Herr Mertke, welche Bedeutung hat die Rennsport Reunion für das Unternehmen Porsche und für Sie persönlich?
Sebastian Mertke: Die Rennsport Reunion ist eines der absoluten Highlights in diesem Jubiläumsjahr, das von vielen großartigen Events geprägt ist – seien es die Show im Juni in Stuttgart oder Icons of Porsche im November in Dubai. Wir bringen unsere Community-Mitglieder aus aller Welt zusammen. Ich war 2015 zum ersten Mal in Laguna Seca und schon damals völlig überwältigt, wie viele Menschen im Namen von Porsche angereist sind. Dieses Jahr sind es sogar mehr als 90.000, unglaublich! Allein aus unseren Porsche Clubs sind es über 30.000 Besucher, ob aus den USA, Lateinamerika, Europa oder Asien. Es ist der würdige Rahmen für die großen Jubiläen dieses Jahres.
Was können Sie der internationalen Porsche-Community hier bieten?
Sebastian Mertke: Viele Aktivitäten fügen sich bei der Rennsport Reunion auf einzigartige Weise zusammen: Fahrzeugpräsentationen vom Traktor über Oldtimer bis zum GT-Rennwagen, Treffen mit Persönlichkeiten sowie Live-Rennen. Auch in der täglichen Arbeit abseits solcher Highlights ist es unsere wichtigste Aufgabe, den internationalen Austausch zu stärken und unsere Marktorganisationen zu befähigen, stärker mit lokalen Communities zusammenzuarbeiten. Eine weitere Priorität ist es, den Kunden zu zeigen, welche vielfältigen Möglichkeiten sich bei Porsche bieten, Teil einer Gemeinschaft zu werden. Neben den Porsche Clubs gibt es zum Beispiel den Porsche Golf Circle. Über den bieten wir hier zum Beispiel auch die Möglichkeit, in Pebble Beach mit Paul Casey zu golfen und daneben noch dieses fantastische Event der Rennsport Reunion mit uns zu erleben.
Wie ist die Resonanz?
Sebastian Mertke: Überwältigend! Die Anmeldungen kamen aus aller Welt. Unser Golf Circle wurde als digitale Plattform für eine Community rund um die Marke geschaffen. Damit verbinden wir zwei Leidenschaften. Wir wissen, dass es bei vielen Kunden Überschneidungen gibt. Jetzt können sie exklusive Events mit uns erleben und Gleichgesinnte treffen. Für uns als Hersteller wird es immer wichtiger, nicht nur faszinierende Produkte anzubieten, sondern große Porsche-Momente zu ermöglichen. Wir wissen um die Kraft der Emotionen. Deshalb haben wir auch den GT Circle ins Leben gerufen, ebenfalls als digitale, weltweit angelegte Plattform für alle Fragen zum Thema Performance Driving. Und im analogen Teil, wenn Sie so wollen, können sich Mitglieder bei Track Days mit ihren GT-Fahrzeugen auf Rennstrecken treffen.
Was macht die weltweite Porsche-Community aus?
Sebastian Mertke: Sie beginnt mit dem Zusammenhalt, der noch aus unserer Historie als kleiner Sportwagenmanufaktur stammt. Wir haben uns immer dadurch ausgezeichnet, dass wir intelligent mit Ressourcen umgehen, smarte Wege finden und vor allem auf den Faktor Mensch setzen. Es ist eine Stärke unserer Marke, dass der Porsche-Spirit seit 75 Jahren unverkennbar aus den Produkten spricht. Das sind Werte und Ideale, so glaube ich, die auch von vielen Porsche-Enthusiasten gelebt werden. Auch die Familiengeschichte hinter dem Unternehmen ist einzigartig. Heritage und Community sind bei Porsche untrennbar miteinander verbunden. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit prägt die Marke, und wir sind sicher, dass das noch ausbaufähig ist.
Wie wichtig ist es für Sie, dieses Gemeinschaftsgefühl in die Zukunft zu begleiten?
Sebastian Mertke: Für mein Team und mich ist das die wichtigste Aufgabe. Die Herausforderungen sind, weltweit gesehen, von Region zu Region unterschiedlich, deshalb muss man das differenziert betrachten. In Europa und den USA müssen die Clubs auch für jüngere Zielgruppen attraktiv bleiben. Der Porsche Club of America leistet hier beispielhafte Arbeit mit Familienangeboten und mit dem PCA Juniors Program. Im asiatischen Raum ist das nicht das vorrangige Thema, die Mitglieder der Porsche Clubs sind im Durchschnitt erheblich jünger. Dort gibt es andere Herausforderungen, beispielsweise besteht eine große Nachfrage, die Fahrzeuge außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs zu bewegen. Deshalb hat das Unternehmen eine klare Experience-Center-Strategie entwickelt, um den Kunden in allen wichtigen Märkten Zugang zu Rennstrecken zu ermöglichen. Außerdem ist es wichtig, den Austausch mit unabhängigen, lockeren Car Communities zu stärken, die sich weitgehend selbst über Social-Media-Kanäle organisieren. Ob nun Luftgekühlt, das in den USA startete, F.A.T. von Dr. Wolfgang Porsches Sohn Ferdinand in Österreich oder Das Treffen in Thailand, die größte Porsche-Veranstaltung in Südostasien, zu der regelmäßig mehr als 500 Fahrzeuge kommen. Solche Events öffnen die Marke und generell das Thema Auto auch für jüngere Zielgruppen.
