Seine erste Fahrt im neuen Taycan war vor einigen Monaten. Eine kurze Runde nur und doch hat sie Spuren hinterlassen. Sowohl beim Entwicklerteam, das ihm damals genau zugehört hat, als auch bei Walter Röhrl selbst: „Es ist eine aufregende Zeit, der Fortschritt hat ein wahnsinniges Tempo. Ich bin gespannt, was sich im Vergleich zum letzten Mal getan hat.“
Kaum hat sich der Konvoi an der Werkspforte des Porsche-Entwicklungszentrums in Weissach in Bewegung gesetzt, schon ist der noch getarnte schwarze Taycan beinahe aus dem Sichtfeld verschwunden. Der Cayenne des Kamerateams hat mehr als Mühe zu folgen und sofort ist jedem klar, dass Walter es wirklich ernst meint. Er möchte das Fahrzeug testen.
Ein paar Kilometer später treffen wir ihn auf einem Waldparkplatz wieder – er hat angehalten, um uns aufholen zu lassen – und sein Blick spricht Bände.
Wie ist der erste Eindruck?
WR: Es ist ein Wahnsinn, so eine Performance hatte ich in all meinen Rallyejahren nicht. Der Taycan geht so gut vorwärts, es ist wirklich toll.
Wie fühlt sich der Porsche Taycan an?
Ich bin überrascht, das hohe Gewicht merkt man ihm kaum mehr an. Die Ingenieure haben da eine tolle Abstimmung gefunden und den tiefen Schwerpunkt bestmöglich genutzt. Beim Einlenken und selbst auf der Bremse fühlt er sich wunderbar an.
Wo finden Sie die Porsche-DNA wieder?
Wenn ich mit verbundenen Augen fahren müsste, dann wüsste ich trotzdem sofort, dass ich in einem Porsche sitze. Die Gewichtung und das Gefühl der Lenkung, ja selbst die Bremse, die ja durch die Kombination von Rekuperation und herkömmlicher Bremse viel schwieriger abzustimmen ist, ist auf den Punkt. So wie man es bei einem Porsche kennt.
Auf dem Parkplatz hat sich neben Robert Meier, dem Projektleiter Gesamtfahrzeug, nun auch Ingo Albers als Fahrwerkschef des neuen Taycan in die Diskussion mit Röhrl eingeklinkt. Das Lob, dass die Rallye-Legende im Interview ausgesprochen hat, macht sie sichtlich stolz und doch achten sie im Gespräch auf jedes kleine Detail. Schnell geht es neben dem Ansprechverhalten der Bremse auch über generelle Themen wie Kühlung des Batteriepakets, Energieaustausch zur Innenraumheizung und durchschnittliche Abwärmeleistungen bei verschiedensten Fahrprofilen.
Man merkt, dass Walter Röhrl sich kritisch mit dem Thema Elektromobilität auseinandersetzt und entsprechend viele Fragen an das Team hat. Doch er ist auch überrascht, wie viele überzeugende Antworten er heute, lange vor Marktstart, schon bekommen hat und wie sehr ihn das Produkt in dieser Entwicklungsphase bereits überzeugt.
Was beeindruckt sie am meisten am Taycan?
WR: Wie wenig ich tatsächlich das Motorengeräusch vermisse. Ich hätte nie gedacht, dass das Fehlen jedes Antriebsgeräusches überhaupt keinen Verlust bedeutet. Im Gegenteil, die Ruhe hier im Taycan ist wirklich sehr angenehm und auf seine ganz eigene Art ein Erlebnis.
Worin unterscheidet sich der Taycan vom konventionellen Fahrerlebnis am meisten?
Bei der Performance, wirklich. Selbst in meinen wildesten Rallye-Autos hatte ich keine derartige Leistung zur Verfügung. Und diese unmittelbare Verfügbarkeit, diese spontane Reaktion, das macht jedes Mal wieder große Freude.
Wo sieht ein Walter Röhrl weiteren Raum für Entwicklungen auf dem Weg zur Serie?
Am Auto selbst wenig, da sind sie schon auf einem wirklich großartigen Niveau unterwegs. Nach meinem Dafürhalten dürfte man aber bei der Infrastruktur noch ein bisschen Gas geben – denn ich werde ja schon verrückt, wenn an der Zapfsäule jemanden vor mir steht und ich warten muss.
Dass die 800 Volt-Architektur des neuen Taycan ihm mit bis zu 350kW-Ladeleistung hier sehr entgegenkommt, hört Röhrl gerne. Denn wenn er damit in vier Minuten bis zu 100 Kilometer Reichweite nachladen und so auch Langstrecken ohne stundenlange Ladepausen zurücklegen kann, dann wird das Thema Elektromobilität selbst für ihn interessant.