Konsumgüter: Kunden kennen und mit relevanten Produkten begeistern
„Die Coronakrise birgt eine Vielzahl an Chancen – in der Konsumgüterbranche überwiegen diese sogar. Hier hat sie wie ein Brennglas für bestehende Trends gewirkt und diese verstärkt. Unternehmen, die bereits zuvor einen hohen Grad an digitaler Kompetenz hatten, konnten deutlich schneller auf die Verlagerung des Geschäfts ins Netz reagieren und stehen nun insgesamt besser da als andere. Für viele bedeutet die Krise einen schnelleren Wandel hin zu mehr direktem Kundenkontakt, etwa über Onlineshops oder Social Media.
Die Extremsituation hat außerdem deutlich gezeigt, welche Angebote aus dem Portfolio für die Kunden wirklich relevant sind. Beides führt zu einem besseren Verständnis der Kunden und letztlich zu besseren Produkten. Die gestiegenen Anforderungen an nachhaltiges Wirtschaften finden zudem spürbar Eingang in Beschaffungsstrategien und Supply Chains.
Unternehmen der Konsumgüterbranche sollten sich jetzt vor allem darauf fokussieren, die eingeleiteten Veränderungen zu verankern und in die neue Normalität zu überführen. Das erfordert Mut zu einer stärkeren Kundenzentrierung, schnellerem digitalem Wandel und einer konsequenten Professionalisierung von Abläufen sowohl bei den Operations als auch in den Verwaltungsbereichen. Veränderungsbereitschaft und die Fähigkeit, eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen, sind für einen tiefgreifenden Wandel essenziell – auch deshalb ist es jetzt ein idealer Zeitpunkt, sich für die Zukunft fit zu machen. Dazu müssen die Unternehmen ihre Markenposition und ihre Werte kritisch betrachten und sich neu ausrichten.
Sicher ist, im Konsumgüterbereich wird es künftig nicht mehr so sein wie vor der Krise. Kundenzentrizität, Digitalisierung, Direktverkauf, Multichannelfähigkeit und Nachhaltigkeit sind zu unumstößlichen Voraussetzungen für unternehmerische Erfolge geworden. Die Branche wird in Zukunft von den Unternehmen gestaltet, die den Wert von Informationen erkennen und dafür nutzen, ihren Produkten noch mehr Bedeutung und Sinn zu verleihen.“
Dos & Don’ts
Konsumgüterunternehmen
+ Veränderungsbereitschaft nutzen: Jetzt ist die Zeit für Wandel!
+ Fokus auf das Wesentliche: Eine Bereinigung der Sortimente erhöht die Relevanz.
+ Kunden kennen: Kundenzentrizität gelingt nur mit Vernetzung und Daten.
– Riskantes Aufschieben: Abwarten vergrößert nur die Probleme.
– Fehlende Kompetenzen: Mitarbeiter müssen für Neues gewappnet sein.
– Trügerische Sicherheit: Wer glaubt, Kundenwünsche zu kennen, wird schnell überholt.
Finanzbranche: Kosten reduzieren und digitale Customer Journeys bauen
„In der Finanzbranche hat sich die Coronakrise sehr unterschiedlich auf die Beteiligten ausgewirkt. Verstärkte Risikovorsorge und Kreditausfälle belasten die Banken – insbesondere in Europa, wo viele Institute ohnehin in den letzten Jahren durch niedrige Zinsen rückläufige Ergebnisse zu verzeichnen hatten. Für sie ist die Notwendigkeit zur Kostenreduktion nun noch dringender geworden. Gleichzeitig kommen digitale Services und Prozesse einer Neudimensionierung des Filialnetzes und des Verwaltungsbereichs entgegen: Ob Videoberatung, virtuelle Bezahlverfahren oder papierlose Bearbeitungsprozesse, der Trend zur Digitalisierung hat durch Covid-19 Vorschub bekommen.
Für Finanzdienstleister kommt es darauf an, nicht neue Einzelanwendungen zu schaffen, sondern durchgängig gute digitale Customer Journeys zu bauen – ohne Brüche und Lücken in den Workflows. Hier haben rein digitale Unternehmen mit einer guten Integration von Fintech-Lösungen einen Vorteil vor traditionellen Häusern. Umso größer müssen die Anstrengungen der Sparkassen und Banken sein, sich konsequent auf ihre Kunden zu fokussieren und noch interaktiver mit ihnen zu kommunizieren als bisher. Für sie gilt es auch, die oft jahrelang gewachsene Kundenbasis und das entstandene Vertrauen zu den etablierten Instituten zu nutzen und in die neue digitale Normalität zu überführen.
