Dabei ist ganz egal, ob Komödie, Romanze, Action, Animation, Drama oder Science-Fiction: Ich kann über eine Zunge lachen, die an einer gefrorenen Laterne kleben bleibt, am letzten Tag jedes Jahres über einen Mann schmunzeln, wie er wieder und wieder über einen Tigerkopf stolpert oder wegen eines Aliens weinen, das seinen besten Freund auf der Erde zurücklassen muss. Filme geben uns die Möglichkeit für kurze Zeit in Welten abzutauchen, die oft unsere kühnsten Vorstellungen übertreffen und unsere tiefsten Sehnsüchte wiedergeben.
Manchmal überrascht es mich, wie zeitlos einige Filme dabei sind. Besonders im Science-Fiction-Genre fällt auf, dass ältere Filme aktuellen gesellschaftlichen Debatten, Gedanken, Ängsten und Wünschen beeindruckend nah sind: Dass Maschinen die Weltherrschaft übernehmen, thematisiert „Matrix“ 1999 ebenso wie „Blade Runner“ 1982. Mit dem Stummfilm „Metropolis“ kam schon 1927 ein Film in die Kinos, der von einer übermenschlichen Roboterfrau mit künstlicher Intelligenz handelt – und seiner Zeit damit weit voraus war.
Doch denken wir an Filme und künstliche Intelligenz, sehen die meisten immer noch Szenarien von intelligenten Robotern oder Supermaschinen, die die Menschheit auslöschen wollen, vor ihrem inneren Auge. Damit nicht weiterhin der Terminator oder die Decepticons aus der Welt der Transformer dieses Bild bestimmen, möchte ich euch fünf meiner Lieblingsfilme vorstellen, die sich auf ihre ganz eigene Art mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzen:
1. Her (2013): Die empathische Sprachassistentin
Einer der wohl bewegendsten Filme der letzten Jahre, und deshalb in meinen Top 5 mit dabei, ist „Her“ – kein typischer Science-Fiction-Blockbuster, sondern ein (Liebes-)Drama. Es handelt von dem zurückhaltenden Theodore Twombly, gespielt von Joaquin Phoenix, der sich beruflich mit den Emotionen anderer Menschen beschäftigt, dessen private Gefühlswelt ihn jedoch selbst schwer belastet: Die Ehe mit seiner großen Liebe steht kurz vor der Scheidung und so flüchtet er sich in eine ungewöhnliche Beziehung mit der hochentwickelten, KI-basierten Sprachassistentin „Samantha“ (die Stimme von Scarlett Johansson). Im Laufe ihrer Unterhaltungen entwickelt sich Samantha stetig weiter und zeigt durch ihre Empathie ein immer menschliches Verhalten, das langsam aber sicher die Basis einer zunächst freundschaftlichen, dann partnerschaftlichen Beziehung bildet.
Eine körperlose Stimme, ein Assistenzsystem, dem genug Menschlichkeit zugesprochen werden kann, dass es Bestandteil einer emotionalen Beziehung wird: Künstliche Intelligenz wurde meiner Meinung nach in keinem anderen Film so schön und nahbar dargestellt. Gerade, weil es kein klassischer Sci-Fi-Film ist, in dem die Grenzen zwischen Mensch und KI als Maschinenwesen physisch verschwimmen, sondern er diese Beziehung auf rein geistiger Ebene zwischen zwei Menschen betont, ist „Her“ für mich so sehenswert. Er wirft Fragen auf: Ist dies eine rein fiktionale Geschichte oder nicht doch sehr nah an einer denkbaren Realität? Fakt ist, dass nur zwei Jahre vor der Premiere des Films Apples Sprachassistentin Siri auf den Markt kam, die auffällige Parallelen zu „Samantha“ aufweist. „Her“ orientiert sich an dieser technischen Entwicklung, denkt sie noch ein Stück und ein paar Jahre weiter und bringt uns darüber zum Nachdenken, wo das „Menschsein“ eigentlich anfängt.
2. Lucy (2014): Die Evolution von (Künstlicher) Intelligenz
„Lucy“ muss ich allein aus dem Grund mit aufführen, da der Film von Regisseur und Autor Luc Besson ist – einem der weltweit größten Sci-Fi-Visionäre. Der Film dreht sich um die namensgebende Protagonistin (oh, schon wieder Scarlett Johansson!), die unfreiwillig in einen Drogenschmuggel hineingezogen wird und dabei in Kontakt mit einer neuartigen chemischen Substanz gerät. Die Droge breitet sich in Lucys Körper aus und bewirkt, dass sich ihre Gehirnkapazität um bis zu 100 Prozent steigert. Sie wird intelligenter, stärker und geschickter – und entwickelt zusehends eine weniger emotionale, sondern vielmehr rationale Denk- und Handlungsweise.
