Hard- und Software, Stahl und Elektronik, Tradition und Zukunft: Elemente, die sich ergänzen und im Idealfall eine Einheit bilden. Michael Steiner und Sajjad Khan – zwei Vorstandsmitglieder der Porsche AG, zwei Ressorts. Und eine gemeinsame Vision: „Am Ende geht es darum, ein harmonisches Produkt zu schaffen“, betont Steiner. „Fahrzeuge mit der unverwechselbaren Porsche-DNA, die unsere Kundinnen und Kunden immer wieder aufs Neue begeistern.“ Khan ergänzt: „Unsere traditionellen Tugenden und Fähigkeiten gehören zu unserem Markenkern. Gleichzeitig erweitern wir sie um die Innovationen aus der digitalen Welt.“
Genau dafür verstärkt Sajjad Khan seit November 2023 das Vorstandsteam. Im neu geschaffenen Ressort Car-IT verantwortet er schwerpunktmäßig die Themen Konnektivität und Infotainment. Zudem beschäftigt sich sein Team mit der Integration von Ökosystemen Dritter und der Entwicklung von Digital Solutions für das Fahrzeug, beispielsweise der My Porsche App. „Software verändert unser Leben in allen Bereichen“, erklärt Khan. „Selbst Haushaltsgeräte werden inzwischen wie selbstverständlich in das Internet der Dinge integriert. Auch das Auto wird zunehmend Teil eines großen Netzwerks.“ Allerdings eines mit einem hohen emotionalen Gebrauchswert: „Das Fahrerlebnis steht bei Porsche im Vordergrund.“ Khan erlebt das täglich selbst: Sein Dienstwagen ist ein 911 Turbo S.
Michael Steiner leitet seit 2016 das Vorstandsressort Forschung und Entwicklung. Er ist seit 2002 im Unternehmen, hat neue Baureihen wie den Panamera, den Macan und die 718-Modelle geprägt. Und im Taycan die Elektrifizierung auf den Weg gebracht. „Wir erleben bei Porsche, wie in der gesamten Industrie, einen sehr großen Wandel“, sagt er. „Nicht nur durch das dominierende Thema Elektromobilität. Auch durch neue, softwarebasierte Funktionen mit den rasch wachsenden Möglichkeiten der Vernetzung. Das hat Auswirkungen auf die klassische Systemwelt im Fahrzeug.“
Konnektivität und Integration sind die Stichworte. Sie sind wesentlich für die Entwicklung zukünftiger Sportwagen – und für die Zusammenarbeit beider Ressorts. Deshalb teilen sich die Vorstände eine Bürofläche im Entwicklungszentrum Weissach.
Hard- und Software sind bei der Fahrzeugentwicklung untrennbar verbunden. So verantwortet Steiner auch künftig die Entwicklung von Fahrerassistenzfunktionen oder Funktionen beim autonomen Fahren. Ebenso die Elektrik- und Elektronik-Architektur und Infrastruktur für das Gesamtfahrzeug. „Es gibt keinen einzigen Bereich in meinem Ressort, der seine Ergebnisse nicht in enger Verzahnung mit Bereichen von Sajjad erreicht“, sagt Steiner. „Das gilt auch umgekehrt“, unterstreicht Khan, „die Innovationskraft wird enorme Wirkung entfalten, wenn wir die Ideen gemeinsam in unseren Teams entwickeln.“
Was Kundinnen und Kunden heute in anderen Welten erleben, wollen sie auch im Auto haben. Michael Steiner, Vorstand Forschung und Entwicklung
Den Sportwagen der Zukunft gemeinsam gestalten – das bedeutet auch, ständig wachsende Anforderungen zu erfüllen. Dazu zählen neue Antriebstechnologien, neue rechtliche Rahmenbedingungen und regionale Besonderheiten. Gleichzeitig geht es um die Erwartungen der Kundschaft hinsichtlich Performance, Sicherheit, Komfort, Konnektivität und Infotainment. Exemplarisch zu nennen sind Routenvorschläge des Navigationssystems mit Echtzeit-Informationen ebenso wie der intelligente Charging Planner für die rein elektrischen Sportwagen von Porsche. Oder die Möglichkeit, Playlists vom Smartphone direkt im Fahrzeug abspielen zu können. Dieser Trend zur Interaktion mit dem Fahrzeug wird sich massiv verstärken. Ebenso ist es heute nötig, Updates und neue Funktionen auch nach dem Kauf des Fahrzeugs bereitzustellen. Das Smartphone als persönlichen Begleiter sieht Steiner in diesem Bereich als Vorbild. „Was Kundinnen und Kunden heute in anderen Welten erleben, wollen sie auch im Auto haben.“
