Porsche 911 C-Serie /// G-Modell
1963 debütierte der 911 als 901 auf der IAA in Frankfurt, 1964 startete der Verkauf. Der luftgekühlte Boxermotor im Heck und der dadurch mögliche Verzicht auf einen klassischen Kühlergrill definierte sein Layout und damit die DNA. Ein Jahr später präsentierte Porsche erneut in Frankfurt den ersten Targa. Nach dem Ur-Modell folgten eine A-, B-, C-, D-, E- und die F-Serie. Mit der B-Serie verlängerte sich der Radstand. Der hier gezeigte Targa ist ein Modell der C-Serie im wunderschönen Farbton Geminiblaumetallic. Die erste größere Designanpassung folgte 1973 mit der G-Serie, heute allgemein G-Modell genannt. Am Vergleich der acht 911-Generationen nimmt ein 75er Carrera 2.7 mit 210 PS und großem Heckflügel teil; lackiert ist dieser Porsche im für die Zeit typischen Continentalorange.
Porsche 911 G-Modell /// Typ 964
Das markanteste Designmerkmal des G-Modells sind die Stoßfänger mit dem schwarzen seitlichen Faltenbalg. Sie blieben unglaubliche 16 Jahre ein Merkmal des 911. Erst 1989 mit der Premiere des allradgetriebenen 964 Carrera 4 wurden die Stoßfänger erneuert und als wuchtige Elemente in die Karosserielinie integriert. Der 964 des Vergleichs – ein stets heckgetriebener Carrera RS – wurde 1991 gebaut. 260 PS trafen auf nur 1.240 Kilogramm. Eine pure Fahrmaschine mit automatisch ausfahrendem Heckspoiler, lackiert im Farbton Sternrubin.
Porsche 911 Typ 964 /// Typ 993
Auf den ersten Blick scheinen es nur die schräg gestellten Ellipsoid-Scheinwerfer des 993 zu sein, die ihn vom 964 unterscheiden. Weit gefehlt. Das Gros der Karosserie samt vorderen Kotflügeln, Kofferraumhaube, hinteren Seitenteilen, Motorhaube und Stoßfängern entstand neu. Harm Lagaaij gelang mit dem 993 das Kunststück, das Design des 911 mit dem des 928 und 968 zu synchronisieren und so eine Modellfamilie entstehen zu lassen. Unser 97er 993 C2 wurde 1997 mit 285 PS gebaut und im Farbton Arktissilbermetallic lackiert.
Porsche 911 Typ 996 /// Typ 993
Der 996 ist das Spiegelbild eines Paradigmenwechsels. Mit ihm verabschiedete sich Porsche 1997 von den luftgekühlten Boxermotoren und holte die Wasserkühlung an Bord. Die Neukonstruktion des Sportwagens hatte technisch mit dem 993 – außer der Motoranordnung – kaum mehr etwas gemein. Das Design nahm diese Zäsur auf und provozierte mit organischen Elementen. Der hier gezeigte 911 Carrera als Sondermodell „40 Jahre Porsche 911“ wurde 2003 mit 345 PS gebaut. Farbe: GT-Silbermetallic. Auflage: 1.963 Exemplare.
Porsche 911 Typ 996 /// Typ 997
Wer vom 996 in den 997 umsteigt, wähnt sich in einem komplett neu konzipierten Fahrzeug. Doch der Schein trügt: Der 2005 vorgestellte 997 ist eine Art Superfacelift des 996. Im Vergleich der hier gezeigten Silhouetten – links der 996, rechts der 997 – wird das sehr deutlich. Porsche kehrte mit dem 997 zurück zu den klaren Formen eines 964 und eines G-Modells. Der 997 in dieser Geschichte ist ein 911 Carrera 4S mit 355 PS, lackiert wie der 996 in GT-Silbermetallic. Das Design beider 911 entstand unter der Regie von Harm Lagaaij.
Porsche 911 Typ 991 /// Typ 997
Mit dem 991 stellte Michael Mauer 2012 seinen ersten 911 vor. Der Sprung vom 997 zum 991 ist gewaltig – optisch wie technisch. Während sich der 997 kompakt anfühlt, wirkt der 991 deutlich größer. Und das ist er auch: Der Radstand wuchs um 100 Millimeter; zudem wanderten die Achsen weiter nach außen. Gleichwohl ist der 991 extrem handlich. Der hier gezeigte Carrera S „50 Jahre 911“ (2013) leistet 400 PS und trägt die Farbe Geysirgraumetallic.
