Dicke schwarze Wolken hängen tief über dem 718 Cayman GTS, der nur darauf wartet, losfahren zu dürfen. Regenwasser perlt an der glänzenden „Kreide Metallic“-Lackierung ab, Schafe suchen hinter moosbedeckten Mauern Unterschlupf – eine Szene, die direkt aus dem Video eines großen Hits der Band Travis stammen könnte: Why Does it Always Rain on Me?
Das ist eine Frage, die sich Neil Primrose, der Drummer der Band, wohl häufig stellt, seitdem er durch seinen Umzug aufs Land die hellen Lichter der Stadt gegen die rauen Wetterverhältnisse der Yorkshire Dales im Norden Englands eingetauscht hat.
Obwohl der Frühling in voller Blüte ist, peitscht ein scharfer Wind durch sein langes, feuchtes Haar. Aber Primrose interessiert sich mehr für den Cayman als für den kurz bevorstehenden Regenschauer.
Beim Öffnen der Fahrertür schnalzt er mit den Fingern und lässt seinen Blick durch den Innenraum schweifen. Genau diese Hände verhalfen Primrose in den späten 90er-Jahren zu Berühmtheit, als mit der Band „Travis“ ein neuer Stern am Musikhimmel aufging und die Musiker beiderseits des Atlantiks einen Hit nach dem anderen landeten. Zu ihren erfolgreichsten Zeiten lag ihr Album „The Man Who“ mit mehreren Millionen verkauften Exemplaren in den britischen Charts 11 Wochen lang auf Platz 1, was der vierköpfigen Band eine weltweite Fangemeinde und eine ganze Reihe von Auszeichnungen einbrachte. Außerdem traten Travis als Headliner beim Glastonbury Festival auf und absolvierten gemeinsam mit Oasis eine USA-Tour.
„Jede Fahrt hat einen Anfang und ein Ende und man kann Musik danach schreiben.“ Neil Primrose
Zwanzig Jahre später sind die Bandmitglieder immer noch zusammen, nehmen immer noch Musik auf und sind weiterhin auf Tour. „Als wir die Band gründeten, waren wir 18 Jahre alt und heute wir sind immer noch zusammen. Es ist immer wieder erstaunlich, wenn wir uns treffen – dann sind wir wie große Kinder“, berichtet Primrose mit einem breiten Grinsen auf seinem Gesicht.
Die Musik bleibt seine größte Leidenschaft, aber Autos folgen dicht dahinter. Autos von Porsche, um genau zu sein. Er nimmt im Cayman GTS Platz und verbindet sein Telefon mit dem Fahrzeug. Dann wählt er folgendes Album aus: Siren von Roxy Music. Als die Musik erklingt, dreht er den Zündschlüssel und der Boxermotor beginnt, seinen Sound zu entfalten. Primrose klopft dazu im Takt mit den Fingern auf das Lenkrad.
Er legt eine Hand an den Sport Chrono Wahlschalter und wählt den Modus Sport Plus aus. Und schon im nächsten Moment prescht der Porsche mit einer Leistung von 269 kW (365 PS; Kraftstoffverbrauch kombiniert 9,0 – 8,2 l/100 km; CO2-Emission 205 – 186 g/km) die Straße hinunter im Takt mit Rockmusik aus den 70ern.
Er stimmt die Lenkbewegungen und Gangwechsel auf die Musik ab – Straße, Auto und Fahrer entwickeln ihre eigene Harmonie. „Die meisten Lieder haben ein Intro, eine Strophe und einen Refrain und ich denke, das ist bei einer Runde auf der Rennstrecke oder einer schönen Ausfahrt genauso. Jede Fahrt hat einen Anfang und ein Ende und man kann Musik danach schreiben.“ Autofahren und Musik gehören für Primrose einfach zusammen. Welchen Sound man dabei hört, kann vollkommen von der Stimmung abhängen. Gerade jetzt? Roxy Music. „Aber an einem anderen Tag könnte es auch klassische Musik sein. Oder Nefertiti von Miles Davis. Das ist das Schöne daran: die Strecke, das Auto, die Musik – all das lässt sich ganz nach der persönlichen Stimmung ändern.“
Angesichts der stattlichen Liste von Porsche-Fahrzeugen, die Primrose bisher bereits sein Eigen nennen durfte, konnte er sein Fahrzeug wirklich ganz nach der jeweiligen Stimmung auswählen. Seine leidenschaftliche Beziehung zu der Marke begann mit einem 993 C4S. Seitdem war er stolzer Besitzer einiger legendärer Modelle. Der 964 RS? Davon hatte er zwei. Der 964 RS Clubsport? Drei – darunter ein Exemplar, das nun als Kunstwerk das Wohnzimmer eines Käufers schmückt („irgendwann begreift man, dass man bestimmte Autos hätte behalten sollen“). Weitere Modelle in seinem Fuhrpark sind unter anderem der Cayman R oder ein 911 T von 1972 – doch die Liste ließe sich noch lange fortführen. So finden sich in der Sammlung auch einige Rennwagen, wie der 993 RSR oder ein 964 RSR, das Siegerfahrzeug aus einer IMSA-Rennserie.
Eines seiner größten Motorsporterlebnisse war die Teilnahme an der Classic Le Mans mit einem 935 im Jahr 2014. „Das hat einem schon die Augen geöffnet“, sagt er mit einem schottischen Akzent. „Ich habe den Ladedruck erhöht, so dass ich auf der Hunaudières-Geraden 324 km/h erreichte.“
„Es ist die enorme Vielfalt der von Porsche hergestellten Fahrzeuge, die diese Marke für mich so besonders macht.“ Neil Primrose
„Es ist die enorme Vielfalt der von Porsche hergestellten Fahrzeuge, die diese Marke für mich so besonders macht“, führt er weiter aus.
„Die Dakar-Fahrzeuge, der 917, die 911-Straßenwagen. Für mich gab es da eine goldene Ära nach der anderen. Man könnte für jeden Tag der Woche einen Fahrer nennen, der in irgendeinem Porsche-Modell am Steuer saß. Die Qualität und Ingenieurskunst von Porsche bewundere ich.“
An dem „Rennpferd“, das er heute aus dem Stall geholt hat, scheint er aber auch durchaus Gefallen zu finden: „Mir gefällt wirklich die Dämpfung und die Art und Weise, wie der Wagen über die Straße gleitet“, meint Primrose, während der Cayman beim Herunterschalten automatisch Zwischengas gibt. Im Einklang mit Auto und Straße ist Primrose in diesem Moment sichtlich zufrieden.
„Wenn man darüber nachdenkt, bietet das Auto hart arbeitenden Menschen in unserer modernen Welt die letzte Möglichkeit, einmal alles hinter sich zu lassen. Sei es eine kurze Auszeit von der Familie oder der Arbeit – manchmal braucht man einfach ein kleines Refugium. In einem Porsche und mit meiner Musik, die dem Rhythmus der Straße folgt, finde ich genau die kleine Flucht aus dem Alltag, um ein ausgeglichener Mensch zu bleiben.“