Die Zukunft des Entertainments erleben wir erstmals in Kalifornien: Ein Porsche Macan steht an der Ampel in Los Angeles, mit Blick auf die Walt Disney Concert Hall. Wie passend und zugleich gegensätzlich. Denn während in der berühmten Konzerthalle stets Musik nach Noten erklingt, erleben wir im Macan etwas vollkommen Neues: Die Ampel springt auf Grün, und in die Sphärenklänge, die eben noch im SUV zu hören waren, kommt Leben. Nicht weil der Fahrer ein Musikstück gestartet hat. Sondern weil der Macan diese Musik durch seine Bewegung erzeugt. Nach dem Linksabbiegen ist die Strecke frei, der Porsche kommt ins Rollen, und nun klingt es, als würden in einem Science-Fiction-Film die imperialen Truppen aufmarschieren. Bis das SUV an der nächsten Ampel abbremst und auch die Musik mit einem letzten Trommelschlag zurückfällt in einen weichen Klangteppich. Willkommen bei Soundtrack My Life.

Norman Friedenberger, Product Owner bei Porsche Digital, 2021, Porsche AG

„Es geht bei dieser neuen Technologie nicht darum, personalisierte Playlisten abzuspielen oder bestehende Musik einfach in Tempo und Tonhöhe der Geschwindigkeit anzupassen“, sagt Norman Friedenberger, Product Owner bei Porsche Digital und verantwortlich für Soundtrack My Life. „Es geht darum, aus einem Baukasten mit einer Vielzahl an Sounds und musikalischen Strukturen während der Fahrt ein individuelles Sound-Erlebnis zu erschaffen, das durch den Fahrer und seine Fahrt in Echtzeit entsteht. Das wird dann bei jedem anders klingen – so einzigartig, wie die Fahrt selbst ist.“

Bewegung und Musik verbinden

Adaptive Sound lautet der Fachbegriff. Die Technologie stellt eine Alternative, eine Ergänzung zu Radio und Streaming dar. „Die Verbindung zwischen der Bewegung des Fahrzeugs und der Musikerzeugung im Kontext des Fahrens bietet ein völlig neues Hörerlebnis“, sagt Friedenberger. „Es geht um das Verschmelzen mit der Fahrsituation.“ Dazu wählt der Fahrer zunächst eine musikalische Grundstimmung aus, einen Soundtrack, der eigens für eine bestimmte Fahrsituation komponiert wurde. Die Software greift auf vorkomponierte Musikelemente zu und verändert je nach Beschleunigung, Geschwindigkeit und Fliehkräften im Auto die Komplexität des Mixes dieser Einzelelemente, fügt Spuren und Klänge hinzu oder entfernt sie, um alles immer wieder neu anzuordnen.

Technologiepartner für Soundtrack My Life ist Boris Salchow, deutscher Filmkomponist in Los Angeles. Er komponiert die vielen Versatzstücke, aus denen das Auto die Musik erzeugt. Und er hätte die Technologie dahinter gerne schon viel früher zur Verfügung gehabt.  „Als ich vor 16 Jahren nach Los Angeles zog, habe ich mir fast das Musikhören im Auto abgewöhnt“, erzählt der Künstler. Schuld war das ewige Stop and Go auf den Straßen der kalifornischen Megacity. „Die Musik, die ich im Auto hörte, passte einfach nicht zu dem, was ich tatsächlich erlebte. Und schon damals habe ich gedacht, man müsste etwas entwickeln, was das kompensiert.“

Die Entwicklung nicht-linearer Musik

Heute ist Salchow mitverantwortlich für den schwierigeren Part der Entwicklung. „Die Komposition des Materials ist teilweise aufwendiger als das Tunen der Algorithmik“, sagt Friedenberger, der selbst Musiker ist und unter anderem schon für die legendäre Elektropop-Band Kraftwerk gearbeitet hat. „Wir sprechen von nicht-linearer Musik, wie bei Computerspielen. Die zeitliche Abfolge von Geschehnissen ist nie vorhersehbar, die Musik muss aber in der Lage sein, das zu berücksichtigen. Mit klassischen linearen Tracks, die Anfang und Ende haben, funktioniert das nicht.“

Adaptive Sound App, 2021, Porsche

Seit rund zwei Jahren arbeitet Friedenberger an Soundtrack My Life. Ihm ist wichtig, dass das Auto nicht an jeder Position dieselben Sounds kombiniert, sondern jedes Mal variiert, was aus den Boxen dringt – so wie auch die tägliche Fahrt ins Büro nicht immer exakt gleich verläuft. „Das ist ja gerade das Spannende für den Fahrer. Er erlebt einen Soundtrack immer wieder neu. Das Format verspricht einen langanhaltenden Hörgenuss, mindestens drei- bis fünfmal länger als lineare Musik.“

Prototyp von Soundtrack My Life als Smartphone-App

Derzeit existiert ein Prototyp von Soundtrack My Life als Smartphone-App. Ob das so bleibt, oder ob die Serienversion der App zusätzlich als integraler Bestandteil des Porsche Communications Managements fungiert, ist noch nicht entschieden. Beide Lösungen sind umsetzbar, beide eröffnen reizvolle Möglichkeiten.