Porsche 911 Typ 991 /// Typ 992
Michael Mauers zweiter 911-Streich folgte 2019. Und wieder löste er das von ihm skizzierte Credo ein, wie ein neuer Elfer aussehen sollte: „Ich muss erkennen, dass es ein 911 ist. Und ich muss erkennen, dass es der neue 911.“ Während der 991 ein eher eleganter Sportwagen ist, gewann der 992 optisch an Kraft. Mit den nun weiter aus der Karosserie herausgezogenen Kotflügeln und Rädern folgte das Designteam den Spuren des ersten 911 Turbo (930). Der aufgeladene 3,0-Liter-Motor des 911 Carrera 4S dieser Geschichte entwickelt 450 PS (911 Carrera 4S: Kraftstoffverbrauch kombiniert 9,0 l/100 km; CO2-Emission 206 g/km).
Acht Generationen des Porsche 911, 56 Jahre Sportwagengeschichte, vereint an einer Location. Zwischen dem ersten und dem aktuellen Elfer liegen Welten. Gleichwohl verbindet sie eine gemeinsame DNA. Technisch und optisch. Doch diese DNA hat sich verändert, weiterentwickelt von Jahr zu Jahr. Ein Vergleich aller acht 911-Generationen soll ein Gespür dafür vermitteln, wie sich der 911 in den letzten sechs Jahrzehnten verändert hat, wie sich die Autos der verschiedenen Epochen anfühlen, bewegen, klingen, riechen und wie sie sich, mal nuancenhaft und dann wieder revolutionär, verändert haben. Wohlgemerkt: Dies ist kein Vergleichstest und auch kein lückenloser chronologischer Abriss der 911-Geschichte. Es geht darum, jede Generation etwas besser zu verstehen und am Ende ihrer jeweiligen Bedeutung näher zu kommen. Um die automobile Ikone noch schärfer und epochenübergreifend zu betrachten, haben wir uns mit einem Mann verstärkt, der wie kaum ein anderer die DNA der Marke Porsche und des 911 durchdrungen hat: Michael Mauer, Jahrgang 1962, Porsche-Chefdesigner und oberster Stilist des Volkswagen-Konzerns.
„Alle acht Generationen des 911 an einem Platz zu sehen ist zunächst einmal ein sehr erhebendes Gefühl“, skizziert Michael Mauer, als er den Schmelztiegel der Epochen betritt – einen Hangar des Siegerland-Flughafens nahe der Sauerlandlinie A45. Und er präzisiert: „Weil es eben das bestätigt, was ich immer sage: Vielleicht ist der 911er das einzige Auto, das wirklich einen so lückenlosen Lebenslauf hat. Mir fallen zwei, drei Autos ein, die auch eine interessante Historie haben. Aber so durchgehend hat das keiner.“
Diese durchgehende Linie beginnt 1963 mit der Weltpremiere des Porsche 911 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt. Damals heißt der Nachfolger des 356 bekanntlich noch 901. Als er 1964 auf den Markt kommt, ist das immer noch so. Doch bereits im ersten Produktionsjahr streitet Peugeot die 0 weg, und der neue Porsche heißt fortan 911. Geschenkt. Viel wichtiger: Schon dieser erste 911 hatte – wie der 356 – ein technisches Layout, das bis heute die Form der Baureihe bestimmt: den Boxermotor im Heck. Michael Mauer: „Das Layout ist so charakteristisch. Die Form des Autos steht in einem engen Zusammenhang mit diesem Layout. Würde ich das Layout grundlegend ändern, dann wäre es auch kein 911 mehr.“
Der Boxer im Heck ist also das wichtigste Bauteil der 911-DNA. Er ist es, der alle acht Generationen miteinander verbindet. Sie alle stammen, bis auf den aktuellen 992, ein Porsche-Testwagen, aus dem Bestand des Porsche Museums. Als Wagen der ersten Generation ist ein 911 S Targa der C-Serie von 1970 dabei; sein 2,2-Liter- Sechszylinder wirft 180 PS auf die Hinterachse. Es folgt ein 911 Carrera 2.7 von 1975 mit 210 PS als G-Modell und damit ein Elfer der zweiten Generation. Die dritte Generation, der 964, wird durch einen 91er 911 Carrera RS vertreten, dessen 3,6-Liter-Motor 260 PS entwickelt. Den Sprung in die optische Moderne markiert der 993, der hier als 97er Coupé und Exemplar der vierten Generation 285 PS aus dem noch immer 3,6 Liter großen Boxermotor zur Verfügung stellt.
