Hans Herrmann hat seine Karriere nicht nur in einem Porsche (917 KH) beendet, sondern 1952 auch in seinem Porsche (356 A 1500) begonnen – als Privatfahrer. Seit dieser Zeit haben sich die Technik und die Sicherheit im Rennsport erheblich verbessert. Zu Gunsten der Fahrer. Denn auch Hans Herrmann und seine Kollegen erreichten Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 384 km/h. Tödliche Unfälle gehörten deshalb früher zum Alltag, der 87-jährige Herrmann erinnert sich: „Am Start hat man sich oft überlegt: Wen trifft es heute?“
Um die technischen Errungenschaften wie Kleidung und Sicherheitsmaßnahmen beneidet Hans Herrmann die jetzigen Fahrer, um die vielen Knöpfe im Cockpit nicht. Damals waren die Fahrer auf der Strecke auf sich selbst gestellt, heutzutage unvorstellbar. Die Box bestimmt die Strategie, der Fahrer ist gläsern und ständig mit seiner Boxencrew in Kontakt. Früher hatte das Teammanagement keine Ahnung, was die Fahrer auf der Strecke machten. „Wir hatten mehr Einfluss und bekamen keine Anweisungen. Das war technisch gar nicht möglich. Wir mussten alles selbst spüren und uns das Rennen einteilen“, erklärt Herrmann.
Die Fahrer - damals nur zwei pro Auto – waren völlig auf sich gestellt. Die Schlussphase der 24 Stunden von Le Mans 1969 ist ein gutes Beispiel dafür. Der Stuttgarter Hans Herrmann im Porsche 908 Langheck und der Belgier Jacky Ickx im Ford GT40 lieferten sich ein Kopf an Kopf Rennen um den Sieg, Herrmanns Bremsbeläge vorne „waren schon bis aufs Blech runter“. An die Box ist er trotzdem nicht gefahren. „Die Entscheidung lag allein bei mir. Ich dachte, der Jacky kann ja auch ein Problem bekommen. Deshalb blieb ich draußen,“ erzählt Herrmann. Am Ende gewann Jacky Ickx mit circa 100 Meter Vorsprung.
Ein Jahr später bestritt Herrmann an gleicher Stelle das letzte Rennen seiner Karriere – Le Mans 1970 – und gewann zusammen mit dem Briten Richard Attwood. Es war der erste von 16 Le-Mans-Titeln für Porsche. „Dass ich genau ein Jahr nach dem knapp verpassten Sieg in Le Mans gewinnen konnte, war natürlich speziell“, sagt Herrmann. Und das bei seinem letzten Start als Profirennfahrer – er hatte es seiner Frau vor dem Start versprochen: „Es war sehr bewegend, dass diese vielen Faktoren im Jahr 1970 zusammenkamen.“
Nicht nur auf der Strecke, sondern auch bei der Vorbereitung waren die Fahrer sich selbst überlassen. Nahrungs- und Trainingspläne gab es nicht. Herrmann hat im Stuttgarter Boxverein SV Prag seine Reaktion und Schnelligkeit trainiert. Richard Attwood, Herrmanns Copilot, beschreibt die Vorbereitung so: „Wir haben halt geschaut, dass wir so fit wie möglich anreisen, um den Job richtig machen zu können.“
Herrmann hat seinen Job 18 Jahre lang richtig gemacht. Er ist der einzige deutsche Rennfahrer, der die vier großen Klassiker seiner Zeit gewonnen hat: die 24 Stunden von Daytona, die zwölf Stunden von Sebring, die 1000 Kilometer von Paris und die 24 Stunden von Le Mans.