Nach einem dritten Platz in der Pro-Am Serie im Jahr 2019 ist Esmee Hawkey vom GT Marques zum Team Parker Racing gewechselt, einem größeren britischen Rennstall, der auch mit Harry King, dem neuesten GT Junior von Porsche GB, zusammenarbeitet. Es ist ein großer Schritt für Hawkey, aber auch ein wichtiger in einer Karriere, in der sie sich in bemerkenswert kurzer Zeit kontinuierlich nach oben gearbeitet hat.
„Für meine Entwicklung als Fahrerin ist das eindeutig der richtige Schritt. Wir hatten letztes Jahr nur einen Mechaniker und ein paar Mitarbeiter im Team. In diesem Jahr konnte ich aber viele neue Erfahrungen sammeln und kann mich stärker auf das Fahren konzentrieren. Für mich ist das alles noch sehr ungewohnt, aber es ist der richtige Schritt, wenn ich später einmal in die GT- oder Langstreckenrennserie einsteigen möchte.“
„An meinem achten Geburtstag habe ich ein Go-Kart geschenkt bekommen und damit fing es schließlich an.“ Esmee Hawkey
Hawkeys Laufbahn zeichnete sich schon früh ab, als sie einen anderen Weg als Gleichaltrige einschlug und in die Fußstapfen ihres Vaters trat. „Ich bin mit Ballett, Stepptanz und anderen ziemlich mädchentypischen Dingen aufgewachsen. Gleichzeitig war aber mein Vater in der Monaco Endurance Karting Championship am Start. Als er einen Platz auf dem Siegertreppchen holte, durften mein kleiner Bruder und ich mit ihm dort oben stehen. Das war wirklich großartig. Es gefiel mir so sehr, dass ich das später auch selbst erreichen wollte.“
Aber in einer Ära nahezu vollständiger männlicher Dominanz im Motorsport wusste die junge Frau nicht einmal, ob sie das überhaupt durfte. „Ich habe lange gebraucht, bis ich mich endlich vorgewagt habe“, erinnert sich Hawkey. „In den Karts saßen nur Männer. Aber an meinem achten Geburtstag habe ich ein Go-Kart geschenkt bekommen und damit fing es schließlich an.“
In der Folge ging es Stück für Stück nach oben durch die Teilnahme an nationalen Go-Kart-Wettbewerben und an Rennen mit ihrem Großvater, Vater und Bruder, der sich ebenfalls dem Motorsport zuwandte. Von der Minor- stieg sie in die Major-Serie auf und errang nacheinander Sieg um Sieg. Es folgte eine Saison in der Ginetta Junior Championship, einer renommierten britischen Rennserie, in der alle Fahrer mit dem gleichen Fahrzeug eines Herstellers antreten. Diese Rennserie gilt weithin als eine der besten Gelegenheiten für Nachwuchsfahrer, Rennerfahrungen zu sammeln, bevor sie ins Lager der Sportwagen-Rennserien wechseln.
Es war jedoch Hawkeys nächster Schritt, der sich als entscheidend erweisen sollte. Die neu eingeführte Cayman GT4-Meisterschaft bot ihr den idealen Einstieg in die sogenannte „Motorsportpyramide“ von Porsche. Dabei zeigte sich ihre natürliche Affinität zu Sechszylinder-Sportwagen. In ihrer ersten Saison sicherte sich Hawkey den zweiten Platz in der Gesamtwertung und verpasste den Titel nur um einen Punkt. Dann schlug jedoch das Schicksal zu. Ihre ehrgeizige Zielsetzung, in der folgenden Saison den Titel zu erringen, wurde durch einen Unfall jäh zunichtegemacht: Nach einem Beinbruch musste sie eine einjährige Zwangspause einlegen.
„Ich habe ein Jahr ausgesetzt, kehrte aber am Ende der Saison zurück, um noch ein Rennen zu bestreiten. Ich wollte mich nach meinem Beinbruch einfach wieder ans Steuer setzen und mein Selbstvertrauen zurückerlangen. Und ich habe das Rennen tatsächlich gewonnen. Das war wirklich ideal, um wieder das richtige Renngefühl zu bekommen!“
Anschließend folgte ein Stipendium für den Carrera Cup, bevor Hawkey erstmals als einzige Fahrerin an der renommierten Marken-Meisterschaft teilnahm. Doch davon ließ sie sich von Anfang an nicht im Geringsten beeindrucken. Tatsächlich schien es den gegenteiligen Effekt zu haben. „Es gibt einem große Motivation, die einzige Frau in der Startaufstellung zu sein, und mir gefällt die Tatsache, dass ich anderen Frauen und Mädchen zeigen kann, was möglich ist. Kleine Kinder kommen auf mich zu und begrüßen mich bei allen Rennen. Das ist wirklich schön, weil sie zu mir aufblicken. Es ist immer noch ein stark von Männern dominierter Sport. Ich kann ihnen zeigen, dass ich genauso viel leisten kann wie jeder andere.“
Es ist ermutigend zu hören, dass Hawkey nicht nur eine neue Generation inspiriert, sondern auch ein Teil der aktuellen Generation wurde. „Ich habe kaum negative Erfahrungen gemacht“, sagt sie. „Alle sind sehr herzlich, alle Fahrer sind sehr nett und niemand hat etwas gegen mich. Für mich war es nie wirklich ein Problem, in einem von Männern dominierten Sport als Frau teilzunehmen. Als ich mit dem Go-Kart-Fahren anfing, hat es den Jungs vermutlich nicht gefallen, dass ein Mädchen gegen sie gewann. Ich bin mir sicher, dass es ihnen im Carrera Cup immer noch nicht recht ist, aber am Ende gibt es deswegen keine Probleme.“
Heute ist Hawkey überall gern gesehen. Nach einer erfolgreichen Saison in der Frauen vorbehaltenen W-Serie im Jahr 2019 wurde sie für 2020 als Testfahrerin im britischen Tourenwagenteam des ehemaligen F1-Stars Mark Blundell aufgenommen. Außerdem ist sie weiterhin Botschafterin des Porsche Centre South London und engagiert sich aktiv für die Marke Porsche in Großbritannien.
Aber die ehrgeizige junge Frau, der es so sehr gefiel, gemeinsam mit ihrem Vater auf dem Siegerpodest zu stehen, konzentriert sich unbeirrt auf ihre Motorsportkarriere. „Ich sah die Porsche-Motorsportpyramide und wollte unbedingt dabei sein und herausfinden, was ich erreichen kann. Ich hoffe, dass ich in diesem Jahr mein erstes Supercup-Rennen fahren kann und das Ziel ist der Einstieg in die GT3-Langstreckenserie. Ich bin zuversichtlich, dass wir in Zukunft weitere Fahrerinnen am Start haben werden.“