Einmal um den Globus

Mit dem Einsatz der beiden 919 Hybrid bei den Überseerennen der FIA Langstrecken-WM bewältigt das Porsche Team nicht nur sportlich permanent neue Herausforderungen. Auch die Logistik verlangt dem LMP1-Neueinsteiger einiges ab.

Insgesamt addiert sich die Reiseroute in der zweiten Saisonhälfte der WM mit den Destinationen Austin (Texas, USA), Fuji (Japan), Shanghai (China), Sakhir (Bahrain) und Sao Paulo (Brasilien) auf rund 40.000 Kilometer – das entspricht dem Erdumfang. Die Luftfracht des Porsche Teams für diese Rundreise summiert sich auf 35 Tonnen. Dennoch: Mitgenommen wird nur das Nötigste. Auf eine eigene Hospitality zum Beispiel verzichtet das Werksteam. Gegessen wird in der Fahrerlagerkantine.

Luftfracht ist kompliziert. Wie bei einem Tetris-Spiel muss optimal geschachtelt werden, um den vorhandenen Frachtraum inklusive seiner Schrägen auszunutzen. Die Grundfläche der Porsche-Fracht ist durch zwölf Einheiten definiert. Jede misst 304 mal 230 Zentimeter und sollte beladen nicht mehr als 3000 Kilogramm wiegen, sonst werden Zusatzkosten zur Pauschale fällig. Dass es zwölf Einheiten sein müssen, wurde Monate im Voraus errechnet.

Perfekte Organisation ist von größter Bedeutung

Damit sich auf dieser Fläche alles, was auf der mehrere tausend Positionen umfassenden Frachtliste steht, verstauen lässt, wurde bei jeder Anschaffung – ob Werkzeugschrank, Helmverpackung oder Motorenkiste – die Tetris-Tauglichkeit bedacht. Und es gilt wie bei jedem Umzug: Das, was man vor Ort als erstes benötigt, sollte auch als erstes greifbar sein. Ein Dreitonnencontainer ist in einer von Fracht vollgestellten Boxengasse eine recht unverrückbare Tatsache. Nur perfekte Organisation ermöglicht den zeitgerechten Garagen- und damit den Fahrzeugaufbau.

Die Luftfracht reist mit einer von DHL gecharterten Boeing 747 der Atlas Air und in
Gesellschaft des Equipments anderer WEC-Teams. Abflug war in Frankfurt-Hahn am 11. September zu den Flughäfen Austin, Tokio, Shanghai, Manama und Sao Paulo. Das LMP1-Team von Porsche konnte in der Debütsaison naturgemäß nicht auf Vorhandenes zugreifen. Es wurden zehn maßgefertigte Container angeschafft: sechs oben abgeschrägte – genannt Q7, zwei flachere mit der Bezeichnung Q6 und zwei für den unteren Frachtraum geformte Behälter (Winged Lower). Sie sind effizienter als alles Handelsübliche und sparen jede Menge Verpackungsmaterial im Vergleich zu herkömmlichem Stapeln auf Paletten.

Auch der Zoll hat ein Informationsbedürfnis

Allein jeder Q7 des Porsche Teams ist um 120 Kilogramm leichter als die gleich großen in der Formel 1 gebräuchlichen Container. Er kann auch ohne Sicherungsnetz geladen werden, das ergibt weitere 1,3 Zentimeter Ladehöhe. Zehn leichte Aluminiumcontainer also. Die übrigen zwei Paletten nehmen Großteile auf wie das passgenaue Flightcase mit dem Rumpf des Ersatzchassis oder die 100 Felgen.

Jede der zwölf Einheiten trägt ein auf der Welt einzigartiges Nummernschild, und
jedes innen verpackte Teil ist mit einem QR-Code ausgestattet – per Scanner wird erfasst, was sich wo aufhält. Diese penible Ordnung ist nicht nur der Kosten- und Arbeitseffizienz geschuldet. Auch der Zoll hat ein Informationsbedürfnis. Ob die Seriennummern der 120 Funkgeräte, die Anzahl der mitgenommenen Fahrwerksteile, Schraubenpäckchen oder Klebebandrollen – Porsche betreibt großen Aufwand, um alles zuverlässig zu dokumentieren. Das eingeführte Material muss auch wieder ausgeführt werden. Die Container werden geröntgt, und selbstverständlich kann der Zoll sie auch jederzeit komplett auspacken. Ein zeitlicher Puffer ist eingeplant.

Die beiden Porsche 919 Hybrid werden gut verpackt

Die Protagonisten dieses Unterfangens, die beiden Porsche 919 Hybrid, passen
nicht auf Paletten und werden im Flugzeug auf extra Car Racks verzurrt. Alle Flüssigkeiten sind abgelassen, empfindliche Karosserieteile wie Außenspiegel und Flügel anderswo sicher verpackt, bestückt sind die Rennwagen mit einem Satz ausgedienter Pneus.

Zwischen den Rennen treten einzelne Komponenten, beispielsweise die Zweiliter-
Vierzylinder-Turbo-Motoren zwecks Revision, Gabelflüge nach Deutschland an. Gefahrgut geht extra. Dazu gehören Leime, Harze, Spraydosen und die Lithium-Ionen-Batterien für den innovativen Hybridantrieb. Die Prototypen-Batterien brauchen vor Reiseantritt sogar die Genehmigung der Luftfahrtbundesämter der verschiedenen Staaten. Dass Porsche über eine beträchtliche Hybrid-Erfahrung verfügt, hilft dem Rennteam bei den Abläufen. Zeitintensiv sind die Vorgänge dennoch. Außerdem müssen Gefahrgüter vor und nach jeder Reise 48 Stunden in einem gesicherten Raum ruhen. Den Kraftstoff liefert Porsche-Partner Shell, sämtliche Öle und Schmierstoffe bringt Exxon Mobile1 zur Rennstrecke. Michelin sorgt für die Reifen.

Verschifft werden preiswerte, aber schwere Teile des Equipments

Manches transportiert das Team auch per Seefracht. Das ist erheblich günstiger,
aber auch ungleich langsamer. Das im August eingeschiffte Material kommt erst im Januar 2015 zurück. Dann gleich doppelt und dreifach. Denn aufgrund der großen Distanzen sind auf den Weltmeeren drei Sätze Seefracht unterwegs. Verschifft werden preiswerte, aber schwere Teile des Equipments. Stählerne Absperrpfosten zum Beispiel. Anstatt 20 dieser bleischweren Tensatoren um die Welt zu fliegen, ist es günstiger, 60 Stück zu kaufen und auf Schiffe zu verladen. Es geht immer um Effizienz und Wirkungsgrad.

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