Maryam, du bist seit vergangenen Sommer bei Porsche. In deiner Karriere hast du mit verschiedenen Luxusmarken im Einzelhandel gearbeitet. Was hat dich überrascht, als du zu Porsche gekommen bist?
Maryam Djavadi: Wenn ich an meine ersten Erfahrungen bei Porsche zurückdenke, war ich wirklich beeindruckt von der Vielfalt und der Anzahl der bereits global etablierten Kundenkontaktpunkte. Das einzigartige Design von Porsche, kombiniert mit einer leistungsstarken und vielfältigen Produktpalette, spiegelt sich in unseren Vertriebsformaten wider. Dies trägt zweifellos zu unserem starken Alleinstellungsmerkmal in der Automobilindustrie bei, basierend auf meinen Erfahrungen und dem, was ich bisher kennengelernt habe.
Porsche hat sich zum Ziel gesetzt, eine nahtlose Customer Journey zu gestalten, indem sowohl digitale Kontaktpunkte ausgebaut als auch die stationären Formate erweitert werden. Neben den klassischen Porsche-Zentren hat die Marke insbesondere in urbanen Gebieten weitere Formate etabliert. Kannst du uns einen Überblick geben?
Djavadi: Natürlich, 2017 wurde das Format „Porsche Studio“ erstmals umgesetzt. Porsche Studios befinden sich in urbanen Zentren mit dem Ziel, die Marke zu repräsentieren und Kunden sowie Interessenten über unsere Produkte und Dienstleistungen zu informieren. Wir möchten unsere Kunden dort erreichen, wo sie sind – nach dem Motto: „Be, where I am.“ Mittlerweile gibt es fast 30 Porsche Studios weltweit. Ein Jahr später, 2018, führten wir das temporäre Verkaufsformat „Porsche NOW“ ein. Darüber hinaus evaluieren wir ständig das Feedback unserer Kunden und Handelspartner, um unsere urbanen Vertriebsformate weiter zu stärken.
Könntest du das Pop-up-Format näher erläutern?
Djavadi: Porsche NOW wurde 2018 als innovatives und temporäres Vertriebsformat eingeführt. Die Idee dahinter ist, ein dynamisches, zeitlich begrenztes und immersives Markenerlebnis zu schaffen, das über das klassische Händlermodell hinausgeht. Wir möchten Porsche den Menschen näherbringen, indem wir das Porsche NOW-Konzept in stark frequentierten städtischen Gebieten umsetzen. Neben der Markenpräsenz liegt der Fokus der Pop-up-Formate klar auf der Generierung neuer potenzieller Kunden und dem Verkauf von Fahrzeugen.
Stellt das nicht eine Konkurrenz zu den traditionellen Porsche-Zentren dar?
Djavadi: Nein, im Gegenteil. Mit den urbanen Vertriebsformaten ermöglichen wir es Menschen mit der Marke in Kontakt zu treten, die sonst vielleicht nicht in Betracht gezogen hätten, Porsche zu besuchen. Der Erfolg der Marke basiert sowohl auf der Kundenbindung als auch auf der Gewinnung neuer Kunden, was die Bedeutung unserer bestehenden Kundenbasis unterstreicht und gleichzeitig unser fortwährendes Engagement zeigt.
Interessenten können ganz entspannt, zum Beispiel während eines Wochenendbummels mit der Familie in der Stadt, mit uns in Kontakt treten. Sie können sich bei Porsche NOW inspirieren und beraten lassen. Vor Ort können sie direkt ein Fahrzeug kaufen oder die nächsten Schritte im Porsche Zentrum nach ihrem ersten Gespräch bei Porsche NOW besprechen. Die Pop-ups werden von unseren lokalen Handelspartnern betrieben, die direkt mit dem lokalen Porsche-Zentrum verbunden sind.
Wie haben die weltweiten Märkte das Porsche NOW-Konzept aufgenommen und umgesetzt?
Djavadi: Wir setzen den Rahmen und definieren das Grundgerüst des Porsche NOW-Konzepts. Dann werden in Zusammenarbeit mit der lokalen Handelsorganisation individuelle Anpassungen vorgenommen. Wir vertrauen auch auf das Fachwissen unserer Handelspartner. Sie wissen, wo sich unsere Zielgruppen befinden und wie man sie am besten anspricht. Ich persönlich finde die kreative Umsetzung der Projekte beeindruckend. Zum Beispiel hatten wir in Kanada fünf Pop-ups gleichzeitig zur Einführung des neuen vollelektrischen Macan. Diese wurden teilweise in einem Einkaufszentrum oder auch im Freien als Containerlösung umgesetzt.
Spannend!
Djavadi: Absolut! Bei jedem neuen Porsche NOW ist es aufregend zu sehen, wie das Konzept von unseren Handelspartnern gestaltet und aktiviert wird. Seit seiner Einführung im Jahr 2018 wurden weltweit mehr als 50 Porsche NOW-Pop-ups erfolgreich installiert. Eines der Hauptziele von Porsche NOW ist es, neue potenzielle Kunden zu erreichen. Jedes Porsche NOW ist einzigartig. In London hatten wir vergangenen Herbst ein vierwöchiges Pop-up auf der belebten Einkaufsmeile „The Strand“. Während dieser Zeit fanden 16 Veranstaltungen statt, darunter zwei spannende Live-Painting-Sessions mit einem lokalen Künstler.
