Florian, zwei Siege in drei Rennen für den Porsche 99X Electric. Ein perfekter Saisonstart?
Florian Modlinger: „Perfekt wären drei Doppelsiege gewesen. Doch Mexiko mit dem Erfolg von Pascal und Diriyah, wo Jake Dennis von unserem Kundenteam Andretti Formula E gewann, waren natürlich zwei starke Auftaktrennen für den Porsche 99X Electric. Damit können wir sehr zufrieden sein. Den Weg zu einem dritten Sieg haben wir uns mit einer schlechten Startposition selbst verbaut. So sprechen wir von einem guten Saisonstart.“
Das erste Rennen einer Saison zu gewinnen, ist das mehr als nur die Bestätigung dafür, dass man zwischen den Jahren gut gearbeitet hat?
Florian Modlinger: „Es ist Motivation und Bestätigung. Doch auch nach diesem Erfolg arbeiten wir hart daran, unser Gesamtpaket immer weiter zu verbessern. Das tut unsere Konkurrenz auch. In der Formel E liegen alle Teams und Fahrer sehr eng zusammen, und oft ist es die Streckencharakteristik, die über den Erfolg entscheidet. Die Rennen in Mexiko und Diriyah waren für uns die Bestätigung dafür, dass wir auf diesen Streckentypen konkurrenzfähig sind und wir für die Saison über ein gutes Gesamtpaket verfügen.“
Durch die Absage des Rennens in Indien entstand eine ungewöhnlich lange Pause von sieben Wochen. Wie habt ihr diese Pause genutzt?
Florian Modlinger: „Ich bin kein Fan von allzu langen Pausen. Wir sind es gewohnt, unter Druck in einem festgelegten Rhythmus zu arbeiten. Auch für die Formel-E-Fans finde ich so eine lange Zeit ohne Rennen nicht gut. Aber manchmal sind Änderungen im ursprünglichen Rennkalender nicht zu vermeiden. Wir haben die Pause so gut wie möglich genutzt, haben Diriyah nachbereit und São Paulo vorbereitet mit unseren Standardprozeduren. Da es nach São Paulo sehr intensiv fast im Zwei-Wochen-Rhythmus weitergeht, haben wir der Mannschaft eine Erholungspause und Zeit mit der Familie gegeben. In der Formel E gibt es neben dem technischen und dem sportlichen auch ein finanzielles Reglement, also eine Kostenobergrenze, in der auch jede Arbeitsstunde der Teammitglieder berücksichtigt wird. Aus diesem Grund haben wir uns so aufgestellt, dass wir diese Rennpause sowohl für die Verbesserung der Performance als auch mit Blick auf die finanziellen Rahmenbedingungen bestmöglich genutzt haben.“
Wie bewertest Du die erste Saison mit Ihrem Kundenteam Andretti Formula E? Wie funktioniert der Austausch?
Florian Modlinger: „Uns ging es von Anfang an um eine offene und transparente Kooperation. Damit wollten wir sicherstellen, dass beide Teams die gleiche Ausgangsbasis haben und wir uns mit unseren vier Porsche 99X Electric gegenseitig Daten liefern können, wovon beide Teams profitieren. Die spannenden und harten Rennen, die sich Pascal vom TAG Heuer Porsche Formel-E-Team und Jake von Andretti Formula E im Saisonverlauf lieferten, haben uns in unserem Ansatz bestätigt und uns diese Kooperation weiter intensivieren lassen. Nach der ersten gemeinsamen Saison haben wir uns nochmal offen miteinander auseinandergesetzt. Dabei sind wir übereingekommen, die offene und transparente Zusammenarbeit so weiterlaufen zu lassen, um beiden Teams mit dem Porsche 99X Electric das bestmögliche Endresultat in der Weltmeisterschaft zu ermöglichen.“
Während Pascal Wehrlein in Mexiko gewonnen und in Diriyah gepunktet hat, ist sein Teamkollege António Félix da Costa noch ohne Punkte. Wie könnt ihr ihm aus diesem Tief heraushelfen?
Florian Modlinger: „Wir arbeiten mit António intensiv daran. Nach drei Saisonrennen ohne Punkte dazustehen, ist eine Enttäuschung für ihn und auch für uns. Wir haben ein konkurrenzfähiges Auto und António hat in der Vergangenheit mit verschiedenen Fahrzeugen in allen möglichen Meisterschaften bewiesen, dass er Rennen gewinnen kann. Wir konzentrieren uns darauf, mit ihm speziell an der Pace auf eine Runde zu arbeiten, was bedeutet: Wir müssen im Qualifying mit ihm uns weiter vorn platzieren. Im vergangenen Jahr hat er in einigen sensationellen Rennen gezeigt, wie er sich durch den Verkehr kämpfen und Positionen gutmachen kann. Das Überholen war in den ersten drei Rennen dieser Saison sehr schwierig, deshalb konnte er da auch nicht seine starke Renn-Performance zeigen.“
Wie groß ist die Hoffnung, dass er in São Paulo zu alter Stärke zurückfindet?
Florian Modlinger: „In São Paulo hat António im vergangenen Jahr als Zweiter sein bestes Qualifying-Resultat abgeliefert. Das wird ihm nochmal den nötigen Push geben zu zeigen, was er kann. Auch für das Team ist das enorm wichtig, denn klar ist: Wir müssen diese letzten zwei, drei Zehntelsekunden auf einer Qualifying-Runde finden, weil wir als Team zwei Fahrzeuge konstant in den Punkten brauchen, um in dieser stark besetzten Weltmeisterschaft um alle Titel mitfahren zu können.“
Wie siehst Du das Kräfteverhältnis in der Formel E nach der ersten Saison mit den neuen Gen3-Autos?
Florian Modlinger: „In einer so engen und hart umkämpften Weltmeisterschaft mit einem Reglement, das viele Einheitsteile vorschreibt, ist es anspruchsvoll, sich einen technologischen Vorsprung zu erarbeiten. Als Hersteller können wir nur wenige Elemente der Autos selbst entwickeln. In der vergangenen Saison hatten Jaguar und wir das beste Paket und konnten uns dadurch von den anderen Herstellern etwas absetzen. Die Hardware in dieser Saison ist die gleiche, so dass wir uns darauf konzentrieren, von Rennen zu Rennen an der Optimierung unserer Systeme und der Software zu arbeiten. Damit versuchen wir, unseren kleinen Vorsprung zu halten. Der Saisonstart mit zwei Siegen des Porsche 99X Electric zeigt uns, dass wir auf einem guten Weg sind.“