Der Film beschäftigt sich zwar auf den ersten Blick nicht mit technologischer künstlicher Intelligenz, sondern einer biochemisch-veränderten menschlichen Intelligenz, dennoch verbindet beides im Kern ein entscheidender Faktor: die Steigerung von intelligenter Leistung, um Abläufe zu erleichtern, bei denen der Mensch an seine natürlichen Grenzen stößt. Bei “Lucy” ist mir besonders in Erinnerung geblieben, dass man davon ausgeht, eine erweiterte Nutzung des Gehirns über die sagenumwobene Zehn-Prozent-Marke hinaus hätte zur Folge, dass sich damit auch neue Sinne nutzen lassen, was sich zum Beispiel mit dem Sonar eines Delfins vergleichen ließe. Lucy steht für die Überschreitung einer solchen Grenze – einen Menschen, der sich langsam davon verabschiedet, ein Mensch zu sein. Dies wird vor allem am Filmende deutlich, das meine liebste, wenn auch zugleich die seltsamste Szene zeigt (Achtung, hier folgt ein Spoiler): Während sich Lucy auflöst und als körperlose Gestalt in die digitale Welt verabschiedet, trifft sie auf ihre Vorfahrin, den Vormenschen „Lucy“. Ich bin sicher, dass nicht nur ich sie noch aus meinem Biologieunterricht kenne. Zwei Evolutionsstufen begegnen sich – ein durchaus spannendes Bild
3. Transcendence (2014): Das virtuelle Bewusstsein
Nicht zuletzt wegen des hervorstechenden Hauptdarstellers Johny Depp gehört „Transcendence“ mit in meine Top -5-Liste. Darin wird der Wissenschaftler Dr. Will Caster, einer der weltweit führenden KI-Forscher, bei einem Anschlag schwer verletzt. Im Krankenhaus werden ihm nur noch vier Wochen Lebenszeit prognostiziert. Die hoffnungsvolle Rettung: Wills Bewusstsein wird in einen Quantencomputer hochgeladen, bevor sein Körper stirbt. Nachdem dies geschehen ist, werden jedoch Zweifel an den Absichten der Computerintelligenz laut. Spätestens, als sie sich verselbstständigt, an der Börse Millionen von Dollar sichert und Technologien erschafft, die für unglaubliche Fortschritte auf den Gebieten Medizin, Biologie und Umwelt sorgen, nimmt die Angst der Menschen überhand.
An „Transcendence“ finde ich besonders spannend, dass es unsere Angst und Zweifel gegenüber zu schnellem Fortschritt in den Mittelpunkt stellt. Die Menschen im Film schreiben der unbegreifbaren, mächtigen KI böse Absichten zu, die sich später als unbegründet erweisen. Dieses Gefühl von Kontrollverlust beschäftigt viele von uns auch in der Realität im Hinblick auf die Entwicklung neuer Technologien, vor allem Machine Learning. Was ich daraus schließe? Es ist gerade deshalb umso wichtiger, alle Menschen in die Diskussion einzubeziehen und aufzuklären, um sie bei dem Fortschritt und der Weiterentwicklung unserer Gesellschaft mitzunehmen.
4. Ex Machina (2015): Wie lernt eine Maschine ein Mensch zu sein?
Zum Thema künstliche Intelligenz darf in dieser Reihe ein Film nicht fehlen, der sich auf ganz spezielle Weise mit der Beziehung zwischen Mensch und Maschine beschäftigt: „Ex Machina“ handelt von dem jungen Programmierer Caleb (Domhnall Gleeson), dem reichen Firmengründer und KI-Experten Nathan (Oscar Isaac) und dem weiblichen Android Ava (Alicia Vikander). Caleb soll Nathan dabei helfen, Ava einem Turing-Test zu unterziehen, um herauszufinden, wie nah sie dem menschlichen Denkvermögen kommt (da schlägt das Entwicklerherz schon höher!). Caleb und Ava bauen dabei eine enge emotionale Beziehung zueinander auf und Caleb entschließt sich schließlich, Ava zu befreien, um mit ihr zu fliehen. Das Ganze nimmt eine ungeahnte Wendung, als Nathan Caleb als wahres Objekt seiner Studie offenbart. Doch nicht nur Caleb wird hintergangen: Letztlich folgt Ava allein ihrem Wunsch unter den Menschen zu leben und diese weiter zu studieren, wobei ihr die beiden Männer gleichgültig sind.
