Heiss auf Eis - der Taycan im klimatischen Extrem

Dunkelheit, Kälte, niedrige Reibwerte auf der Straße – Idealbedingungen fürs Autofahren sehen anders aus. Warum der Taycan auch im Winter keine Performance einbüßt und fahrdynamisch Verbrennern sogar voraus ist, klärt ein Besuch der Porsche Experience im finnischen Levi.

Fünfzehn Wochen pro Jahr verbringt er nördlich des Polarkreises und das merkt man ihm an. Locker antizipiert er jeden kommenden Schwung im stockfinsteren Wald, setzt den Taycan 4S millimetergenau um und beschleunigt mit unglaublichem Druck und noch unglaublicherem Driftwinkel aus jeder Biegung.

Konzentriert sitzt Christian Wolfsried, Entwickungsingenieur Fahrwerk Fahrdynamik – Allradentwicklung und Torque Vectoring, hinter dem sanft beheizten Lenkrad des eisblauen Taycan und schweigt. Nicht, weil es nichts zu erzählen gäbe, sondern weil er weiß, dass das Erlebte so noch deutlich eindrucksvoller ist – denn man hört: nichts.

Taycan 4S, Porsche Experience Levi, Finnland, 2019, Porsche AG

Es herrscht Ruhe. Die totale Ruhe. Der sich meterhoch türmende Schnee schluckt jeden Schall und das wärmende Sonnenlicht der aktuell sehr kurzen Tage hat zusammen mit den wenig zimperlichen Nachttemperaturen aus den Bäumen und Sträuchern des Waldes bizarre Eisskulpturen geschaffen. Fast surreal tanzt der Taycan hinter dem gigantischen Lichtkegel seiner LED-Matrix-Hauptscheinwerfer durch den finnischen Märchenwald und nur ganz entfernt hörst du durch die doppelt verglasten Scheiben das ächzende Grollen der Reifen, wenn sie sich bei Vollgas ins blanke Eis beißen.

Der Geburtsort des Porsche Electric Sport Sound

„Die völlig andere Fahrzeugakustik ist sicher einer der auffälligsten Unterschiede“, so Wolfsried, „deshalb ist die Idee zum Porsche Electric Sport Sound auch bei den m-low-Tests entstanden. Für den Fahrer ist die Intuition eng an die akustische Sensorik gekoppelt. Schon allein, weil man das in den konventionellen Fahrzeugen immer gewohnt war. Das PESS ist also mehr als eine emotionale Spielerei, es bringt in anspruchsvollen Fahrsituationen einen echten Vorteil.“

Mehr noch als nur die akustische Rückmeldung des Fahrzustandes ist die Regelung dessen ein Trumpf des Taycan, den so schnell kein anderes Auto schlägt. Denn wo die Entwickler bisher immer nur Antriebsmoment zwischen den Achsen verteilen konnten, können sie mit der Elektroarchitektur und ihren zwei Motoren erstmals das Moment aktiv stellen. „Den Vorteil der beiden völlig unabhängig voneinander regelbaren Motoren an den Achsen ist kaum zu beschreiben. Es ist, als hätte man vier Gaspedale“, schwärmt Wolfsried. „Wir können mit dem Taycan ganz souverän extreme Schwimmwinkel fahren, denn bei Bedarf können wir die Vorderachse mit Moment beaufschlagen, ohne gleichzeitig durch ein gesperrtes Mittendifferenzial eine durchdrehende Hinterachse zu haben.“

Dass der gesamte Antrieb dabei noch deutlich sauberer zu dosieren sei als in einem vergleichbaren Verbrenner, liegt am unmittelbaren und verzögerungsfreien Ansprechverhalten der Elektromaschinen. 

Taycan 4S, Porsche Experience Levi, Finnland, 2019, Porsche AG

„Allerdings müssen die Vorteile einer mechanischen Verbindung, die bei konventionellen Allradsystemen zwischen den beiden Achsen über eine Lamellenkupplung für maximale Traktion sorgt, über Software dargestellt werden. Dazu wurde die Funktionalität komplett neu entwickelt und auf mehrere Steuergeräte verteilt, um der sehr hohen Dynamik der Antriebe gerecht zu werden“, erklärt Ingo Albers, Projektleiter Fahrwerk für den Taycan.

So erlauben die Pulswechselrichter mit einer Reaktionszeit von 2ms eine bis zu fünf Mal höhere Regelgeschwindigkeit als die bisherigen Systeme. Dabei erfordert der Taycan im Vergleich zu einem 911 oder Panamera auf dem Eis keinerlei Eingewöhnungszeit. Die Regelstrategien des Antriebs blieben analog zum bekannten PTM-System – nur eben von den neuen Möglichkeiten profitierend.

