Aus Porsche-Sicht ergab alles Sinn: Die Targa-Version des vierzylindrigen 912 hatte sich gut verkauft und dessen Nachfolger 914 war als Porsche für Einsteiger von vornherein als Targa konzipiert worden. Eine Targa-Variante des neuen Einstiegmodells 924 schien der nächste logische Schritt zu sein.
Die Konzeption des 924 Targa begann 1977, als das populäre Vorbild, der 911 Targa, bereits seit 1966 am Markt war. Parallel dazu ging die Entwicklung der Turbo-Version des Vierzylinder-Transaxle-Modells in die letzte Phase. Der 170 PS starke und 225 km/h schnelle 924 Turbo schloss mit Beginn des Modelljahres 1979 die große Lücke zwischen dem 924-Basismodell mit 125 PS und dem 911 SC mit 180 PS. Damit hielt er einen entscheidenden Respektabstand zum Elfer ein und bediente gleichzeitig jene Kunden, die dem Transaxle-Konzept zugeneigt waren, aber keinen teuren 928 mit 240 PS und 4,5-Liter-V8-Motor kaufen wollten.
912 und 914 als Targa-Version
„Der neue Porsche 924 Turbo bedient sich der im Rennsport und beim 911 Turbo in der Serie erprobten Technik, die heute zur Erreichung hoher Motorleistung vorgezogen wird – der Abgasturboaufladung“, schickte Porsche in einer Pressemitteilung voraus. Die Werbung rückte den 924 Turbo in die Nähe des „großen Bruders“ Turbo. Das Ganze klang nach Selbstläufer.
Dem Fahrwerk des 924 hatten schon viele Tester bescheinigt, dass es mehr Leistung vertragen könne als die anfänglich gebotenen 125 PS. Somit war die Turbo-Version nur eine logische Verbindung vorhandener Technologien, ein Ausschöpfen vorhandener Potentiale. „Keine Frage, dass mit dem Turbo-Motor erst die in der 924-Konzeption steckenden Reserven mobilisiert werden“, schrieb Reinhard Seiffert im Porsche-Magazin Christophorus.
Die größten Änderungen hatte durch die Umrüstung vom Sauger zum Turbo das 2,0 Liter große, aus dem VAG-Konzernregal stammende EA 831-Aggregat erfahren, das vor dem Einbau am Band in Neckarsulm auf einer eigenen Fertigungslinie in Zuffenhausen montiert und getestet wurde.
War der Vierzylinder bereits für den Einsatz im 924 entsprechend modifiziert und optimiert worden, gingen die Änderungen beim Turbomotor noch tiefer. Dessen neuer Zylinderkopf bestand aus einer Aluminiumlegierung mit Siliziumanteilen, abgestimmt auf die hohen Temperaturen eines Turbomotors.
Der Brennraum war neugestaltet und die Verdichtung von 9,3:1 beim Saugmotor auf 7,5:1 zurückgenommen worden. Zurückgesetzte und am Auslass um drei Millimeter vergrößerte Ventile sowie an die Ansaugseite verlegte Platin-Zündkerzen ermöglichten einen an die Turbo-typischen Verhältnisse angepassten Verbrennungsablauf.
Kleiner Bruder des 911 Turbo
Den Lader des Typs KKK 26 platzierten die Ingenieure um Projektleiter Jochen Freund so nah wie möglich am Auspuffkrümmer auf der Beifahrerseite und leiteten die Ladeluft quer über den Motor zur Ansaugseite. Weil sich dadurch die Platzverhältnisse im Motorraum änderten, mussten Lichtmaschine und Motor für die Klappscheinwerfer verlegt werden.
Wartungsfreie Transistorzündung, angepasste K-Jetronic, zwei Benzinpumpen statt einer Pumpe wie beim normalen 924 und eine von 5,0 auf 5,5 Liter vergrößerte Ölmenge ergänzten die umfangreichen Umbaumaßnahmen. Die resultierten in einer um 36 Prozent gestiegenen Literleistung: 170 PS bei 5500/min blies der mit einem Druck von 0,7 bar arbeitende KKK-Lader dem Zweiliter-Vierzylinder ein.