Nummer fünf ist der 911 einer Zeitenwende: der mit einem nun wasser- statt luftgekühlten Boxermotor ausgestattete 996; er tritt als 2003 gebautes Sondermodell „40 Jahre 911“ mit wiederum 3,6 Liter Hubraum und in diesem exklusiven Fall 345 PS an. Sein Nachfolger und damit die sechste Generation war der 997, der hier als 2005 zugelassener 911 Carrera 4S mit 355 PS aus 3,8 Liter Hubraum und mit Allradantrieb durchstartet. Bereits ein Auto der Mauer-Ära und siebten Generation ist der 991, ein wunderschöner 911 S als Sondermodell „50 Jahre 911“; der Hubraum des Boxers liegt auch hier bei 3,8 Litern, die Leistungsausbeute des Saugers beträgt 400 PS. Gegenwart und Zukunft verbindet seit 2019 die achte Generation, der 992 – hier ein 911 Carrera 4S mit 450 PS aus einem aufgeladenen 3,0-Liter-Motor.
C-Serie vs. G-Modell
Es riecht nach einer Zeit vor unserer Zeit, wenn du den 911 der C-Serie enterst. Das Klacken der Spange im Türöffner, das Aufspringen der praktisch ungedämmten Türen, die Sitze mit konventionellen Kopfstützen, das Vierspeichenlenkrad als riesiger, wenn auch fein belederter Kranz. Alles passt schon perfekt. Der Drehzahlmesser ist bereits in der Mitte, da, wo er auch heute noch arbeitet. Natürlich links befindet sich das Zündschloß; ein zarter Schlüssel, nach rechts gedreht, weckt den 2,2-Liter-Sechszylinder, der sich zuerst ein wenig geniert und schüttelt, um dann doch weich und wie eine Turbine Drehzahl aufzunehmen. Weil dieser Targa ein S ist, hat er ein Fünfganggetriebe. Der Schaltknauf geht gut zur Hand, allein das Schaltschema zwingt zur Konzentration: Aus der Mittellage heraus muss der Schalthebel nach links unten gedrückt werden, um den ersten Gang einzulegen. Noch heute lässt sich der Wagen jedoch sehr leicht und sportlich fahren, legt sich allerdings in engen Kehren ordentlich in die Federn, bleibt aber bei trockenem Asphalt sehr viel besser kontrollierbar, als man angesichts von fast fünf vergangenen Jahrzehnten meinen möchte.
„Das Design des 911 ist geprägt von ein paar sehr wenigen Designmerkmalen; das beginnt vorn in der Front – einer speziellen Topografie, bei der die Kotflügel höher sind als die Haube. Und das kommt daher, dass der Motor im Heck ist.“ Michael Mauer
Der Sprung in das G-Modell ist einer wie aus der Zeit der Väter in die eigene Jugend, zumindest wenn man ein Kind der 60er-Jahre ist. Außen sind es vor allem die an modernere Crashnormen angepassten Stoßstangen mit Faltenbalk und das Verschwinden von Chrom (bis auf den Außenspiegel), das den G vom C unterscheidet. Innen sind es ein deutlich kleineres Lenkrad, Sitze mit von nun an fest integrierten Kopfstützen, ein normales Schaltschema des optionalen 5-Ganggetriebes und ein deutlich agilerer 2,7-Liter-Motor, die den Fahrer durch die Zeit nach vorn katapultieren. Mit seiner direkteren, aber immer noch schwergängigen, servolosen Lenkung und ordentlichen Bremsen fühlt sich der 911 Carrera 2.7 viel mehr als die C-Serie an wie ein Sportwagen. Wer noch weiter Richtung Gegenwart reist und in einen 911 SC mit 231 PS oder den letzten Carrera 3.0 mit 217 Kat-PS oder gar in einen 930, den Turbo, steigen würde, hätte vollends das Gefühl, einen Sprung aus dem Zeitalter der Beatles in das von Madonna zu machen. Und doch kann das G-Modell den Charme des Vorgängers im direkten Vergleich nicht pulverisieren. Denn selbst der grandiose Carrera 2.7 dieser Entwicklungsstufe wirkt vielmehr wie ein sehr weitreichendes Update der ursprünglichen 911-Idee.