Höhere Regelgeschwindigkeiten durch direkte Anbindung

Gleiches gilt für die Schlupfregelung. Hier sind die Vorteile der direkten Drehzahl- und Momentenregelung allerdings noch größer: „Durch die unmittelbare Einbindung des PSM in den Regelkreis der Pulswechselrichter kann die Antriebsschlupfregelung nicht nur zehn Mal schneller als bisher ausgeführt werden, sondern auch noch harmonischer im Vergleich zu konventionellen Antrieben“, so Albers.

Taycan 4S, Porsche Experience Levi, Finnland, 2019, Porsche AG

Um ein Porsche-typisches Fahrverhalten auch auf winterlichen Straßen erreichen zu können, hat Porsche für den Taycan zudem eigene Winterreifen entwickelt. Nur so lassen sich die Reifencharakteristika auf das Fahrwerk und somit auf die Anforderungen des Fahrzeugs abstimmen. „Wir haben bei der Entwicklung besonders auf die Verbesserung der Seitenführung und Fahrzeugbalance auf Schneefahrbahnen geachtet“, erklärt Albers. „Auch die Optimierung des Brems- und Traktionsverhalten war ein Schwerpunkt unserer Arbeit.“

Auch beim Thermomanagement hat Porsche neue Strategien angewendet, um das Auto optimal auf alle Witterungsbedingungen abzustimmen. „Mit mehr als 300 verschiedenen Verschaltungszuständen im Gesamtfahrzeug ist die Bandbreite hier deutlich höher als bei konventionellen Fahrzeugen“, sagt Bernd Propfe, der in der Baureihe als Projektleiter für die Plattformen arbeitet. „Dabei reagiert der Taycan intelligent auf die Fahrweise der zurückliegenden 600 Kilometer und konditioniert Batterie wie Innenraum auch auf Basis von geplanter Route, Außentemperatur, Feuchte und Sonneneinstrahlung.“

Taycan 4S, Porsche Experience Levi, Finnland, 2019, Porsche AG

Besonders im Winter spielt der Taycan seine Vorteile aus

Die geringeren Leistungen elektrischer Batteriesysteme bei tiefen Temperaturen liegen an der höheren Viskosität des Elektrolyts. Durch den hierdurch erhöhten Innenwiderstand der Batterie kommt es zu Performanceeinbußen. Porsche sorgt deshalb bei Netzkontakt neben der reinen Vorkonditionierung der Hochvolt-Batterie abhängig von der Außentemperatur sogar für ein Überheizen der Zellen auf bis zu 28 Grad Celsius.

„Dadurch ist der Taycan nicht nur in der Lage, jederzeit seine volle Performance abrufen zu können“, betont Propfe. „In Verbindung mit der optionalen Wärmepumpe ist das Fahrzeug auch in der Lage, den Innenraum während der Fahrt zu heizen, ohne Strom aus der HV-Batterie für die elektrische Heizung nutzen zu müssen.“ Die thermische Energie der 650kg schweren Batterie wird in diesem Fall intelligent als wärmender Pufferspeicher genutzt. Die geschickte Konstruktion des Batteriekastens sorgt zudem dafür, dass möglichst keine Wärme aus der Batterie als Verlust an die Umgebung abgeführt wird.

Taycan 4S, Porsche Experience Levi, Finnland, 2019, Porsche AG

Unter schwierigsten Bedingungen die beste Performance

Der Aufwand, aus dem Taycan einen echten Porsche ohne Kompromisse zu machen, war demnach hoch. Doch das fertige Fahrzeug überzeugt in allen Disziplinen, egal ob beim sommerlichen Roadtrip oder beim intensiven Winter-Fahrprogramm. Der Taycan ist heiß. Besonders auf Eis.

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Verbrauchsangaben

Taycan 4S (2023)

WLTP*
  • 24,1 – 19,8 kWh/100 km
  • 0 g/km
  • A Klasse

Taycan 4S (2023)

Kraftstoffverbrauch* / Emissionen*
Stromverbrauch* kombiniert (WLTP) 24,1 – 19,8 kWh/100 km
CO₂-Emissionen* kombiniert (WLTP) 0 g/km
CO₂-Klasse A

Taycan Turbo (2023)

WLTP*
  • 23,6 – 20,2 kWh/100 km
  • 0 g/km
  • A Klasse

Taycan Turbo (2023)

Kraftstoffverbrauch* / Emissionen*
Stromverbrauch* kombiniert (WLTP) 23,6 – 20,2 kWh/100 km
CO₂-Emissionen* kombiniert (WLTP) 0 g/km
CO₂-Klasse A

Taycan Turbo S (2023)

WLTP*
  • 23,4 – 22,0 kWh/100 km
  • 0 g/km
  • A Klasse

Taycan Turbo S (2023)

Kraftstoffverbrauch* / Emissionen*
Stromverbrauch* kombiniert (WLTP) 23,4 – 22,0 kWh/100 km
CO₂-Emissionen* kombiniert (WLTP) 0 g/km
CO₂-Klasse A