Was China seit den 1980er-Jahren erlebt, ist nichts anderes als „der größte Wirtschaftsaufschwung in der Geschichte der Moderne“. So formuliert es die Bundeszentrale für politische Bildung – eine Institution, die nicht zu Übertreibungen neigt. Seit nunmehr 20 Jahren ist dieser Aufstieg Chinas zur zweigrößten Volkswirtschaft auch mit der Geschichte von Porsche verbunden.
Es ist ein äußerst dynamisches Kapitel, das hier geschrieben wird. Mit 88.968 Auslieferungen im vergangenen Jahr ist das Reich der Mitte der volumenmäßig größte Einzelmarkt von Porsche. Der 2020 – trotz Corona – ein Plus von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnete.
Beginn eines neuen Kapitels für Porsche in China
Als vor ziemlich genau zwei Jahren Porsche China seinen neuen Hauptsitz in der prestigeträchtigen Lujiazui Financial Plaza in Shanghai bezog, war das nicht einfach nur ein Ortswechsel. „Es ist auch der Beginn eines neuen Kapitels für Porsche in China und ein wichtiger Meilenstein für die Porsche AG“, betonte Oliver Blume bei der Eröffnung. „Bei Porsche setzen wir uns dafür ein, unseren Mitarbeitern die Möglichkeiten zu geben, erfolgreich zu arbeiten und ihnen ein digitaleres und intelligenteres Arbeitsumfeld zu bieten. Damit möchten wir unsere Unternehmenskultur weiterentwickeln und das neue Zeitalter der Veränderung gemeinsam mit unseren Mitarbeitern einläuten.“
Dass der Vorstandsvorsitzende dafür extra nach China gereist war, zeigt, wie wichtig der Markt für das Unternehmen ist. Ein Markt, den Blume sehr gut aus eigener Erfahrung kennt. Ende der 1990er-Jahre hatte er als erster deutscher Student am Institut für Fahrzeugtechnik der Tongji Universität in Shanghai promoviert. Die Aufbruchsstimmung „made in Fernost“ hat er damals selbst hautnah erlebt. Was Blume mit zurück nach Deutschland genommen hat? „Dass die Menschen hier über eine große Kreativität verfügen und über die Bereitschaft, sich selbst und das Land weiterzuentwickeln.“
Diese Eigenschaften sind vor zwei Jahren auch in die Stockwerke zwölf bis 17 des Office Tower 3 an der Lujiazui Financial Plaza eingezogen. Auf insgesamt 12.000 Quadratmetern hat Porsche hier für seine Mitarbeiter moderne Arbeitsplätze mit neuester Technologie eingerichtet, die ein automatisiertes und vernetztes Umfeld schaffen.
Vorreiterrolle bei der Einführung der Sportwagenkultur
Die Digitalisierung im Fahrzeugbereich steckte 2001 noch in den Kinderschuhen, an Vernetzung dachten, wenn überhaupt, nur Visionäre. Damals lieferte Porsche die ersten Sportwagen via Hongkong nach China aus. Vier Jahre später gründete sich in Guangzhou der erste Importeur, noch in den Nuller-Jahren wurden erst Porsche Hongkong, dann Porsche China gegründet. Und bereits 2015 ist China der größte Einzelmarkt des Zuffenhausener Sportwagenbauers. Man kann auch Erfolgsgeschichte dazu sagen. Nicht nur, was die reinen Verkaufszahlen angeht.
Auch emotional ist die Marke in diesem noch recht jungen Markt angekommen. „Wir haben eine Vorreiterrolle bei der Einführung der Sportwagenkultur auf dem Markt gespielt. Dies war eines unserer Hauptziele“, blickt Jens Puttfarcken, Präsident und Geschäftsführer von Porsche China, zurück. Und es folgten weitere Taten: Bereits 2003 wurde der Porsche Carrera Cup Asia als erste Markenreihe eingeführt. Mittlerweile hat sich eine enthusiastische und lebendige Community entwickelt, wie die Gründung des Porsche Club China im Jahr 2017 beweist. Auch das Porsche Museum war mit seinem Veranstaltungsformat „Heritage Experience” jüngst zu Gast.
