Es ist schwer zu sagen, womit Nico Samaras seinen Lebensunterhalt verdient. So schwer, dass es ihm selbst kaum gelingt. „Ich versuche schon seit Jahren, die richtigen Worte dafür zu finden“, erzählt er lachend. Der ehemalige US-Marinesoldat und Kunststudent hat viele unterschiedliche Leidenschaften. Es ist ihm gelungen, sie alle in einer vielschichtigen Karriere zu vereinen: „Wenn überhaupt, könnte man es vielleicht so zusammenfassen: Fourtillfour ist eine Lifestyle-Marke, die Menschen durch das Ritual des Kaffeegenusses zusammenbringt.“ Kaffee scheint tatsächlich ein prägendes Element in Samaras Leben zu sein. Kaffee und Porsche.
Der 33-Jährige ist in Scottsdale, Arizona (USA) geboren und aufgewachsen, wo ihn sein Vater Byron schon früh in die Welt von Porsche einführte. Samaras Senior arbeitete für Volkswagen sowie den Porsche-Händler und Amateur-Rennfahrer Don Burns, der zu einem engen Freund der Familie wurde. Wie bei so vielen anderen Porsche-Fans auch, begann Nicos Geschichte mit einem VW Käfer. „Ich habe zusammen mit meinem Vater an Baja Bugs geschraubt. Wir haben uns Autos ausgesucht, in die man wirklich viel Arbeit stecken musste. Zusammen haben wir sie auf Vordermann gebracht. So haben wir Zeit miteinander verbracht. Danach waren es dann Karmann Ghias, die mich eine Zeit lang sehr fasziniert haben.“
Gleichzeitig wuchs in dem jungen Samaras eine Begeisterung für Porsche, und schliesslich erhielt er die Chance, seinen Traum zu verwirklichen. „Als ich 16 war, sah ich in unserer Lokalzeitung eine Anzeige für einen 356. Ich rechnete mir keine grossen Erfolgschancen aus, als ich meinen Vater fragte, ob er mir das Geld leihen könnte.“ Kostenpunkt damals waren 6.500 US-Dollar. „Also verkaufte ich meine zwei Karmann Ghias und erwarb im Prinzip eine leere Hülle und einen Stapel Kisten. Wir verbrachten den ganzen Sommer damit, das Teil wieder zusammenzuflicken. Wir hatten kein Geld mehr übrig, um die Karosserie aufzubereiten oder zu lackieren, aber das machte mir nichts aus. Ich fuhr den Wagen meiner Träume.“
Die Idee „Fourtillfour"
Samaras war zu diesem Zeitpunkt noch an der Highschool, aber schnell so begeistert, dass er kurze Zeit später noch ein Coupé der A-Serie ohne Motor kaufte. Anschliessend machte er sich daran, das Fahrzeug von Grund auf wieder aufzubauen. Während Samaras mehr und mehr Teile sowie Wissen über den 356 anhäufte und mit gleichgesinnten Enthusiasten im gesamten Westen der USA Kontakte knüpfte, entwickelte er eine Idee davon, was er in Zukunft tun wollte. „Seit der Highschool hatte ich bestimmt ein Dutzend weitere 356“, erklärt Samaras. „Erst noch zusammen mit meinem Vater, aber am Ende habe ich alles alleine gemacht: von der Suche nach fahruntauglichen Wagen bis hin zu ihrer Instandsetzung. Dabei entstand die Idee zu „Fourtillfour“.“
2007 rief Samaras eine Website mit dem Namen 4till4.com ins Leben, also „Vier vor Vier“ in Anspielung auf die „Uhrzeit“ des 356 („3:56“). Sie sollte Porsche-Besitzern einen Ort im Internet geben, an dem sie Fahrzeuge und Teile an- und verkaufen sowie Veranstaltungen organisieren können. Doch kurz darauf beschloss er, zur US-Marine zu gehen, und legte seine Porsche-Pläne erst einmal auf Eis. „Aber selbst in dieser Zeit habe ich alles Geld genutzt, um zwischen meinen Militäreinsätzen weitere 356 zu kaufen. Ich habe also immer weiter an diesem Traum gearbeitet“, betont er. „Bis ich das Militär wieder verliess, hatte ich vier 356 und eine 200 Quadratmeter grosse Lagerhalle, in der ich alle Teile aufbewahrte und an anderen Projekten arbeitete.“