Das klingt wie eine Neuauflage der Anfänge in den 1950er-Jahren. Auch da ist vieles durch Eigeninitiative der Kunden entstanden.
Sebastian Mertke: Man kann das durchaus als „Grassroots-Bewegung“ bezeichnen. Das war alles organisch, ist ohne unser Zutun geschehen. Porsche-Kunden empfanden sich als eingeschworene Gemeinschaft mit besonderen Fahrzeugen. Sie wollten schon immer ihre Begeisterung für die Marke mit anderen teilen. Deshalb ist schon 1952 der erste Porsche Club entstanden. Daraus resultierte, dass in Ilse Nädele vor rund 50 Jahren eine Position für die Clubbetreuung geschaffen wurde. Sie war in der Hinsicht eine Pionierin, vieles war nicht so organisiert wie heute, aber durch ihre Arbeit wurde eine Basis geschaffen, die die Förderung der Porsche Clubs vor rund 20 Jahren ermöglichte. Meine Vorgängerin Sandra Siegloch hat das dann weiter professionalisiert. Die Kunden haben als gemeinsamen Nenner das Gemeinschaftsgefühl und die Liebe zur Marke. Das ist einzigartig und ein sehr wertvolles Gut. Die Community kommt bei Porsche immer als Serienausstattung dazu!
Dabei unterteilt sie sich in viele Untergruppen. Welche besonderen Beispiele kommen Ihnen in den Sinn?
Sebastian Mertke: Das Spektrum der Leidenschaften ist faszinierend. So gibt es zum Beispiel den offiziellen Porsche Club für Modellautos. Manche Mitglieder besitzen Zigtausende von Modellen und müssen ganze Lagerhallen für ihre Sammlung anmieten. Dann ist vor allem in Europa die Traktor-Community stark verankert, die auch ein Teil von Porsche ist. Es ist schön zu erleben, dass die Fahrzeuge von ihren Besitzern nicht nur restauriert, sondern auch bewegt werden – wie auch hier auf der Rennsport Reunion. Wir hatten schon Veranstaltungen am Großglockner mit mehr als 100 Traktoren. Ein jüngeres Beispiel: Im Porsche Club of America hat sich eine Gruppe formiert, die sich für historische Porsche-Bikes begeistert und gemeinsame Radtouren über mehrere Tage veranstaltet. Und für Routen, auf denen unsere Kunden ihren Sportwagen genießen können, bieten wir die Roads App an. Es ist das Schöne an Porsche, dass es so viele Produkte und Themen gibt, die Faszination auslösen.
Wie wichtig ist bei alldem nach wie vor der 911?
Sebastian Mertke: Der 911 ist der zentrale Ankerpunkt für die Identität der Marke, auch aufgrund seiner nun 60-jährigen Historie. Es gibt unzählige Storys rund um den Elfer. Er ist ein wichtiges verbindendes Element, insbesondere für die Clubs. Ich bin aber sicher, dass auch der Taycan diese Rolle übernehmen kann. Effizienter Einsatz der Ressourcen ist typisch Porsche – und genau dafür steht der erste rein elektrische Sportwagen der Marke. Er begeistert die Menschen jetzt schon, wird meiner Meinung nach wie der 911 zu einer Ikone werden und unsere Gemeinschaft auf dem Weg in die Elektrifizierung begleiten.
Insofern wird Ihr Job auch künftig spannend bleiben. Wie kamen Sie zu Porsche und was waren Ihre ersten Berührungspunkte mit der Community?
Sebastian Mertke: Mein erster Job fiel 2012 in die Zeit, als Porsche seine Rückkehr nach Le Mans verkündete. Ich kam damals ins Motorsport-Marketing und die Jahre mit den drei Le-Mans-Gesamtsiegen in Folge waren eine Erfahrung, die ich nie vergessen werde. Dort hatte ich auch direkt meine ersten Berührungspunkte mit der Porsche-Community. Denn nirgendwo kann man die Leidenschaft für die Marke intensiver erleben als im Motorsport – für mich war das der perfekte Start, um tief in diese Welt der Faszination einzutauchen. Doch es gilt, diese Leidenschaft stetig zu fördern – und das in jeglicher Hinsicht. In meinem Zuständigkeitsbereich haben wir deshalb eine klare Ausrichtung für die künftigen Ziele, das Thema „Strong global Community“ ist in unserer Unternehmensstrategie 2030 ein zentraler Bestandteil. Es gibt viel zu tun und ich freue mich auf die nächsten Jahre mit den Porsche Clubs und -Communities als einer weltweiten Familie.
Info
Text erstmals erschienen im Christophorus Magazin, Ausgabe 409.
Autor: Thomas Ammann
Fotos: Porsche
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