Matt Hummel gehört zu dem Menschenschlag, durch dessen Adern Porsche-Blut fließt. Der Sammler aus Kalifornien hegt eine tief verwurzelte Leidenschaft für den 356: Er vertreibt seltene OEM-Teile in die ganze Welt und fährt und restauriert verschiedenste, stark patinierte Original-Coupés und -Cabriolets. Doch das Modell, nach dem er seit jeher vergeblich strebte – Hummels Heiliger Gral, wenn man so will – ist der „Pre-A“ Speedster, der Erste seiner Art und heute in jeder Hinsicht eine absolute Rarität.
Der Speedster, ein aufs Wesentliche reduzierter Porsche für den US-amerikanischen Markt, sollte Amateur-Rennfahrer ansprechen, die nach einem leichteren und einfacheren Fahrzeug suchten, mit dem sie an den Wochenenden zu (und auf) ihren lokalen Rundstrecken fahren konnten. Er kam ohne die meisten Annehmlichkeiten eines Coupés oder Cabrios aus, hatte Schalensitze, herausnehmbare Fensterscheiben sowie die zum Markenzeichen avancierte niedrige Windschutzscheibe und Motorhaube. Zwischen 1954 und 1955 wurden gerade einmal 1.234 Pre-A Speedster hergestellt, nur etwa ein Sechstel davon im ersten Jahr mit dem 1.500-ccm-Motor, der bei Sammlern wie Hummel so begehrt ist.
„Ich habe lange nach einem Pre-A Speedster gesucht, und ich wollte unbedingt ein Modell Baujahr 1954 mit dem älteren zweiteiligen Motor“, erklärt Hummel. „Davon wurden nur 200 Stück hergestellt, sodass dieser Wagen an sich schon sehr schwer zu finden war, aber es musste auch der richtige für mich sein, der Charakter musste stimmen. Er musste etwas an sich haben, das sofort eine Verbindung zwischen mir und dem Wagen aufbaut.“ Hummel streckte bei all seinen Freunden in der weltweiten 356-Community die Fühler aus und suchte jahrelang, bis es im Herbst 2019 endlich so aussah, als würde sich seine Geduld auszahlen.
Ein Mechaniker aus Oregon, der von Hummels Wunsch wusste, war von einem älteren Herrn angesprochen worden, dessen früher Speedster zum Verkauf stand. Als Hummel das Auto sah, war es Liebe auf den ersten Blick. Es war nicht nur unrestauriert und trug stolz die Patina seiner 66-jährigen Geschichte, sondern war auch noch in Silber lackiert, einer nicht serienmäßigen Farbe. Nach kurzer Recherche stellte sich heraus, dass dies der einzige Pre-A Speedster war, der – neben dem ersten Prototyp – in Silber das Werk verließ. Hummel machte ein unverbindliches Angebot, kurz bevor der Besitzer und seine Frau über den Winter nach Florida reisten.
„Ich spürte eine echte Verbindung zu diesem Fahrzeug.“ Matt Hummel
„Und so verbrachte ich den Winter damit, das Geld aufzubringen“, erinnert sich Hummel. „Ich verkaufte zwei meiner Porsche sowie ein paar seltene Ersatzteile und Motorräder, die ich nicht mehr brauchte. Ich spürte eine echte Verbindung zu diesem Fahrzeug. Wenn ein alter Porsche noch immer diesen Charme und so viel Persönlichkeit versprüht, muss ich ihn einfach haben. So etwas findet man heute so selten, weil sehr viele dieser Wagen restauriert wurden und ihr Charakter dadurch verloren ging.“ Doch so einfach sollte der Kauf nicht vonstattengehen. Der Besitzer hatte seinen Speedster 1964 gekauft und nie aufgehört, ihn zu lieben. Er war Teil der Familie, sodass ihm die Trennung sehr schwer fiel.
