Da er anonym bleiben möchte, nennen wir ihn Alberto. Begründet liegt seine Faszination für die Stuttgarter Marke in den 70er-Jahren. Aufgrund eines frühen Faibles für Rallyes verfolgte er in dieser Zeit die Erfolge zahlreicher namhafter spanischer Fahrer in 911-Modellen, wie José Manuel Lencina, Eladio Doncel oder Alberto Ruiz Giménez, Spitzname: „El Oso“ („Der Bär“). Von da an wuchs seine Liebe zu Porsche zu wahrer Hingabe, und sein Leben wurde zu einer Abfolge von Ereignissen, in denen die Marke stets die Hauptrolle spielte.
Mehr als 1.000 Porsche im Maßstab 1:43
Albertos Haus könnte genauso gut ein wichtiger Ausstellungsbereich im Porsche Museum sein. Hier finden wir unter anderem mehr als 1.000 thematisch präzise geordnete Modellfahrzeuge im Maßstab 1:43 vor. Auf der einen Seite: die Rennwagen. Auf der anderen: die Rallye-Fahrzeuge, wiederum unterteilt in die der spanischen Meisterschaft und die internationalen. Darunter: die verschiedenen Versionen jeder der acht Generationen des Elfer. Etwas weiter hinten: die ersten 356, die im Geburtsjahr von Porsche 1948 herauskamen, zusammen mit den ersten Prototypen des VW Käfer, dem Projekt von Ferdinand Porsche zur Schaffung des „Volkswagens“.
„Das ist der einzige Lizenzwagen, den ich mir in dieser Sammlung erlaubt habe, denn für mich beginnt Porsche mit dem 356 Nr. 1 Roadster, dem Werk eines wahren Genies und Grundsteinlegers dieses Unternehmens, Ferry Porsche“, betont Alberto. Seine Bewunderung für diese Person ist so groß, dass er schon mehr als einmal mit seiner Familie nach Zell am See in Österreich gepilgert ist, einem Ort, der eng mit dem Namen Porsche verknüpft ist – hier befindet sich das Familienanwesen „Schüttgut“, wo Ferry Porsche bestattet wurde.
„Als ich das erste Mal in Zell am See war, ging ich auf den Friedhof und habe das Grab von Ferry Porsche gesucht. Ich bin wie verrückt umhergelaufen, bis ich erfuhr, dass er in der Kapelle dieses Familienguts bestattet wurde. Ich sagte zu meiner Frau: Wenn ich einmal sterbe, möchte ich, dass du meine Asche hierherbringst“, erzählt uns Alberto lächelnd neben seiner Frau. Merkwürdigerweise hegt sie für die Autos oder ihre Geschichte keinerlei Interesse, aber sie freut sich, ihren Mann glücklich zu sehen, und setzt mit ihm gemeinsam all diese verrückten Pläne um, die er rund um Porsche schmiedet.
Zurück zu den Modellautos: Zweifellos handelt es sich hierbei um eine Art Heiligtum, bei dem nichts dem Zufall überlassen wird. Wir gehen auf eine Ecke des Raumes zu und entdecken dort praktisch alle Porsche, die in der 72-jährigen Geschichte des Unternehmens an den legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans teilgenommen haben. In der Mitte des Raums befindet sich eine perfekt maßgetreue Nachbildung eines Porsche Zentrums, bei der kein Detail ausgelassen wurde: Empfang, Ausstellungsraum, Corporate Identity, Werbeelement und so weiter. „Jedes Mal, wenn er ein neues Modellauto gekauft hat, stellt er es hier in den Händlerbereich und führt eine offizielle Präsentation durch“, erläutert Albertos Frau sehr ernst.
Selbstverständlich steht der Großteil dieser beeindruckenden Sammlung an Modellen im Maßstab 1:43 in maßangefertigten Schränken mit Glasfront. Um sie anzuheben, benutzt Alberto ein paar starke Saugnäpfe, die nur er verwenden darf. Anschauen erlaubt, Anfassen verboten.
