„Materielles an sich ist kein Wert. Das Einzige, was zählt im Leben, sind unsere Erfahrungen.“ Arie Fabian
„‘Niemals setze ich mich in einen gelben Porsche’, sagte ich zu Abba, als ich den 911er das erste Mal sah ... Na gut, diese Meinung revidierte ich schnell, als ich ein paar Kilometer damit fuhr.“ Arie Fabian legt den Arm um seinen Vater (hebräisch: Abba) und drückt ihn an sich. Der schmunzelt milde und entgegnet: „Der Wagen ist ja auch ein richtiges Kunstwerk, ein Picasso des Motorsports.“
Dieser gelbe automobile Picasso, von dem hier die Rede ist, ist ein 911 Carrera S Coupé von 1974, der sich seit gut neun Jahren im Familienbesitz der Fabians befindet. Gekauft von Aries Vater Jeff, Jahrgang 1946, der eine mechanische Armbanduhr seines Geburtsjahres trägt. Ein Geschenk an seinen Sohn Arie, Jahrgang 1974, der ebenfalls nicht nur eine mechanische Armbanduhr wiederum seines Geburtsjahres trägt, sondern mit diesem automobilen Kunstwerk auch einen Porsche ebendieses Jahres 1974 fährt. Doch bei den Fabians geht es nicht um Symbolik, sondern um Sinn. Nicht um Wert, sondern um Werte. Arie: „Tradition ist alles. Alle meine Werte lebt mein Vater vor.“ Vater Jeff drückt es augenzwinkernder aus: „Ich war nie ein Schaf in der Herde. Wenn alle nach rechts marschieren, biege ich links ab.“
Der eigene Weg der Familie prägte Arie seit jeher, der in dritter Generation einer Modedynastie aufwuchs. Seine jüdische Großmutter emigrierte aus Ostpreußen kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit einem der letzten Schiffe nach Südafrika. In Kapstadt eröffnete sie im damaligen multiethnischen Zentrum der Stadt, District Six, ein kleines Bekleidungsgeschäft. Ihr Sohn Jeff verlor seinen Vater im Alter von neun Jahren und gründete 16-jährig seinen eigenen ersten Modehandel, konträr zur Mutter, in einer der besten Gegenden Kapstadts – zu den Hochzeiten der Apartheid, in denen Südafrika mit weltweiten Sanktionen belegt war, ein kühner Weg. Auf einer Einkaufsreise nach Italien 1978, bei der er die legendären Modemarken seiner Zeit besuchte, sprachen seine Gastgeber Mr Fabian fälschlicherweise immer mit Mr. Fabiani an – dies war die Geburtsstunde der Marke Fabiani; zu der damaligen Zeit einer von keiner Handvoll Bekleidungshändlern, die Marken wie Giorgio Armani, Ermenegildo Zegna oder Hugo Boss in Südafrika anboten.
Jeffs Sohn Arie wurde 1974 in diese Modedynastie geboren. 20-jährig schickte ihn der Vater auf Fortbildung nach Deutschland. „Abba kannte Werner Baldessarini gut, den damaligen Creative Director und Vorstand von Hugo Boss.“ Die Bildungsreise erwies sich als Glücksfall. Im Münchner Holy’s-Store der Marke startete Arie in seinem ersten Monat als erfolgreichster der 25 Verkäufer. „Ich sprach nur gebrochen Deutsch und war keineswegs besser als andere, aber ich bin ganz offen auf Menschen zugegangen.“ Zum Beispiel als der ihm unbekannte Tommy Hilfiger den Shop betrat und Arie ihm nach einer Führung durch alle Stockwerke Mode im Wert von 40.000 D-Mark verkaufte. „Heute würde man das wohl als gelungene Customer Journey bezeichnen.“
Aries Stationen nach seiner Münchner Zeit: Metzingen, Los Angeles, New York. „Boss ließ mich mein Verkaufstalent ausleben, aber auch Modenschauen organisieren, Fotoshootings für Kampagnen oder VIPs betreuen.“ Nebenbei gewann er tiefe Einblicke in Markenführung, die ihn bis heute prägen. „Alles, was die Marke Boss damals tat, machte sie richtig. Boss war Emotion.“
Im permanenten Austausch mit seinem Vater zu Hause in Südafrika reifte die Erkenntnis: „Wir verkaufen andere Marken, haben aber keine Kontrolle darüber. Nur mit einer eigenen Marke sind wir selbstbestimmt.“ Arie kehrte nach Kapstadt zurück, übernahm die Position des Managing Directors und baute Fabiani innerhalb eines Jahrzehnts zum führenden Luxus-Herrenschneider Südafrikas auf. „Wir bewegten uns in einer Liga mit den Marken, die wir in unseren Shops verkauften: Prada, Armani oder eben Hugo Boss.“ Wichtig bei der Expansion war ihm, jedes einzelne Handelsgeschäft persönlich zu eröffnen, das gesamte Verkaufsteam persönlich zu schulen. Man könnte auch sagen: Wichtig war ihm, nie die Bodenhaftung zu verlieren.