Von außen war die aufgeladene Version – bei Porsche intern als Typ 931 vermerkt, die rechtsgelenkten Versionen erhielten die Nummer 932 – sofort an den zusätzlichen NACA-Atemlöchern in der Motorhaube zu erkennen. Die 15 Zoll großen Fünfloch-Leichtmetallräder im Speichen-Design und eine leistungsfähigere Bremsanlage waren ebenso serienmäßig wie der schwarze, umlaufende Heckspoiler aus Polyurethan. Für einen geringen Luftwiderstand sorgte bei einer Stirnfläche von 1,79 m2 ein cw-Wert von 0,35.
Start des Projekts im Mai 1977
Porsche sprach davon, dass es inkonsequent gewesen wäre, „die Hochleistungscharakteristik des 924 Turbo durch aufdringliche, luftwiderstandserhöhende Änderungen herzustellen“, aber die neue 924-Variante fiel dennoch auf.
Die ersten 924 Turbo wurden mit schwarz eloxierten Zierleisten an den Fenstern und wahlweise mit Zweifarben-Lackierung sowie Sitzen mit Mittelstreifen in Schottenkaro-Stoff ausgeliefert – Aufmerksamkeit war ihnen damit gewiss. „Zweifler werden bei Porsche mit dem Hinweis beruhigt, dass der 924 Turbo auch einfarbig geliefert werden kann – ohne Aufpreis“, beruhigte Gert Hack die Leser von auto, motor und sport nach dem ersten Test.
Auf den ersten Blick wirkte der mit Spoilern, Aluminiumfelgen im Speichenraddesign und den häufig georderten Zweifarben-Lackierungen ausgerüstete Turbo wie ein optisch überreizter 924, beim zweiten Hinsehen entpuppte er sich als ein feines, anspruchsvolles Stück Technik, als der perfekte Transaxle-Wagen für echte Sportfahrer. Das galt umso mehr, als zum Modelljahr 1981 eine modellgepflegte Version erschien. Die verfügte mit 177 PS über ein Plus an Leistung, gab sich besser ausgestattet und sparsamer im Verbrauch.
Planung mit Sauger und Turbo
In der Zwischenzeit wurde aber noch an einer weiteren 924-Spielart gearbeitet: Das Ergebnis war ein Turbo Targa Prototyp, der 1979 wie ein kurzes Zwischenhoch die Baureihe aufhellte.
Unter der Auftragsnummer 927/57 hatte am 1. Mai 1977 die Entwicklung des 924 Targa begonnen. Porsche-typisch wurden zwei Typnummern vergeben: der Linkslenker erhielt die Konstruktionsnummer 941, der Rechtslenker die 942. Eine Ausführung mit Saug- und eine mit Turbomotor gehörten von Anfang an zur Planung. Sowohl Fahrwerk als auch Triebwerk sollten jeweils unverändert übernommen werden.
Gestalterisch, auf dem Papier, spielten die Designer mehrere Ideen eines 924 Targa mit manuell herausnehmbaren Dachteil durch, etwa als Coupé mit großer gläserner Heckklappe oder als eigenständige Stufenheck-Ausführung. Gleichzeitig nahm eine völlig neue Idee eines Targa-Konzepts für die Zukunft ihren Anfang. Diese sollte es möglich machen, ein gläsernes Dach über die Heckscheibe zu schieben – so wie es später beim 911 Targa (Typ 993) der Fall war.
Der Porsche-typische Ansatz mit Überrollbügel wurde jedoch ebenfalls verfolgt. Als Basis des Transaxle Targa Prototyps diente ein 924 Turbo des Modelljahres 1979 im gleißenden Alpinweiß und dazu stark kontrastierenden Schottenkaro-Mittelbahnen auf den Sitzen. Noch 45 Jahre später wirkt das Einzelstück aus dem Fundus des Porsche Museums wie ein Vertreter der Großserie, so unauffällig fügt sich das Targa-Konzept in die Gesamtlinie, so serienreif wirkt das fertige Auto. Das herausgenommene Dachteil fällt erst beim zweiten Hinsehen auf.