Im Gegensatz zu Banken müssen Versicherer nicht mit plötzlichen großen Einschnitten bei laufenden Verträgen rechnen – doch auch sie spüren Dämpfer, wie etwa geringere Zahlungen in private Vorsorgeversicherungen. Selbst wenn der Bedarf nach Absicherung künftig steigt, langfristig wird er von denjenigen gedeckt werden, die sich mit digitalen Services voll und ganz auf die Bedürfnisse ihrer Kunden einstellen.
Und noch etwas hat sich durch Corona deutlich gezeigt: Wolkenkratzer und große Gebäudekomplexe, die Wahrzeichen der Finanzdistrikte, verlieren zusehends an Bedeutung. Für viele Unternehmen wurde jetzt der Beweis erbracht, dass Homeoffice funktioniert – mit dem Nebeneffekt, dass Büroflächen deutlich reduziert werden können.“
Dos & Don’ts
Banken und Finanzdienstleister
+ Nähe zu Kunden: Echte Bedürfnisse kennen und verstehen.
+ End-to-End-Digitalisierung: Prozesse ohne Brüche und Lücken schaffen.
+ Kosten reduzieren: Strukturen an verändertes Kundenverhalten anpassen.
– Trägheit täuscht: Langfristige Trends gelten für alle Unternehmen.
– Fehlende Kommunikation: Aktive Ansprache der Kunden passiert zu selten.
– Falsche Prioritäten: Kernprozesse digitalisieren, Spielereien vermeiden.
Restrukturierung im Maschinenbau, Höhenflug im Gesundheitssektor
„Der Einbruch der Weltwirtschaft trifft die Unternehmen für Maschinen- und Anlagenbau hart. Schon vor der Pandemie hatte der Sektor mit schwächelndem Export und den Herausforderungen Digitalisierung und Elektrifizierung zu kämpfen. Nun bricht die Nachfrage in mehreren Segmenten ein: von Produktionsmaschinen für Konsumgüter bis hin zu Werkzeugmaschinen für die Automobil- oder Luftfahrtindustrie. Ein Rückgang der Aufträge von 30 Prozent und mehr ist für viele Maschinen- und Anlagenbauer zu befürchten. Ihnen stehen deutliche Einschnitte bei Kosten und Kapazitäten bevor.
Hoffnung macht, dass diese Branche sich ab 2009 von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise gut erholen konnte. Ein baldiges Zurück zum Niveau vor Corona ist allerdings nicht zu erwarten. Restrukturierungsprogramme bilden daher die Basis für die neue Normalität. Innovationen, neue Produkte und Dienste sowie eine Variabilisierung der Fixkosten und der Lieferketten sind zusätzliche Anforderungen.
Im Bereich Bau und Infrastruktur sind aufgrund der langen Vorlaufzeiten die Auftragsbücher überwiegend noch mindestens bis zum Jahresende 2020 gefüllt. Jedoch trüben sich die Aussichten ein, insbesondere im gewerblichen Bereich. Die Nachfrage nach Wohnraum bleibt weiterhin hoch, weshalb eine Erholung des Bausektors schon im nächsten Jahr möglich scheint. Staatliche Investitionen in die Infrastruktur sind in vielen Ländern eine sichere Basis.
Ganz anders sieht es bei der Medizintechnik und Pharmaindustrie aus. Viele der systemkritischen Unternehmen konnten mit Zuwachsraten von fünf bis zehn Prozent auf den Ausbruch der Pandemie reagieren. Dieses Niveau wird sich zwar nicht auf Dauer halten lassen, aber eine verstärkte Wahrnehmung des gesamten Gesundheitssektors und das große Potenzial neuer Technologien werden den Markt auch weiterhin bestimmen. Unternehmen, die sich als Teil des Ökosystems Gesundheit rund um die Bedürfnisse von Patienten begreifen und entsprechend vernetzte Produkte und Services entwickeln, haben die Nase vorn.“
Dos & Don’ts
Von Industriegütern bis zum Gesundheitssektor
+ Innovationen fördern: Der Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Automatisierung gehören die Zukunft.
+ In Ökosystemen denken: Nicht Medizinprodukte stehen im Mittelpunkt, sondern die Patienten.
+ Neue Geschäftsmodelle finden: Plattformen und digitale Lösungen sind gefragt.
– Zögernder Maschinenbau: Rightsizing und Restrukturierung sind unumgänglich.
– Teure Medizin: Den Preiskampf bei Medikamenten gewinnt das effizientere Unternehmen.
– Langsamer Bau: Die Nachfrage nach Wohnraum ist hoch, aber es mangelt an Innovationen.
Info
Text erstmalig erschienen im Porsche Consulting Magazin.