„Auf dem Heimweg von der Schule blieb ich sehr oft vor dem Geschäft eines Porsche-Händlers stehen und schaute eine Zeit lang hinein, traute mich aber nicht, es zu betreten.“ Alberto
Auf den Regalen, die überall im Raum angebracht sind, befindet sich das Herzstück der Sammlung, das zusätzlich von Miniaturpflanzen und Straßenlampen mit echtem Licht gesäumt wird. Doch auch wenn alle Objekte im Miniaturformat sind, so mussten mit der Zeit andere Leistenregale hinzukommen. Alberto brachte an diese später ausgeklügelte Plexiglas-Konstruktionen an, um ihre Kapazitäten zu erhöhen – und damit alle dort ausgestellten Modelle auch betrachtet werden konnten.
Zur eigentlichen Sammlung gesellen sich äußerst kuriose Einzelstücke. Wir sehen zum Beispiel eine Nachbildung des 911 von Julio Gargallo genau in dem Zustand, in dem er nach einem schweren Unfall bei einer Rallye in Galicien mitten auf der Straße zurückgelassen wurde. Ebenso außergewöhnliche Modelle wie der Porsche Typ 597 Jagdwagen, der als Ergebnis einer Ausschreibung im Jahr 1953 zur Entwicklung und Fertigung eines leichten Hochleistungs-Geländewagens für die Bundeswehr entstand. Oder die sagenumwobenen Porsche Traktoren und sogar eine Sammlung an Transportern mit originalgetreuer Beschriftung für jede Art von Dienstleistung, die Porsche anbietet.
Viele dieser Modelle bilden ein Miniatur-Schaubild einer kompletten realistischen Szenerie, in denen das Auto zusammen mit Personen und weiteren Gegenständen in einer passenden Umgebung dargestellt wird.
Wie auf einem Porsche-Flohmarkt
Wer nun meint, mit dieser bezaubernden Sammlung an Modellen im Maßstab 1:43 sei die Dekoration eines Großteils des Hauses von Alberto vollständig, irrt sich gewaltig. Neben diesen finden wir, zugegebenermaßen in weniger strenger Ordnung, zahlreiche weitere Reproduktionen in verschiedenen Größen, darunter mehrere Lego-Modelle, und ein schier endloses Sammelsurium an Fundstücken rund um Porsche. Und, wie hätte es auch anders sein können, der Schreibtischstuhl besteht aus einem Original-Sitz von Porsche, an dem Alberto Armlehnen und Stuhlrollen angebracht hat.
Ganz gleich, wohin man blickt, überall gibt es eine besondere Kuriosität zu entdecken, und immer trägt sie den Schriftzug oder das Logo von Porsche. Neben Bildern, Rucksäcken, Gedenkmünzen, Fahnen, Heften, Papierkörben und Kugelschreibern fallen uns Gegenstände wie die Speisekarte des Restaurants im Werk von Zuffenhausen ins Auge, das Alberto zur Abholung seines neuesten 911 Turbo S besucht hatte. „Witzig war, dass meine Frau, mein Bruder, mein Sohn und ich, nachdem wir in einem Cayenne bis nach Stuttgart gefahren waren, ohne den 911 zurückkehren mussten, da es sehr stark schneite“, erzählt der waschechte Marken-Botschafter.
In jedem Fall stellt Stuttgart für ihn ein beliebtes Reiseziel dar, das er seit mehreren Jahrzehnten fast jedes Jahr besucht. „Wir reisen immer mit dem Auto an, damit wir problemlos Bücher und viele andere Souvenirs mit nach Hause nehmen können. Einmal sind wir geflogen, und als wir all diese Dinge am Flughafen aufgaben, trauten die Mitarbeiter der Fluggesellschaft ihren Augen nicht.“
Eine Bibliothek imposanten Ausmaßes
Wer sich von Albertos Modellsammlung beeindrucken lässt, sollte auf keinen Fall seine aus hunderten von Büchern bestehende Bibliothek versäumen, deren gemeinsamer Nenner natürlich auch wieder das Thema Porsche ist. Die Bücher erzählen von der Geschichte der Marke, von einzelnen Straßen- und Rennmodellen, von wichtigen Persönlichkeiten und ganz allgemein von allem, was mit Porsche zu tun hat.