Und das liegt auch daran, dass sich die Karosserie und damit der Blick des Fahrers raus auf die Kotflügel nicht verändert haben. Michael Mauer spezifiziert dieses Gefühl: „Das Design des 911 ist geprägt von ein paar sehr wenigen Designmerkmalen; das beginnt vorn in der Front – einer speziellen Topografie, bei der die Kotflügel höher sind als die Haube. Und das kommt daher, dass der Motor im Heck ist.“ Blendet man mal aus, dass der hier gezeigte C ein Targa ist, finden sich die Parallelen zwischen dem Ur- und dem G-Modell auch in der Seiten- und der Heckpartie. Erneut der Chefdesigner: „In der Seitenlinie ist es das typisch abfallende Dach und die daraus resultierende Seitenscheibengrafik.“
Hinten sind es die beiden Verlängerungen der Regenrinnen, die als Linien unvergleichbar elegant bis in die Motorhaube fortgeführt werden. Porsche nennt es die Flyline. Wer hinter den Autos steht bemerkt zudem, wie charismatisch sich die Kabine einzieht und weiter unten parallel die Kotflügel herauswachsen. Mauer: „Es sind Designmerkmale, die sich über die Generationen immer wieder verändert und weiterentwickelt haben, sich aber in ihrer Grundcharakteristik in allen Fahrzeugen wiederfinden.“
G-Modell vs. 964
Wer sich dem 964 RS nähert, muss sich klarmachen, dass die dritte Generation des 911 lange 26 Jahre nach dem Debüt des Ur-Modells vorgestellt wurde. Übrigens zuerst als Carrera 4 mit Allradantrieb. Der Wagen sieht mit seinen homogen in die Karosserie integrierten und wuchtigeren Stoßfängern deutlich moderner aus als das G-Modell. Wenngleich: Türen und Hauben sind nahezu identisch, klingen beim Öffnen und Schließen auch gleich. Harm Lagaaij, der einst als junger Designer bei Porsche maßgeblich an der Entwicklung des 924 beteiligt war, später dann zu anderen Unternehmen ging und 1989 zu Porsche als Chefdesigner zurückkehrte, sagte uns vor einiger Zeit Folgendes zu dieser Ära: „Nach sehr vielen Jahren komme ich zurück und bekomme einen 964 als Dienstwagen. Ich bin eingestiegen und habe es nicht verstanden: Das Auto war völlig neu, und doch war alles gleich ...“ Und genau das ist heute noch spürbar, wenn man in einen 964 steigt.
Dieser Porsche 911 – die dritte Generation – war Ende der 90er optisch zu wenig nach vorn gedacht. Das ist 2019 ein Glücksfall: Denn er transferierte die Form und den Charakter des ersten und zweiten 911 mit neuen Technologien wie dem Allradantrieb, dem komplett neuen 3,6-Liter-Motor, optionalen Airbags und besserem Crashverhalten, ergonomischeren Sitzen, erstmals Servolenkung (nicht im RS), einer modernen Automatik (Tiptronic), einem völlig neu konstruierten Fahrwerk und einer (unter anderem dank des ab 50 km/h automatisch ausfahrenden Heckspoilers) um Welten besseren Aerodynamik sowie einer nun deutlich besseren Heiz- und Klimaanlage in die 90er-Jahre. Dadurch bietet der 964 heute die wunderbare Möglichkeit, eine Art Hightech-Oldtimer zu fahren. Damals jedoch stand Porsche vor dem Problem, mit dem 964, 928 und 944 drei Autos im Programm zu haben, die kaum Gleichteile hatten und so die Gewinne des Unternehmens immer weiter abschmelzen ließen.
