Geheimsache Weissach: Showcars

Der Bau des Prüfgeländes vor 53 Jahren war der Beginn der Erfolgsgeschichte des Entwicklungszentrums Weissach. Seitdem wurde es kontinuierlich ausgebaut. Eine Serie gibt Einblicke hinter die sonst verschlossenen Türen. Erster Teil: Showcars.

Dass das Entwicklungszentrum Weissach (EZW) streng bewacht wird, hat einen guten Grund: Hier tüfteln Ingenieure an der Technik von morgen, erschaffen die Sportwagen der Zukunft. Besonders geheim ist die Entwicklung von Designstudien, sogenannten Showcars.

„Showcars sind wahrgewordene Träume“, erklärt Michael Behr. „Sie transportieren eine kühne Idee.“ Die kennt er oft schon lange vor den Anderen. So auch in Sachen 918 Spyder. 2009 gehörte er zum Team aus Designern, Experten für Bauraum – genannt Package –, weiteren Fachbereichen und Mechanikern, welches das Showcar schuf.

Die technische Basis entstand heimlich, abgeschirmt vom Rest des EZW, in der Rennabteilung. Speziell dafür wurden alle Schlösser in der Werkstatt ausgetauscht, lediglich die Beteiligten hatten Zugang. „Sogar der Werkschutz bekam nur einen einzigen Schlüssel, eingeschweißt, für den absoluten Notfall“, erinnert sich der 53-Jährige, der 1999 ins Unternehmen kam.

Die Designer können frei agieren

Hinter verschlossenen Türen arbeiten die Experten unter Hochdruck an Designstudien von Porsche. Dafür haben sie oft nur wenige Monate Zeit. Entwicklung im Schnelldurchlauf. Eine Design- und Produktidee manifestiert sich in einer technischen Beschreibung und einem Steckbrief. Daraufhin entsteht ein Maßkonzept, das beispielsweise Breite und Höhe des Fahrzeugs festlegt und für jeden Ingenieur bindend ist.

Auf dieser Basis beginnen die Package-Verantwortlichen und Designer mit ihren Skizzen. „Showcars sind studiolastig“, so Behr. Heißt: Die Optik steht im Vordergrund. Die Designer können frei agieren, Merkmale überzeichnen, limitierende gesetzliche Vorgaben außen vor lassen. Die Studien sollen auf internationalen Messen Aufmerksamkeit auf sich ziehen und die Besucher zum Träumen bringen.

Um Zeit und Aufwand zu sparen, setzt Porsche bei der Entwicklung auf digitale Werkzeuge. Ein Vorteil: Alle Beteiligten können parallel an einem Fahrzeug arbeiten. Das „Simultaneous Engineering“ spielt sich im Porsche Digital Mock-Up (PDMU), einer Datenbank für computerbasierte Konstruktion (CAD), ab. Darin entsteht ein erstes – zunächst leeres – virtuelles Abbild des Fahrzeugs, das am Rechner mit Einzelteilen wie Motor oder Antriebsstrang bestückt wird.

Digitale und reale Werkzeuge möglichst intelligent verknüpft

Der Bauraum muss effizient genutzt werden. Credo: Wo ein Teil ist, kann kein anderes sein. Und wenn doch mal eine „Doppelbelegung“ sichtbar wird? Schließlich durchlaufen Showcars anders als Prototypen keine Package-Checks. Dann passt die Werkstatt die Teile an und kontert mit einem Augenzwinkern: „… im CAD hat’s passt.“ Dieser Schriftzug findet sich als Aufkleber übrigens an jedem aktuellen Showcar von Porsche. Gut versteckt, natürlich.

In der Entwicklung ganz auf echte Fahrzeuge zu verzichten, ist kein Thema. Stattdessen werden digitale und reale Werkzeuge weiterhin möglichst intelligent verknüpft. Wie fühlt und hört sich der Sportwagen an, wie bewegt er sich auf dem Asphalt? Das muss man – und später auch der Kunde – mit allen Sinnen spüren.

Gespürt hat die Öffentlichkeit 2009 auf dem Autosalon in Genf dann auch, welches Potenzial die Konzeptstudie des 918 Spyder hat. Heute ist das Plug-in-Hybrid-Fahrzeug auf den Straßen der Welt unterwegs. Welcher Supersportwagen dort künftig seine Runden dreht, ist heute noch streng geheim. Vielleicht hat jemand in Weissach ja schon eine Idee.

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