Begeistert von der Welt der Kaffeespezialitäten
Der nächste Schritt auf Samaras Weg sollte alles verändern. Er zog nach San Francisco, um eine Kunstakademie zu besuchen. In der kalifornischen Küstenstadt lernte er die Welt der Kaffeespezialitäten kennen und lieben. Auch in dieser Zeit verfolgte er weiter seine beinahe obsessive Leidenschaft, kaufte und reparierte 356-Modelle und teilte seine Fortschritte in den sozialen Medien. „Da habe ich schon den ein oder anderen Follower erreicht. Somit hiess es nur noch, diese Punkte miteinander zu verbinden und meine Leidenschaften für Porsche, Kaffee und Menschen zu vereinen.“
2015 fällte Samaras eine weitreichende Entscheidung und verkaufte all seine Fahrzeuge bis auf eines, um ein kleines Lokal in Scottsdale zu kaufen, aus dem das Fourtillfour Café werden sollte. Zusammen mit seiner Freundin Mia eröffnete er kurze Zeit später das Café – eine Entscheidung, die er niemals bereute. „Mit Fourtillfour verfolgen wir stets das Ziel, die nächste Generation ins Boot zu holen“, erklärt Samaras. „Und das machen wir zu einem grossen Teil mithilfe von hervorragendem Kaffee; damit erzielen wir unser Wachstum.“
Individuelle Geschmacksprofile und Mischungen entdecken
Samaras und sein Team reisen in die Herkunftsländer ihres Kaffees, arbeiten eng mit Kaffebauern und -exporteuren zusammen und importieren die Bohnen selbst in die USA. Seine Liebe für die Arbeitsverfahren wird deutlich, wenn Samaras beschreibt, wie er zahlreiche Geschmacksprofile entdeckt und individuelle Mischungen für bestimmte Anlässe kreiert. „Damit habe ich mich wirklich intensiv und mit ganzem Herzen beschäftigt. Ich habe schon immer eine Verbindung zu Porsche gesehen, denn die Marke bleibt ebenfalls ihrer Geschichte treu und entwickelt sich gleichzeitig weiter. Das wird bei uns genauso gehandhabt: Ausprobieren, relevant bleiben und versuchen, Fortschritte zu erzielen!“
Am ersten Samstag eines jeden Monats findet im Fourtillfour das „Porsches and Coffee“ statt, zu dem sich rund 150 Porsche-Modelle aller Altersklassen zusammenfinden. Das Café richtet darüber hinaus einmal jährlich ein grösseres Event aus, für das die umliegenden Strassen für den Durchgangsverkehr gesperrt werden.
Dann kommen um die 350 Gäste mit ihren Fahrzeugen zusammen, um gemeinsam Essen und Live-Musik zu geniessen. Mittlerweile nimmt das Café richtig Fahrt auf: Es unterstützt Veranstaltungen wie die Rennsport Reunion und Luftgekühlt und arbeitet mit Marken wie Mobil1 sowie dem Pikes Peak International Hillclimb zusammen.
Einen seiner geliebten 356 konnte Samaras bis heute nicht hergeben: Er fand ihn zu seiner Zeit an der Kunstakademie unter einem Stapel alter Matratzen in San José. Sein Vorbesitzer hatte ihn ausgeschlachtet und die Karosserie in drei verschiedenen Grundierfarben angestrichen. „Das war ein richtiger Scheunenfund und farblich ein absolutes Chaos, aber immerhin war alles original“, erinnert sich Samaras. „Ich habe ihn wieder aufgebaut und bin im Hochsommer damit nach Monterey oder Los Angeles gefahren. Ich bin mit diesem Auto überall hingefahren. Dann stand er etwa ein Jahr lang vor dem Café, und die Leute haben schon gefragt, ob er überhaupt noch fährt. Ich bin darin buchstäblich tausende Meilen gefahren.“