964 vs. 993
Der Sprung vom 964 zum 993 ist gewaltig. Wer nicht gerade beide Autos sein Eigen nennt und häufiger zwischen ihnen umsteigen kann, verliert diese Tatsache schnell aus den Augen. Harm Lagaaij als neuer Designchef und die Crew der technischen Entwicklung hatten mit der vierten Generation die schwierige Aufgabe übernommen, nicht nur den 911, sondern gleich die ganze Marke auf die Zukunft auszurichten. Und dabei war der 993 ein Zwischenschritt. Es galt, den drei Baureihen 911, 928 und 944 (aus dem dann der 968 wurde) eine optisch gemeinsame Identität zu geben. Harm Lagaaij: „Abgesehen davon, dass da überhaupt gar keine Gleichteile waren, sahen sie alle auch noch extrem unterschiedlich aus. Wir wussten zwar, dass es in eine völlig andere Richtung gehen musste. Aber in den Jahren, bis das alles mal umgesetzt sein würde war es meine Hauptaufgabe, den Modellen eine gewisse Ähnlichkeit zu verleihen.“ Mit der anderen Richtung meinte Lagaaij die Neuausrichtung der Marke – optisch wie technisch. Doch bevor es so weit war und der 996 (und der Boxster als 986) entstand, musste die Marke überleben. Und das wichtigste Modell dabei war der 993. So entstand der letzte und modernste aller luftgekühlten 911er. Der unterscheidet sich beim Fahren gravierend vom 964, da er mit Leichtigkeit sehr schnell gefahren werden kann. Bis auf die Türen ist praktisch jedes Blechteil neu. Gleiches gilt für die Kotflügel und die neuen, schräg gestellten Scheinwerfer. Innen indes gleicht der 993 weiterhin stark dem 964; doch viele Bauteile wirken nochmals hochwertiger.
Harm Lagaaij schaffte auf jeden Fall einen Spagat, der später im Porsche-Design immer weiter perfektioniert wurde: einen Nachfolger zu entwerfen, der die DNA des 911 trägt und sie gleichzeitig neu interpretiert. Michael Mauer, der 2004 Nachfolger von Harm Lagaaij wurde: „Einen neuen 911 zu kreieren ist eine besondere Herausforderung. Ich sehe sie darin, auf der einen Seite das Design des 911 auch weiterzuentwickeln, aber trotzdem immer ganz klar zu visualisieren, dass es ein 911 ist.“
993 vs. 996
Mit dem wassergekühlten 996 erfindet Porsche nicht nur den 911 neu, sondern auch die Marke. Mit Wendelin Wiedeking als Vorstandsvorsitzendem, Horst Marchart als Entwicklungs- und Harm Lagaaij als Designchef verwandelt sich Porsche vom eher kleinen Sportwagenhersteller zum profitabelsten Automobilhersteller der Welt – ohne auch nur einen Hauch seiner Exklusivität aufzugeben. Der 996 bildet dabei technisch wie optisch eine Zäsur. An dieser Stelle sparen wir uns einen Beitrag über die Vor- und Nachteile der Luft- und Wasserkühlung. Klar ist: An Bord des 996 beginnt das Zeitalter der modernen Sportwagen.
„Der 996 hat, wie ich finde, in vielerlei Hinsicht eine ganz große Bedeutung für Porsche und in der 911er-Historie“ Michael Mauer
Interessant: Während die Qualität der ersten 996-Serie noch nicht mit der Innovationskraft der neuen Antriebe mithalten konnte, sieht das bei der zweiten Serie – erkennbar außen unter anderem an den gegenüber dem Boxster neu gezeichneten Scheinwerfern – deutlich anders aus. Besonders gilt das für den hier gezeigten 911 Carrera „40 Jahre 911“, der 2003 zum 40. Geburtstag des Elfers in einer limitieren Auflage von 1.963 Exemplaren mit diversen exklusiven Details und starken 345 PS auf den Markt kam. Man mag sich am organischen Interieurdesign ebenso reiben wie an den Scheinwerfern – doch dieser Porsche 911 ist dem 993 in jeder Beziehung überlegen. Ein Sportwagen mit hohem Reisekomfort, einem extrem gut ansprechen- den Motor und einem ungewöhnlich hoch gesteckten Grenzbereich. Für Fahrer, die den 996 auch im Alltag bewegen, ist das erste ESP an Bord zudem eine nicht zu unterschätzende Lebensversicherung. Zu positiv? Nein. Der 993 bleibt als letzter luftgekühlter 911 die Ikone der Ikonen. Doch der Fortschritt ist beim Wechsel von der vierten auf die fünfte Generation extremer spürbar als bei jedem anderem 911 zuvor. Und die umstrittene Optik des 996? „Der 996 hat, wie ich finde, in vielerlei Hinsicht eine ganz große Bedeutung für Porsche und in der 911er-Historie. Weil er durch diesen Wechsel vom luft- zum wassergekühlten Motor wirklich für eine Zäsur steht“, so Michael Mauer. Der Designer weiter: „Ich glaube, man wird es erleben, dass der 996 – umso älter er wird – seine Liebhaber finden wird und schon gefunden hat.“ Und so ist es. Nicht nur die Exoten wie Targa, 4S, „40 Jahre 911“, Turbo, GT2 und GT3 haben als Youngtimer die Talsohle der Preise durchschritten, sondern auch die normalen Fahrzeuge.
