kinder können unterschiedliche Medien, Geschichten und Spiele ausprobieren und so für sich den besten Weg zu „ihrem“ Lesevergnügen finden.
Wir wollen Kindern, unabhängig von ihrer Herkunft oder schulischen Voraussetzungen, Chancen auf Bildung ermöglichen. Mit Lesen lernen fängt es an. Andreas Haffner
Herr Müller, wie sind die Reaktionen bei Ihren Lesungen?
Müller: Es ist ja nicht nur so, dass ich den Lese-Onkel mache und alle hören gebannt zu. Die Schule bereitet häufig ein Thema vor und wir lesen das Buch mit Rollenverteilung: sieben Kinder übernehmen die sieben Figuren im Buch, dazu ich als Erzählstimme. Das ist Teamarbeit wie in der Schauspielerei. Ich sage immer: Ohne Lesen schafft man gar nichts! Aber es geht nur, wenn man Freude an der Sache hat.
Sie haben eine unverwechselbare Stimme und lesen auch Hörbücher ein.
Müller: Ja, zum Beispiel das Kinderbuch die „Vorstadtkrokodile“ von Max von der Grün. Eine Geschichte, wie sie meine Generation mehr oder weniger erlebt hat. Ich bin in Mannheim geboren und mit neun umgezogen. Ich war von da an fast immer draußen, bin mit Freunden durch Wiesen, Wälder und über Felder gestreift, wir haben Früchte geklaut und wurden von der Wildschutzpolizei gesucht. Heute sind Grundschulkinder mit Terminen durchgetaktet. Da braucht es dringend Fluchtpunkte. Bücher sind dafür ideal. Das weiß jedes Kind, das wissen alle Schauspieler.
Herr Maas, wie erreichen Sie Kinder und Jugendliche unter Corona-Bedingungen?
Maas: Bereits im ersten Lockdown vor einem Jahr haben wir unsere digitalen Angebote für Eltern und Lehrkräfte auf unserer Homepage gebündelt. Unsere großen Veranstaltungen und Aktionen wie der Deutsche Lesepreis, der Bundesweite Vorlesetag und der Welttag des Buches haben wir digitalisiert, damit auch in kontaktarmen Zeiten alle Menschen Zugang dazu haben. Für die Aktion „Ich schenk dir eine Geschichte“ rund um den Welttag des Buches haben wir nun nochmals neue Videoclips und digitale Lesungen produzieren lassen, die Lehrkräfte und Buchhändler als Ersatz für die unzähligen ausgefallenen Veranstaltungen nutzen können.
Info
Die Stiftung Lesen fördert Lesefreude und Lesekompetenz bei Kindern und Jugendlichen und hat bundesweit mehr als 500 Leseclubs aufgebaut. Die an Grundschulen angesiedelten Clubs animieren Kinder von sechs bis zwölf Jahren mindestens einmal die Woche zum Lesen unterschiedlicher Medien. Den Welttag des Buches begleitet die Stiftung Lesen traditionell mit zahlreichen Aktivitäten. Unter anderem können angemeldete Kinder der vierten und fünften Klassen im lokalen Buchhandel einen Gutschein gegen ein kostenfreies Buch eintauschen. Der Besuch in den Buchhandlungen wird häufig von Buchvorstellungen und Schnitzeljagden für die Kinder begleitet. Das ist in diesen Zeiten natürlich nur sehr eingeschränkt möglich. Weitere Infos und digitale Angebote finden sich unter www.stiftungslesen.de/vorlesen-corona/