App „Soundtrack My Life", 2021, Porsche AG

Schon heute lässt sich Soundtrack My Life auch außerhalb des Autos nutzen. „Man kann es überall einsetzen, wo Bewegung stattfindet, es reagiert auf mobile Daten“, sagt Friedenberger. Künftig könnte die App auch mit Geofencing kombiniert werden, also dem Sperren oder Freigeben bestimmter Orte. Spezielle Soundtracks wären dann beispielsweise nur in Los Angeles oder auf Alpenpässen verfügbar.

Ein Serieneinsatz von Soundtrack My Life ist derzeit noch nicht geplant. „Die Kern-Algorithmik ist im Prinzip fertig. Fokus wäre jetzt gezielt die Arbeit mit Künstlern.“ Geplant ist, die Musik weiter zu individualisieren, spezielle Editionen mit bekannten Komponisten zu entwickeln, um sie als digitale Sammlerstücke anzubieten. „Die Vision ist ganz klar, exklusives Material zu produzieren. Wir würden mit Künstlern gezielt nach szenischen Vorgaben arbeiten, um Soundtracks für Situationen, Szenerien oder Momente zu schaffen. Beispielsweise für Fahrten auf Landstraßen, in der Nacht, im Stadtverkehr oder in bestimmten Regionen der Welt.“ Dabei werde bewusst auf den Einsatz Künstlicher Intelligenz verzichtet, denn der Mensch mit seiner Kreativität solle im Mittelpunkt stehen. „Menschen lieben Musik, weil sie von Menschen gemacht ist. Der Künstler erzählt eine Geschichte, die das Publikum hören möchte. Wir geben ihm ein neues Format, sich auszudrücken, und das ist ein extrem spannender Prozess für beide Seiten.“

Auf die Stimmung des Fahrers abgestimmte Musik

Damit endet die Geschichte noch nicht. Wenn sich die Technik weiterentwickelt, könnte Soundtrack My Life eines Tages auch die Stimmung des Fahrers erkennen und die Musik darauf abstimmen. Friedenberger träumt zudem von Echtzeit-Soundentwicklung in der Cloud und vom Online-Sharing der Musik. „Man könnte zuhören bei jemandem, der gerade in New York oder Tokio unterwegs ist. Der Katalog an Ideen und Fantasie, wo die Reise hingehen kann, ist endlos.“ Salchow hält es für möglich, dass das Auto sich vom Komponisten emanzipiert. „Der Durchbruch wäre, wenn der Mensch gar nicht mehr beteiligt ist. Die Technologie würde dann nicht nur vorkomponierte Versatzstücke kombinieren, sondern sich auch die Melodien ausdenken und die Phrasierung übernehmen, basierend auf der musikalischen Handschrift des Künstlers.“

Neues Porsche-Infotainmentsystem

Die sechste Generation des Porsche Communication Managements (PCM) hält ab Sommer 2021 in den Porsche-Modellen 911, Cayenne und Panamera Einzug.

mehr

Aus heutiger Sicht ist das weit weg, und vielleicht steckt in Musik doch so viel menschlicher Faktor, dass sich künstliche Kompositionen nie wirklich durchsetzen. Aber wenn, dann ist das Auto laut Salchow der „prädestinierte Ort“ dafür, gerade bei adaptiver Musik. Mal saust es mit 200 km/h über die Autobahn, mal tastet es sich an einen Kreisverkehr heran; mal sucht der Fahrer nach dem Grenzbereich, mal cruist er die Küstenstraße entlang. Allein die verschiedenen Geschwindigkeitsbereiche im Vergleich zum Gehen oder Laufen und die unterschiedlich starken Fliehkräfte in alle Richtungen eröffnen einen Kosmos an Möglichkeiten. „Nur, wenn du auf dem Sofa sitzt“, sagt Boris Salchow, „brauchst du keine adaptive Musik.“

Weitere Artikel

Verbrauchsangaben

Macan

WLTP*
  • 10,7 – 10,1 l/100 km
  • 243 – 228 g/km
  • G Klasse

Macan

Kraftstoffverbrauch* / Emissionen*
Kraftstoffverbrauch* kombiniert (WLTP) 10,7 – 10,1 l/100 km
CO₂-Emissionen* kombiniert (WLTP) 243 – 228 g/km
CO₂-Klasse G