„Die Erwartungen wachsen mit den technischen Möglichkeiten“, bestätigt Khan. „Wer etwa in seinem Haus über Smart-Home-Funktionen verfügt, möchte diese auf der Heimfahrt aktivieren.“ Ähnliches gilt für die vielfältigen mobilen Entertainment-Angebote. Das vernetzte Fahrzeug wird zunehmend zu einer Kommunikationszentrale. Allerdings mit starken regionalen Differenzierungen. „Chinesische Kunden nutzen eigene digitale Ökosysteme und Plattformen für Nachrichten, Chats, Entertainment und Bezahlung“, so Khan, „dem müssen wir als globale Marke Rechnung tragen.“ Sein Ressort ist im Lead in Bezug auf den R&D-Satelliten in China. In anderen Weltregionen sind wiederum andere Ökosysteme interessant. „Deshalb kommen, je nach Markt, unterschiedliche Kooperationen infrage“, erklärt der Car-IT-Vorstand. „Wir integrieren die digitalen Ökosysteme von Partnern, wo es sinnvoll ist. Gleichzeitig wissen wir genau, wo wir die Souveränität über Systeme und Daten behalten wollen.“ Diese Strategie beschreibt Khan mit Cooperate and Compete: „Wir kooperieren mit den großen Tech-Playern, aber wir haben auch den Anspruch, unsere eigenen Themen sehr gut umzusetzen.“
Denn vor allem beim Fahrerlebnis gibt es keine Kompromisse: „Ein Porsche muss sich auch künftig wie ein Porsche fahren“, betont Steiner. „Das bleibt ein zentrales Differenzierungsmerkmal. Beispielsweise sind unsere Modelle dafür bekannt, dass sie sehr gut bremsen und sich dabei präzise kontrollieren lassen.“ Bei den Verbrennermodellen wird verzögert, indem die Bewegungsenergie des Fahrzeugs an den Radbremsen durch Reibung in Wärme umgewandelt wird. Bei rein elektrischen Fahrzeugen wird hingegen zum allergrößten Teil über die sogenannte Rekuperation gebremst. Dabei wird die Bewegungsenergie des Fahrzeugs über die E-Maschinen in elektrische Energie umgewandelt. Dennoch bleibt das Porsche-typische Bremsgefühl erhalten. „Das zeigt, wie wir die traditionelle und digitale Welt verbinden“, erklärt Steiner.
Unsere traditionellen Tugenden und Fähigkeiten erweitern wir um die Innovationen aus der digitalen Welt. Sajjad Khan, Vorstand Car-IT
„Der klassische mechanische Bereich und die Software müssen so ineinandergreifen, dass Qualität und Innovation auch weiterhin überzeugen“, meint Khan. Er bezieht das nicht nur auf Technologien und Systeme im Fahrzeug, sondern auf die gesamte Umgebung. „Es betrifft auch die Cloud- und App-Thematik.“ Schon lange entwickeln sich Fahrzeuge zu rollenden Hochleistungscomputern. Immer mehr Steuergeräte ermöglichen neue Funktionen und damit neue Fahr- und Komforterlebnisse. Die wachsenden Datenmengen eröffnen auch den Entwicklerinnen und Entwicklern stark erweiterte Möglichkeiten und treiben die Innovationen in der Automobilindustrie voran.
Für die Zukunft erwarten Khan und Steiner, dass Funktionen der künstlichen Intelligenz verstärkt im Fahrzeug Einzug halten. Die Konversation mit dem Fahrzeug über natürliche Sprache ist im asiatischen Raum schon jetzt ein sehr großes Thema und wird auch in den übrigen Weltregionen rasch zum Standard werden. Für denkbar halten beide auch, dass ein intelligentes Auto durch entsprechende Sensorik Fahrer und Passagiere erkennt und auf ihre Bedürfnisse reagiert. Auch intelligente Assistenzsysteme für teil- oder sogar hoch automatisierten Betrieb sind für Porsche nicht tabu. „Alles, was das Fahren angenehmer und sicherer macht, wird irgendwann nachgefragt werden“, ist Steiner überzeugt, „selbst wenn unsere Sportwagen nach wie vor für den Fahrspaß gebaut werden.“ Das ist für ihn kein Widerspruch. Auch im Zeitalter der Digitalisierung identifiziert er noch genügend Differenzierungsmöglichkeiten für Porsche. „Wir müssen den Begriff des intelligenten Fahrzeugs für uns so definieren, dass die Kundinnen und Kunden mitgehen“, fügt Khan hinzu. „Das funktioniert aber nur, wenn wir uns weiterhin treu bleiben.“
Tradition und Fortschritt, Kontinuität und Innovation gehören bei Porsche untrennbar zusammen – da sind sich Sajjad Khan und Michael Steiner einig.
Big Data
Fahrzeuge werden zu rollenden Hochleistungscomputern. Das zeigen auch die Datenmengen, die durch sie fließen. Künftig werden vor allem hoch automatisierte Fahrfunktionen für explodierende Datenraten sorgen. Der Einsatz von Daten in der Entwicklung dürfte sich weiter beschleunigen, denn wachsende Datenmengen und neue Technologien wie Quantencomputer werden den Ingenieurinnen und Ingenieuren neue Perspektiven eröffnen – und der Kundschaft ungeahnte Fahrerlebnisse.