996 vs. 997
Wer den 996 und 997 von der Seite betrachtet, sieht bereits aus dieser optischen Perspektive sehr genau, dass die Generationen fünf und sechs technisch große Gemeinsamkeiten haben. Beide Grundmodelle teilen sich denn auch den identischen Radstand von 2.350 Millimetern. Mit dem 997 kehrt Harm Lagaaij 2005 wieder zu einer klareren Designlinie zurück. Während sich die Seitenpartien bis auf den hinteren Bereich wirklich extrem ähnlich sind, schwenken die Front- und Heckpartie wieder auf die klassischere 911-Linie ein. Rundscheinwerfer lösen dabei die Spiegeleier ab. Und genau das zeichnet den 997 gegenüber dem 996 aus: Er transferiert das Plus an Raum, Komfort und Schnelligkeit in ein klareres Exterieur- und Interieurdesign. Darüber hinaus gilt, dass der 997 besonders bei hohen Geschwindigkeiten nochmals mehr Sicherheit vermittelt. Nach unserem Vergleich festigte sich folgende Einschätzung: Der 996 war bewusst provokant, markierte den Neubeginn und bietet deshalb einen ganz eigenen Reiz; der 997 hingegen ist der präzisere, feinere 996.
997 vs. 991 vs. 992
Mit dem ersten 911 des Chefdesigners Michael Mauer löste der seinen eigenen Anspruch an die Gestaltung einer neuen 911-Generation ein: „Ich muss erkennen, dass es ein 911 ist. Und ich muss erkennen, dass es der neue 911 ist.“ Beides ist beim 2011 vorgestellten 991 der Fall. Ein nahezu vollkommen neues Auto mit 100 Millimetern mehr Radstand und gleichzeitig kürzeren Karosserieüberhängen. Man sitzt angenehm tief und fühlt sich beim Blick auf die nach vorn ansteigende Mittelkonsole ein ganz klein wenig an den legendären Carrera GT und den 918 Spyder erinnert. Und vielleicht ist auch das ein wesentlicher Unterschied zum 997: Im 991 fühlst du dich wie in einem Supersportwagen. Um so mehr gilt das für die auch in diesem Fall auf 1.963 Exemplare limitierte Version des von uns für diese Geschichte genutzten Sondermodells „50 Jahre 911“ – ein Carrera S mit 400 PS, Sitzmittelbahnen im Pepitamuster und weiteren zahlreichen exklusiven Details.
Im Vergleich zwischen 991 und 997 wird deutlich: Der Nachfolger eines jeden 911 mag moderner aussehen und technisch eine neue Dimension erobern – der Vorgänger aber bleibt begehrenswert. Kein neuer 911 lässt ein abgelöstes Modell wirklich alt aussehen. Weil die DNA niemals abreißt. Und so ist es auch beim neuen 992. Er zitiert das Einst, trägt die Idee des 911 jedoch ebenso in das Jetzt. Michael Mauer: „Diesmal wollten wir, dass das Auto wieder kompakter aussieht.“ Und er beschreibt jenen Stil, bei dem die Räder und Reifen aus der Karosserie herauswachsen, wie das etwas zu enge T-Shirt eines Athleten. „Dann haben wir uns in der Historie angeschaut, welches Auto das eigentlich schon mal am besten verinnerlicht hat. Und das war damals der 930 – der erste Turbo.“ Wenn Michael Mauer dann sagt, dass der 930 für den 992 wirklich ein Bruder im Geiste war, adelt er damit auch jede andere Generation des 911 als automobiles Kunstwerk für die Ewigkeit – denn sie alle verbindet eine DNA.
Info
Text erstmalig erschienen im Magazin „Porsche Klassik“, Sonderausgabe „8 Generationen 911“
Text: Thomas Fuths
Fotos: Markus Bolsinger, Heiko Simayer, Theodor Barth
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