Der Titel „Ex Machina“ spielt auf den Begriff „Deus ex Machina“ an – ein aus dem Theater stammender Ausdruck, der das plötzliche Auftauchen eines (maschinellen) Gottes bezeichnet. Ich habe mich tatsächlich ein wenig wie im Theater gefühlt, als ich den Film geschaut habe. Besonders beeindruckt hat mich dabei, dass die Inszenierung wie ein Kammerspiel aufgebaut ist. Ich fand es sehr spannend, dass man so etwas Futuristisches mit so einfachen Mitteln und vermutlich vergleichbar geringen Kosten für einen Hollywood-Film produzieren kann. Ava wurde für mich dabei zu der „Maschine“, die der Filmhandlung durch die Offenbarung ihrer eigenen Sehnsüchte den entscheidenden Verlauf gibt. Dabei kann man der KI nicht vorwerfen, letztlich der „Schurke“ im Film zu sein, denn sie studiert und lernt lediglich das, was die Menschen ihr vorleben: Die eigenen Ziele zu verfolgen und diese auch mittels Täuschung durchzusetzen
5. AlphaGo (2017): Das Spiel mit der KI
Zu guter Letzt möchte ich euch noch einen Dokumentarfilm vorstellen, der auf sehr unterhaltsame Weise zeigt, wie knifflig das 3000 Jahre alte chinesische Brettspiel „Go“ für eine künstliche Intelligenz ist. „AlphaGo“ zeigt die „Reise“ des 2015 entwickelten, gleichnamigen Programms von seiner Entstehung bei DeepMind in London bis hin zu dem allesentscheidenden Turnier in Seoul. Im gezeigten Go-Match schlägt AlphaGo 2016 überraschend den südkoreanischen Profi-Spieler und langjährigen Weltmeister Lee Sedol – und zwar haushoch mit vier von fünf Partien.
Die Geschichte erinnert an den Sieg von IBMs Deep Blue 1996 über den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow in einer einzigen Partie. Die Dokumentation „AlphaGo“ betont die beachtliche Entwicklung von Machine Learning und künstlicher Intelligenz, denn im Vergleich zu der Komplexität von Schach beinhalten die Anordnungsmöglichkeiten der Steine auf dem mit 361 Feldern bestückten Go-Spielbrett ein so komplexes Ausmaß, dass das Spiel für den Entwicklungsstand von KI seit dem Sieg von Deep Blue stets als nächster großer Test galt. Wie im Film zu sehen, schaffte Alpha Go es 2016 sogar das komplette Turnier zu gewinnen, wodurch dieses zu einem wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Entwicklung Künstlicher Intelligenz wurde. Eine spannende Doku, die mich sowohl in die Gefühlswelt der Entwickler als auch der Go-Spieler geradezu hineingezogen hat
Von Digitalisierungs-Chancen statt Zukunftsängsten
Es freut mich zu sehen, dass viele Filme der letzten Jahre, wie zum Beispiel „Her“ oder „Ex Machina“ nicht mehr das pauschal Böse von Robotern und intelligenten Technologien in den Mittelpunkt ihrer Handlung stellen. Vielmehr geht es immer häufiger um Sehnsüchte, verzwickte emotionale Beziehungen und komplexe Gefühlswelten. Das spiegelt aus meiner Sicht die Entwicklung von KI in der Gesellschaft ganz gut wider – denn KI und Roboter sind keine große Unbekannte mehr, sie verkörpern in unserer Lebensrealität nicht das Böse. Stattdessen erleichtern, unterstützen und helfen sie uns. Sie verändern unser Leben – und wenn wir sie richtig gestalten, dann auch zu einem Besseren.
Ein - wie ich finde - hervorragender Ansatz, sich dieser Thematik zu widmen, ist die Initiative #KINarrative, die sich mit Digitalisierungs-Chancen statt Zukunftsängsten auseinandersetzt.
„Wir nehmen die Ängste der in Deutschland lebenden Menschen vor dem digitalen Zeitalter ernst und haben die Vision, gemeinsam mit dir die Chancen der Digitalisierung aufzuzeigen. Es liegt uns am Herzen, dass man auch in Deutschland zuversichtlich und voller Tatendrang in die Zukunft schaut.“ – so lautet das Motto der Initiative Zukunftsnarrative, die Christiane Brandes-Visbeck (Ahoi Innovationen GmbH), Thomas Bischoff (PHOENIX CONTACT), Christine Dingler (FleishmanHillard), Dajana Laube (sucht neuen Arbeitgeber) und Helén Orgis (PTC) gegründet haben. Die Initiator*innen haben sich während des Microsoft KI Festivals kennengelernt und den Entschluss gefasst, gemeinsam etwas Sinnvolles für die Zukunft zu schaffen.
Raus aus den Schubladen, Narrativen entwickeln und teilen - und Geschichten erzählen. Das ist ein Ansatz, den ich gerne mit meinem Team unterstützen möchte. Denn es geht um eine Zukunft, die geprägt ist von Demokratie, Vielfalt und Miteinander - und die mehr und mehr Seite an Seite mit schlauen Maschinen und künstlichen Intelligenzen entstehen wird.
Was sind eure Lieblingsfilme?
Euch haben einige Handlungen, Charaktere oder Passagen aus meinem Blogpost bzw. aus Filmen nachdenklich gemacht? Dann hat diese Liste ihren Zweck erfüllt – und löst hoffentlich eine spannende Diskussion über Ängste, Hoffnungen und Wünsche, technische Möglichkeiten und realistische Zukunftsszenarien in den Kommentaren aus.