Was denkst du, macht ein Porsche NOW-Pop-up erfolgreich?
Djavadi: Ich bin überzeugt, dass Standort und Aktivierung der Schlüssel zum Erfolg sind. Der Standort ist entscheidend. Die Pop-ups haben eine flexible Dauer, von vier Wochen bis fünf Monaten. Daher müssen stark frequentierte Standorte gewählt werden, da nicht viel Zeit bleibt, um sich zu etablieren. Darüber hinaus gibt es nach wie vor Barrieren beim Betreten eines Porsche Standorts, wie es auch bei anderen Luxusmarken der Fall ist. Es ist wichtig, sich offen zu präsentieren. Letztendlich lebt ein Pop-up auch von der Aktivierung. Mit spannenden Kooperationen und Veranstaltungen kann man verschiedene Zielgruppen ansprechen. Unsere Handelspartner sind auch in diesem Bereich sehr kreativ. Die Veranstaltungen reichen von Live-Konzerten, Uhrenmacher-Workshops mit Porsche Design Timepieces bis hin zu Podiumsdiskussionen mit spannenden Gästen. Oft integrieren wir auch unsere Porsche-Markenpartner wie Aesop oder Burmester. Es ist inspirierend zu sehen, welche kreativen Ideen umgesetzt werden und wie viel Arbeit in das Design fließt.
Und wie wird der Erfolg eines Pop-ups gemessen?
Djavadi: Das ist tatsächlich nicht so einfach. Wir nutzen Retail-Analytics, um Kennzahlen wie Besucherzahlen, Lead-Generierung und Konversionsraten beim Porsche NOW-Pop-up zu messen. Diese dienen als erste Erfolgsindikatoren, neben den absoluten Fahrzeugverkäufen. Wenn jemand zum ersten Mal mit der Marke über Porsche NOW in Kontakt tritt, kauft er selten sofort ein Auto. In der Regel finden Testfahrten und weitere Beratungen statt, bis das individuelle Traumauto konfiguriert und bestellt wird. Dies setzt sich oft auch nach dem Ende des Pop-ups fort.
In Zukunft werden wir – gemeinsam mit unseren Handelspartnern – bereits bei der Auswahl des Porsche NOW-Standorts noch analytischer und überlassen nichts dem Zufall. Unser selbstentwickeltes Market Potential Intelligence-Tool nutzt künstliche Intelligenz, um Kunden-, Markt-, Händler- und fahrzeugbezogene Daten zu kombinieren, um das richtige Retail-Format am richtigen Standort zu platzieren.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit im Porsche NOW-Konzept?
Djavadi: Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil des Porsche NOW-Konzepts. Die Pop-up-Elemente können lokal produziert und mehrfach wiederverwendet werden. Zum Beispiel hatten wir 2023 ein Porsche NOW-Pop-up in München. Nach fünf Monaten wurde es abgebaut und einige Wochen später in Berlin wieder aufgebaut. Wann immer möglich, versuchen wir, Elemente des Konzepts zu recyceln und recycelbare Materialien zu integrieren. Wenn wir Räumlichkeiten für Porsche NOW übernehmen, versuchen wir, so viel wie möglich vom ursprünglichen Zustand zu erhalten und hauptsächlich mit unseren wiederverwendbaren Modulen zu arbeiten.
Welche internationalen Standorte haben sich für Porsche NOW besonders erfolgreich erwiesen?
Djavadi: Das ist schwer allgemein zu beantworten. Wir haben das Porsche NOW-Format bisher in 28 Ländern umgesetzt. Aus jedem Standort gewinnen wir neue Erkenntnisse. Wir arbeiten eng mit unseren Handelspartnern zusammen und schätzen ihr wertvolles Feedback sehr. Gemeinsam haben wir kürzlich die Bedeutung der Schaufensteraktivierung identifiziert und arbeiten derzeit an zukünftigen Lösungen für unsere urbanen Vertriebsformate.
Auf was können wir uns in diesem Jahr freuen?
Djavadi: Wir haben viel für dieses Jahr geplant. Ich möchte noch nicht zu viel verraten und es den Märkten und Handelspartnern nicht vorwegnehmen, aber wir können uns auf Sales Pop-ups auf der ganzen Welt freuen. Kürzlich wurden Porsche NOW-Pop-ups in Sydney und Taipei eröffnet. Und es werden in diesem Jahr noch einige weitere folgen. Wir werden auch die Porsche Studios weiter ausbauen: Unsere Kollegen in Korea haben gerade das fünfte Porsche Studio eröffnet, ebenso wie unsere Kollegen in den USA. Und wir freuen uns auch auf Eröffnungen in der Türkei und Mexiko.
Darüber hinaus fordern wir uns ständig heraus und optimieren unsere urbanen Vertriebsformate. Zum Beispiel verbessern wir mit unserem multisensorischen Projekt das Kundenerlebnis für alle Sinne: Sehen, Fühlen, Schmecken, Riechen, Hören.