Und weil die Generation der heutigen Zeit in einer Familiendynastie selbstverständlich eigene Wege geht, fädelte Arie 2011 auf dem Höhepunkt der Marke Fabiani den Verkauf an die Foschini Group ein. Obwohl es Vater Jeff „fast das Herz brach“, ließ er den Sohn den eigenen Weg gehen, eben links abbiegen: „Ich hatte immer zwei Mottos im Leben: ‘My way’ sowie ‘I’ll fly you to the moon’. Genau das hat Arie in diesem Fall beherzigt.“ Arie Fabian, der die Foschini Gruppe in den Jahren nach dem Verkauf bei der Transformation von einem Handelsunternehmen zu einer Markenholding mit dynamischem Wachstum maßgeblich begleitete, gründete anschließend mit Paragon Capital Partners eine eigene Investment- und Markenberatung. „Und viele meiner Kontakte jetzt kenne ich als Kunden aus unseren Fabiani-Geschäften.“
Vater und Sohn sehen sich heute nicht mehr in der Firmenzentrale des Familienunternehmens, sondern meistens dann, wenn Arie den Porsche seines Geburtsjahrgangs in der Garage des Vaters zur Ausfahrt abholt. „Ich liebte es, den Wagen im Alltag zu fahren. Aber ich wohne im Stadtteil Clifton direkt am Meer. Da leidet der 911er zu sehr in der Seebrise.“ Bei Vater Jeff ist er bestens aufgehoben, denn Senior Fabian bezeichnet sich selbst als „Fahrzeugverrückten mit ausgeprägter Leidenschaft, klassische Fahrzeuge zu sammeln.“ Mehr möchte er nicht zu seiner Sammlung sagen, nur dass diese in einer entfernten Garage aufgehoben sei. Die Garage seines Wohnhauses ist dem 911er S Coupé vorbehalten.
Arie habe dieses „Car-Maniac-Gen zwar nicht geerbt“, sieht den Porsche seines Geburtsjahrgangs aber nicht weniger emotional: „Mein Vater hat Benzin im Blut, ich bin ein Markenfan. Ein Porsche vermittelt natürlich Gefühle beim Fahren. Aber es geht darüber hinaus. Die Marke Porsche nehme ich inspirierend, sexy, erfolgreich wahr. Porsche ist auch abseits des Asphalts Emotion pur! Schon als Sechsjähriger fand ich die Form einzigartig und zeichnete einen Porsche, der einen Wohnwagen zog, und sagte meinem Vater, ich träume davon, einen Porsche zu fahren und unabhängig zu sein. Gut 30 Jahre später schenkte mir Abba diesen 911er. Er symbolisiert unsere gemeinsame Geschichte und unsere einzigartige Verbindung auf so besondere Weise. Alles Erlebte fühle ich, wenn ich diesen 911er fahre.“
Info
Text erstmalig erschienen im Magazin „Porsche Klassik“, Sonderausgabe „8 Generationen 911“
Copyright: Alle in diesem Artikel veröffentlichten Bilder, Videos und Audio-Dateien unterliegen dem Copyright. Eine Reproduktion oder Wiedergabe des Ganzen oder von Teilen ist ohne die schriftliche Genehmigung der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG nicht gestattet. Bitte kontaktieren Sie newsroom@porsche.com für weitere Informationen.