Die Dachlinie der Targa-Studie folgt der bekannten 924-Form mit großer Glaskuppel. Die Oberseite des Bügels, die etwa ein Drittel der Dachoberseite ausmacht, trägt den gleichen Kunststoff wie das Targa-Dach, so dass sich eine stimmige, an das Vorbild 911 erinnernde Optik ergibt.
Der Spezialschlüssel zum Ver- und Entriegeln des Dachs liegt griffbereit im Handschuhfach, ganze 328 Kilometer zeigt der Zähler des Tachometers. Wann ist der Prototyp, den wir Meter für Meter per Hand durch das Fotostudie bewegen, wohl das letzte Mal aus eigener Kraft gefahren?
Entwicklung gestoppt
Der in der „Dokumentation von Entwicklungsprojekten und Fahrzeugbaureihen“ festgehaltene Projektabschluss wird auf den 29. Februar 1980 datiert. Weil die Entwicklungs- und Werkzeugkosten als zu hoch geschätzt wurden und die Karosseriesteifigkeit nicht überzeugen konnte, wurde die Entwicklung einer 924 Targa-Version gestoppt.
Auch der in Startlöchern stehende 944 trug wohl zu dieser Entscheidung bei. Eine Cabrio-Version des 944 erschien als die bessere Lösung, die bei der 924 Targa-Entwicklung gewonnenen Erkenntnisse flossen bei diesem Projekt mit ein – auch diese Entwicklung lief unter der Typnummer 941.
Aber Targa meinte nicht automatisch Bügel, wie der zweite Anlauf einer offenen 924-Version mit beweglichen Dachteilen aus Glas deutlich machte. „Die Dach- und Heckscheibenkontur ist so gestaltet, dass die Möglichkeit besteht, ein gläsernes Dach über die Heckscheibe zu schieben“, heißt es im Protokoll. Fotos aus dem „8.000-km-Dauerlauf mit Fahrzeug 931 A 17 Targa“ zeigen einen 924 mit Stufenheck, typischem Targa-Dach-Mittelteil und einem dem späteren 911 Targa (993) sehr ähnlichen hinteren Dachaufbau aus Glas. Also einen Targa ohne Bügel.
Auch hier wurden die Kosten als zu hoch eingeschätzt sowie die notwendige Steifigkeit der Karosserie als nicht gegeben bemängelt. Die Dachkonstruktion konnte ebenfalls nicht überzeugen. „Verschieben des Targa-Dachs über die Heckscheibe war mechanisch und optisch unbefriedigend. Sicht nach hinten mit abgelegtem gläsernen Dach ungenügend. Typisierungsschwierigkeiten erwartet“, lautete das abschließende Urteil.
Die Nachfrage nach einem offenen Porsche in der Preisklasse des 924 blieb jedoch. Noch 1984/1985 geisterten Bilder des besagten Stufenheck-924 durch die Presse, eine Premiere im Herbst schien denkbar. „Ein kleines Porsche-Cabrio mit Kofferraum wird seit langem gewünscht, besonders in Amerika. Die schwäbische Spezialfirma Baur hat diesen Prototyp mit den abnehmbaren Dachteilen zusammen mit Porsche entworfen“, schrieb das Magazin Stern.
Und MOT sah den Porsche 942 als Nachfolger des 924 und auch in einer „halboffenen Targa-Version“ (Aufpreis zur Coupé-Variante: 2.500 Mark) bereits auf der IAA 1985 sein Debüt feiern. Selbst 1988 wurde noch über eine endgültige Absage an das Konzept 924 Targa spekuliert.
Am Ende blieb es dabei, dem großem, herausnehmbarem Stahldach bei 924 und 944 die Bezeichnung „Targa“ mit auf den Weg zu geben. Turbo, Targa und Transaxle blieben eine Vision, die nie in Serie ging.
Info
Text erstmalig erschienen im Magazin Porsche Fahrer 3/2024.
Autor: Jan-Henrik Muche
Fotografie: Götz von Sternenfels / Porsche
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