Wir sind genau diese Strecke im 356 Nr. 1 Roadster gefahren. Warum eigentlich?
Weil es Spaß macht. Weil er es kann. Und weil es einfach Sinn macht, mit dem Porsche 356 Nr. 1 Roadster genau die Strecke zu fahren, auf der ihm Ferry Porsche das Fahren lehrte: vom Porsche Werk in Gmünd in Kärnten zum Familiensitz nach Zell am See – und zurück. Im Uhrzeigersinn. Hin über den Großglockner, heim über den Katschbergpass. Oder umgekehrt. Eigentlich egal, Hauptsache er darf die 35 PS seines Vierzylindermotors so unprätentiös wie damals auf den Asphalt bringen. Mehr will er nicht, der silberne Purist. Nur fahren.
Also schnackt er unbeschwert vor sich hin, hält den gröbsten Wind mit seiner winzigen, geteilten Scheibe ab und lässt sein unsynchronisiertes Getriebe knacken, wann immer er möchte. Weil er es darf. Nummer 001 eben. Und dann heißt es: Gefühl beweisen. So lange, bis man denkt, dass keine Kurve zu eng und kein Radius zu klein ist. Bis er einen wieder herausfordert, zum Tanz mit 585 Kilo. Und man plötzlich daran erinnert wird, dass er keinen Anker wirft, wenn man mit Schmackes auf die Bremse tritt. Weil er der erste Porsche Prototyp mit dem Namen Porsche ist. Weil er alt ist, der Vorgänger des 901.
Seine Straßenzulassung und das Nummernschild K45-286 erhielt er am 8. Juni 1948. Gebaut von Ferry Porsche, Chefkonstrukteur Karl Rabe und dessen Team, in aufwändiger Handarbeit. Aus VW-Teilen, eh klar. Mit dem Arbeitstitel »VW-Sport« und dem Käfer-Motor direkt vor der Hinterachse, wie es sich für einen Renner gehört. Perfekt für die Bodenhaftung bis 135 km/h. Perfekt für den Kurventanz zwischen wintersportbeliebten Dreitausendern und Wanderidylle. Perfekt zum Träumen.
Porsche Typ 356 Nr. 1
MOTOR: Vierzylinder-Volkswagenmotor
HUBRAUM: 1,13 Liter
LEISTUNG: 35 PS (26 kW)
DREHMOMENT: 69 Nm bei 2.600 U/min
VMAX: 135 km/h (140 km/h mit abgedecktem Beifahrersitz)
GEWICHT: 585 kg
Was brauche ich?
- Mütze. Brille. Fensterleder.
- Ehrfurcht, denn mit genau dieser Nr. 1 begann eine wunderschöne Geschichte – die bei Porsche eben nicht im Museum verstaubt.
- Lederhandschuhe, weil es das hauchdünne weiße Lenkrad verdient hat, würdevoll umklammert zu werden.
Mit welchen Problemen muss ich rechnen?
- Mit der traurigen Gewissheit, dass es den 356 nie wieder geben wird. Der letzte seiner Art lief 1966 vom Band.
- Beim Zwischenstopp mit Hobby-Fotografen, Besserwissern und Karosserie-Antatschern.
- Mit Regen. Aber dafür gäb’s ja die Mütze für den Kopf oder das Notverdeck. Wobei Regen ja nicht wirklich eine Not ist.
Was sollte ich mindestens einmal machen?
- Im Schloss Prielau in Zell am See bei Sternekoch Andreas Mayer einkehren.
- Beim Gipfelkreuz am Aineck kurz innehalten.
- Einen Abstecher zu den Krimmler Wasserfällen. Einfach so. Hat nichts mit Porsche zu tun. Außer, dass sie beliebt sind.
Worauf muss ich verzichten?
- Auf einen dampfenden Kühler. Weil Luft nun einmal nicht kochen kann.
- Hoffentlich auf Sandsäcke, wenn es den Katschbergpass hochgeht. Die benötigte Ferry Porsche im März 1948 nur, um das Gewicht der Karosserie auf dem nackten Fahrgestell des 356 Nr. 1 zu simulieren.
- Auf Türgriffe. Lieber an der Schnur ziehen und dabei laut und deutlich das Wort A-e-r-o-d-y-n-a-m-i-k sprechen.
Soundtrack?
- Eine rollende Geschichtsstunde gibt es nur mit purem Porsche Klang.
- Das leichte Knacken im unsynchronisierten Getriebe.
- Der unbeschreibliche Sound der mechanischen Trommelbremsen beim Anpressen der Bremsbacken.
Info
Text erstmalig erschienen in „rampclassics", Ausgabe 4
Text: Christina Rahmes