Porsche Produktion 1.0
Zuffenhausen in den 1950ern und 1960ern: Die Produktion bei Porsche verfügt noch über einen Manufaktur-Charakter. Dahinter verbergen sich klare Ideen einer effizienten Fertigung. Kurze Wege für die einzelnen Bauteile, Sauberkeit und Ordnung sowie das profunde Können der Mitarbeiter werden zum Fundament für die bis heute weltweit hoch geachtete Porsche-Qualität. In der Montage werden die Karosserien auf Rollwagen händisch von einem Montagebereich zum nächsten geschoben. Immer mit dabei: eine Wagenbegleitkarte. Sie enthält die notwendigen Informationen über Farbe, Innenausstattungsdetails, georderte Extra-Ausstattung und weitere individuelle Kundenwünsche.
Damit ist bereits damals sichergestellt, dass jeder Kunde seinen ganz individuellen Porsche erhält. Mehr als ein halbes Jahrhundert später bekommen die alten Wagenbegleitkarten aus Papier ein zweites Leben in der virtuellen Welt geschenkt: Porsche Classic hat in zweieinhalbjähriger Arbeit die alten Unterlagen allesamt digitalisiert. Alle Porsche Classic-Partner können sie abrufen und so die Besitzer klassischer Porsche-Fahrzeuge zielgerecht bei der Wartung, Instandhaltung und Restaurierung unterstützen.
Porsche Produktion 4.0
Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden Porsche-Fahrzeuge Hand in Hand gefertigt – mit dem Unterschied, dass zahlreiche digitale Helfer mit anpacken. Einer davon ist die elektronische Wagenbegleitkarte (eWBK). Ihr Zweck ist auf den ersten Blick derselbe wie bei der klassischen Papier-Variante: Sie soll dem Mitarbeiter genau die Informationen zur Verfügung stellen, die er benötigt, um die individuellen Wünsche der Kunden zu verwirklichen.
„Das PFPS können Sie sich als Nervenzentrale der gesamten Fahrzeugmontage vorstellen.“ Roberto Hernández, Leiter Planung Werk Zuffenhausen
Roberto Hernández, Leiter Planung Werk Zuffenhausen, nennt sie „das Frontmedium für den Werker“. Die eigentliche Intelligenz sitzt im Hintergrund: das Porsche Fertigungs- und Prüfsystem (PFPS). „Das PFPS können Sie sich als Gehirn- und Nervenzentrale der gesamten Fahrzeugmontage vorstellen. Über die elektronische Wagenbegleitkarte werden sämtliche Prozesse der Automatisierung, der Fahrzeugdiagnose und der Ergebnisse von Prüfungen sowohl hinterlegt als auch visualisiert“, erklärt Hernández. „Das brauchen wir, um die Varianz, die wir als einziger Hersteller in dieser Größenordnung in der Montage beherrschen, überhaupt abbilden zu können.“
Jürgen Dangelmayr arbeitet mit seinem Team an der operativen Umsetzung der eWBK. „Wir verzahnen damit den Menschen mit dem Fahrzeug und der Fabrik und haben so den perfekten Informationsfluss.“ Der Leiter Planung Shopfloor-IT war bereits 2004 bei der Einführung der eWBK dabei. Angefangen bei der Montage, wurde das System bis 2006 auf die gesamte Produktion ausgerollt.
Seither gab es zahlreiche Funktionserweiterungen, sehr viele auch auf Anregung der Werker, denn auch in Zeiten der Digitalisierung steht der Mensch im Mittelpunkt. Für die Fahrzeugdiagnose zum Beispiel mussten die Mitarbeiter anfangs noch ein Kabel am Fahrzeug einstecken. Seit 2007 läuft sie via W-Lan quasi unsichtbar im Hintergrund. Die Ergebnisse erscheinen dann in der eWBK – auch auf den mobilen Geräten. Seit zehn Jahren sind Tablets im Einsatz, seit Jüngstem auch Smartwatches. So sind alle Informationen immer dort abrufbar, wo sie der Werker benötigt.
„Wir verzahnen den Menschen mit dem Fahrzeug und der Fabrik.“ Jürgen Dangelmayr, Leiter Planung Shopfloor-IT
Parallel dazu wurden die Oberflächen und die Bedienbarkeit hinsichtlich Nutzerfreundlichkeit und intuitiver Bedienung angepasst. „Als Vorbild dienten intuitiv bedienbare Smartphones“, berichtet Hernández.
Die Resonanz? „Durchweg positiv. Die Kollegen finden sich voll und ganz wieder“, freut sich Jürgen Dangelmayr. „Diese Rückmeldungen sind für uns sehr wertvoll. Das ist ein wunderbarer Austausch zwischen Anwendern und Entwicklern.“
Denn die Reise geht weiter. „Eye Tracking“ ist eine der Zukunftsideen. Damit sollen die Inhalte auf dem Bildschirm allein mit den Augen gesteuert werden können. „Wir sind uns im Klaren, dass wir sehr früh mit den Themen dran waren“, betont Hernández. „Da wollen wir natürlich vorne dabei bleiben.“