Auf einem Tisch liegt zum Beispiel ein riesiges biografisches und nummeriertes Buch des Fahrers Jacky Ickx, daneben kleine Dosen mit Souvenirs von verschiedenen legendären Rennen, an denen er teilgenommen hat: ein winziges Teil der Karosserie eines Porsche 935, ein Stück Gummi eines Reifens, der beim 12-Stunden-Rennen von Sebring zum Einsatz kam, Wüstensand aus der Ténéré von der Rallye Dakar, etwas Asphalt von der berühmten Mulsanne-Gerade auf der Strecke des 24-Stunden-Rennens von Le Mans sowie ein Original-Randsteinstück vom Großen Preis von Monaco. Nerdiger geht es kaum!
„Jedes Mal, wenn er ein neues Modellauto gekauft hat, stellt er es hier in den Miniatur-Händlerbereich und führt eine offizielle Präsentation durch.“ Ana, Albertos Frau
Neben dem Buch entdecken wir ein Stück Papier mit dem Autogramm von Jacky Ickx – ein Detail, das sich überall wiederholt: Autogramme von Prominenten neben Objekten, die mit ihnen in Verbindung stehen. Darunter, um nur einige zu nennen, die von Wolfgang Porsche, Hans Herrmann und Jochen Mass. „Viele dieser Autogramme musste ich ihm besorgen, weil es ihm peinlich war. Aber ich wusste, welche Freude ich ihm damit bereiten würde“, verrät Albertos Frau mit einer Selbstverständlichkeit, während sie über einen elektrischen Porsche 356 für Kinder stolpert, den wir für den Fotografen aus dem Weg geräumt hatten. Und natürlich fehlen auch die Fahrräder von Porsche hier nicht – werde die echten, noch die im Miniaturformat.
Ein kleiner Junge vor einem Schaufenster
Die etwas mehr als drei Stunden, die wir in diesem „privaten Porsche Museum“ verbrachten, vergingen wie im Flug. Wir bedanken uns bei Alberto und entschuldigen uns wiederholt für unser langes Eindringen in seine Privatsphäre. Alberto teilt noch eine nostalgische Erinnerung mit uns: „Als ich klein war, blieb ich auf dem Heimweg von der Schule sehr oft vor dem Geschäft eines Porsche-Händlers stehen und betrachtete es eine Zeit lang aus der Ferne; ich traute mich aber nicht, näher zu kommen oder hineinzugehen.“
Wir steigen die Stufen zum Ausgang hinunter, wo wir noch einmal vor einem Modell des Porsche innehalten, mit dem Antonio Zanini 1980 die Rallye-Europameisterschaft gewann. „Antonio und ich sind gute Freunde geworden, immer, wenn er in der Nähe ist, ruft er mich an und wir treffen uns. Dieses Poster zum Gedenken an alle Sieger des Jahres hat er von Porsche zugeschickt bekommen, und hier ist auch die Pappröhre, in der es kam. Ein Relikt, das ich von ihm geschenkt bekam. Antonio ist eine Enzyklopädie, und ich liebe unsere Unterhaltungen.“
Auch Alberto ist eine Porsche-Enzyklopädie, und wir hätten noch bis zum Morgengrauen weiter sprechen können, aber es warten noch ein paar Kilometer Fahrt auf uns.
Zu unserem Bedauern ist die Zeit des Abschieds gekommen. Wir erhalten den Auftrag, ihm einen 911 der im diesen Jahr erscheinenden neuen Version – in diesem Fall in Lebensgröße – zu reservieren, damit er ihn der „Spielzeug“-Sammlung in seiner Garage hinzufügen kann.