Die Aktivitäten schlagen sich auch in den Zahlen nieder. 2020 verzeichneten der 911 und der 718 ein sattes Plus von 70 beziehungsweise 50 Prozent. Damit ist China mittlerweile der drittgrößte Weltmarkt für zweitürige Porsche-Sportwagen. Auch wenn sich das Interesse der Chinesen anfangs stärker auf andere Modellreihen richtete. Cayenne und Macan sind seit Jahren die gefragtesten Fahrzeuge, auch für den Panamera ist China der größte Einzelmarkt. Der Grund: Porsche wurde bei seinem Markteintritt vor allem als Luxusmarke wahrgenommen. Der Aspekt des sportlichen Fahrens hat sich erst nach und nach etabliert – auch durch die Anstrengungen von Porsche China bezüglich der Pflege der Sportwagenkultur.
Die jüngere Generation ist der Treiber für Innovation
Dabei sind die Kundengruppen so vielfältig wie das Land selbst. Sie reichen von familienorientierten SUV-Kunden bis hin zu Markenbegeisterten, die gerne im 2018 eröffneten Porsche Experience Center Shanghai ihre Leidenschaft ausleben. Neben einem hohen Anspruch an die Qualität der Fahrzeuge wird in China auch der Individualisierung große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Nachfrage nach Porsche-Optionen wächst jedenfalls stetig. Was auch an der Kundenstruktur liegen könnte: Das Durchschnittsalter der Kunden ist mit 35 Jahren deutlich niedriger als hierzulande. Auch der Frauenanteil ist deutlich höher.
Gerade die jüngere Generation ist der Treiber für Innovation und Digitalisierung – auch bei Porsche. Nicht nur, dass sie verstärkt diversifizierte und individualisierte Produkte nachfragen. „Unsere Kunden erwarten von Porsche neben den traditionellen Kontaktpunkten auch, dass wir immer mehr über digitale Kanäle mit ihnen interagieren“, hält Puttfarcken fest. Aus diesem Grund hat Porsche China eine Vielzahl digitaler Produkte und Dienstleistungen entwickelt, wie eine E-Commerce-Plattform, Livestream-Events oder das WeChat-Applet, mit dem sich zum Beispiel bequem von unterwegs aus ein Servicetermin buchen lässt. Vergangenen Oktober wurde zudem der Porsche Tmall Flagship Store gestartet, der einzige offiziell autorisierte Porsche Flagship Store auf einer E-Commerce-Plattform eines Drittanbieters.
Neue Entwicklungsmöglichkeiten durch Elektrifizierung und KI
Ohnehin ist die Digitalisierung prägend für den chinesischen Markt. Im Land leben 817 Millionen Internetnutzer, mobiles Bezahlen per Smartphone gehört hier zum Standard. Ein unabhängiges und einzigartiges digitales Ökosystem hat China zu einem führenden Player in der digitalen Wirtschaft gemacht.
Die Investitionen konzentrieren sich auf modernste digitale Technologien wie Internetfinanzierung, Virtuelle Realität (VR), Big Data und Künstliche Intelligenz (KI). So war es nur konsequent, dass die für China zuständige Digitalabteilung Anfang dieses Jahres als Porsche Digital China ausgegliedert wurde. Bereits 2018 wurde die Abteilung für strategische Geschäftsentwicklung ins Leben gerufen. Eines ihrer untergeordneten Teams, das Innovationsbüro, hat sich der Erforschung neuer Markttrends verschrieben und erkundet neue Technologien, die in China entwickelt werden.
