Sie nennen ihr Projekt „Brain Driver“, die Hirnforscher an der Freien Universität Berlin, und beweisen, wie frei Gedanken sein können – auch wenn ihr Konstrukt derzeit noch banal wirkt: Ein Mensch mit einer Art Kappe auf dem Kopf steuert kraft seiner Gedanken ein Automobil. 16 Sensoren, befestigt an einem Helm, der ein wenig an Science Fiction von gestern erinnert, messen die Gehirnströme des Probanden. Er denkt also rechts, links, bremsen oder beschleunigen – und das Auto fährt nach rechts, nach links, bremst oder beschleunigt. Diese Art Gedankenspiel funktioniert bei Tests auf abgesperrter Strecke schon recht zuverlässig. Aber ist das wirklich die Zukunft des Autofahrens?
Porsche-Fahren ist seit jeher ein Erlebnis mit Hirn, Hand und Fuß. Nie könnte es anders sein. Das Erleben ist wichtig. Der Weg ist das Ziel. Die derzeitige Vorstellung von der Zukunft der Mobilität aber fußt auf der Autonomie des Systems. In dieser Zukunft spielt nicht der Fahrer die entscheidende Rolle, sondern das Programm. Man äußert seinen Wunsch, gibt das Ziel an – und wie von Geisterhand soll ein hochautomatisiertes Auto oder eine Drohne den Passagier dank Level 5 ans Ziel bringen.
Vier Befehle reichen aus, um einen Wagen zu steuern
Doch den Berliner Hirnforschern fährt ein ganz anderer Gedanke durch den Kopf: Was, wenn ein winziger Spannungsabfall oder -anstieg im Gehirn ausreicht, um einen Wagen sicher zu steuern? Dazu braucht es nicht mehr als diejenigen Funktionalitäten, die in einem Elektroenzephalogramm, einem EEG, beim Arzt aufgezeichnet werden. Die vier simplen Befehle reichen aus, um einen Wagen zu steuern. Ein Gespräch im Fahrzeug, das Hören von Musik – all das nimmt das System hingegen wie ein Grundrauschen wahr. Es beeinflusst die Fahrt nicht. Sensoren am Auto – wie Kameras oder Radar – überwachen die Reise und halten Abstand, wenn die Gedanken doch einmal zu weit abschweifen.
Die Schönheit dieser Zukunft liegt in der Autonomie des Einzelnen. Individualität siegt über das System. Keine Rechnerleistung auf fernen Servern, sondern der eigene freie Geist bestimmt die Richtung. Nur mit Hilfe dessen, was ein Fahrzeug an Bord hat. Kein kleiner Faden einer vernetzten Welt, sondern ein von Sensoren geschützter Kokon, der dem intensiven Fahrerlebnis eine im Wortsinne sensitive Ebene hinzufügt. Dazu könnte ein kleiner Chip an der Schläfe ausreichen, der die Signale der Gedanken an die bordeigene Elektronik sendet.
Was in Zukunft sein wird? Das wissen wir heute nicht. Wir wissen nur, dass wir auch dann einen Porsche fahren möchten. Mit Herz und Hirn – und wenn uns der Sinn danach steht, auch noch mit Hand und Fuß.
Info
Text erstmalig erschienen im Porsche-Kundenmagazin Christophorus, Nr. 385