„Der Verkäufer ließ sich Zeit, denn der Wagen war ein wichtiger Teil seines Lebens geworden und mit seinem Verkauf würde eine Ära zu Ende gehen“, erläutert Hummel mit offenkundiger Anteilnahme. „Und dann passierte etwas. Er parkte den Speedster hinter seinem Truck und vergaß, die Feststellbremse zu ziehen. Als er ausstieg, rollte der Wagen von hinten in den Truck, die Motorhaube wurde eingedrückt und das Glas eines Scheinwerfers zerbrach. Da rief er mich an und sagte: ‚Kommen Sie vorbei, um mit mir über den Speedster zu sprechen.‘ Er wollte nicht, dass seine Frau von den Dellen erfährt.“
Hummel brauchte keine 48 Stunden, da war er wieder in Oregon und das Geschäft besiegelt. Er beschreibt den Speedster als ein „Auto wie ein alter Schuh“: verschlissen und ausgelatscht, aber auch vertraut und bequem. Er wurde nie vollständig restauriert, sondern über die Jahre stets sorgsam mit Ersatzteilen und neuer Farbe gepflegt – darüber hinaus wurde nur irgendwann einmal die Farbe des Innenraums von Rot zu Schwarz geändert.
„Jetzt bin auch ich Teil des Logbuchs und der Geschichte dieses Speedsters." Matt Hummel
„Ich habe alle Unterlagen und Belege von 1964, der ehemalige Besitzer hat über alles, was er daran gemacht hat, Buch geführt. Ein authentisches Auto mit 124.000 Kilometern auf dem Buckel. Er fährt sich wirklich angenehm, und es ist ein echter Glücksgriff, dass sein ehemaliger Besitzer ihn so gut gepflegt hat. Jetzt bin auch ich Teil des Logbuchs und der Geschichte dieses Speedsters. Mittlerweile habe ich eigene Belege mit zu den Unterlagen gepackt; es ist ein tolles Gefühl, eine Verbindung zu einem Auto zu haben, das die ganzen Jahre über so wertgeschätzt wurde.“
Wer Hummels frühere 356-Projekte kennt, den wird es nicht wundern, dass er zunächst alle Ersatzteile ausbaute, um den Pre-A in seine ursprüngliche Spezifikation von 1954 zurückzuversetzen. „Im Laufe der Zeit wurden viele Originalteile ausgewechselt oder aufgerüstet, zum Beispiel sind die Schlusslichter nachgebildet und der Schaltknopf und das Zündschloss sind neu. Daher ändere ich das alles zurück und verwende unrestaurierte Werksteile, die zum allgemeinen Bild des Fahrzeugs passen. Es fühlt sich an, als würde ich ein Gemälde restaurieren, wenn ich all diese kleinen Details wieder einarbeite. Ich liebe diese Arbeit – mit der ich einem alten Porsche wieder zu altem Glanz verhelfe.“
Hummel stellte den Wagen auch wieder auf seine originalen 16-Zoll-Felgen mit passenden Diagonalreifen. Es stehen noch ein paar kleinere Rostarbeiten am Fahrwerk und die Wiederherstellung der originalen Innenraum-Spezifikation an – vorausgesetzt, Hummel findet genügend originale rote Polster mit dem richtigen Grad an Verschleiß. Aber das Exterieur bleibt genau so, wie es ist; nur die Delle, der er den Wagen zu verdanken hat, muss weg.
„Viele sehen, was ich mache, und wollen helfen“, erzählt Hummel. „Einige haben mir sogar kostenlos Teile überlassen, damit ich den Wagen wieder durchweg original gestalten kann. Die Porsche-Gemeinschaft ist da einfach großartig – die Menschen sind so hilfsbereit und unterstützend. Die Arbeit an dem Auto macht mir großen Spaß, vom Fahren gar nicht erst zu sprechen. Diese Erfahrung bedeutet mir sehr viel, und ich liebe dieses Auto so sehr, dass ich tatsächlich mit dem Gedanken spiele, es mir selbst zu schenken. Es ist eine große Ehre, dass ich mich diesem Wagen annehmen kann, und er wird noch lange bei mir bleiben.“