Erkenntnisse, die der Porsche AG wiederum dabei helfen, die Zukunft des Sportwagens zu gestalten. Auch die Staatsführung selbst treibt die rasante technologische Entwicklung in China voran. Im 14. Fünfjahresplan hat sie neue Entwicklungsziele definiert und langfristige Ziele bis 2035 formuliert. Darin enthalten sind auch neue Energieträger für den Antrieb, intelligent vernetzte Fahrzeuge, Batterie-Recycling oder neue Infrastrukturen. „Die neue Ära der chinesischen Autoindustrie nimmt Gestalt an. Der Trend zu Elektrifizierung und Künstlicher Intelligenz wird neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen“, sagt Puttfarcken und sieht genau hierin Chancen für das Unternehmen: „Der Taycan zum Beispiel verfügt über zahlreiche intelligente Funktionen wie Datenabfrage und Online-Updates. Wir arbeiten daran, intelligente Lösungen exklusiv für Porsche-Sportwagen zu entwickeln.“
Altersdurchschnitt der chinesischen Taycan-Käufer: 33 Jahre
Auch der erste Elektrosportwagen von Porsche ist überaus beliebt bei jungen, Internet-affinen Chinesen. Der Altersdurchschnitt der Käufer beträgt hier gerade einmal 33 Jahre. Dass die dreigeteilte Weltpremiere des Taycan 2019 seine Bühne auch bei einem Windpark in der chinesischen Provinz Fujian aufschlug, war so gesehen sehr vorausschauend.
Auch in anderen Bereichen entwickelt sich Porsche China dynamisch weiter. Auf dem chinesischen Festland, in Hongkong und in Macao sind mittlerweile 136 Verkaufsstellen in Betrieb. So wird sichergestellt, dass Porsche-Kunden im ganzen Land die persönliche Betreuung erhalten, die Porsche weltweit auszeichnet. Die meisten Verkaufsstellen konzentrieren sich dabei auf südöstliche Küstenstädte und einige auf die westlichen Regionen. Derzeit wird das Händlernetz auf kleinere Städte mit großem Potenzial ausgeweitet. Zudem verfolgt Porsche China eine Strategie mit modernen Einzelhandelsformaten wie Pop-up-Stores, Porsche Studios oder City Service Centern.
Zurück nach Shanghai, zum Hauptsitz von Porsche China. Dieser wurde ganz im Sinne einer Philosophie namens „S.P.A.C.E.“ gestaltet, das für „Smart, Passionate, Attractive, Collaborative, Engaging“ (intelligent, leidenschaftlich, attraktiv, teamorientiert und motivierend) steht. Darin verschmelzen neue Technologien und moderne digitale Lösungen mit maßgeschneiderten Services zu einer ganzheitlichen, langfristigen Vision. Diese soll das ganze Potenzial und die Kreativität der Mitarbeiter freisetzen. Auch zahlreiche Tochterunternehmen, darunter Porsche Financial Services, Porsche Consulting und MHP, sind im 12. bis 17. Stock des Office Tower 3 untergebracht. So werden Austausch, Zusammenarbeit, Flexibilität und Innovationen gefördert.
Das ist ganz im Sinne von Jens Puttfarcken. „Wir investieren damit in die Zukunft der Marke Porsche und in unsere talentierten Mitarbeiter. Damit möchten wir für die Herausforderungen und schnellen Veränderungen gewappnet sein, die in dieser daten- und digitalisierungsorientierten Geschäftswelt vor uns liegen“, sagte er bei der Eröffnung vor zwei Jahren. Auf heute bezogen: Die nächsten 20 Jahre können kommen, Porsche China ist bereit.
911 Turbo S 20 Years Porsche China Edition
Anlässlich des Jubiläums hat Porsche China auf der Automobilausstellung „Auto Shanghai“ das Sondermodell „911 Turbo S 20 Years Porsche China Edition“ vorgestellt. Das Designkonzept spiegelt die Kombination von Heritage und Innovation wider – Werte, die sowohl für die chinesische Kultur als auch für Porsche gelten. Das Sondermodell ist nur in China erhältlich.