Meister-Werk Leipzig

Ein naturbelassenes Idyll gleich neben einer Hightech-Fabrik. In Leipzig passt das perfekt zusammen. Heute schon bilanziell CO₂-neutral, macht sich das Porsche-Werk Zug um Zug fit für die Zukunft. Der nächste große Schritt folgt Ende des Jahres. Dann startet am Standort die Fertigung eines vollelektrischen SUV. Doch damit nicht genug: Porsche will den Weg konsequent weiter gehen.

Hinter einem einfachen Weidezaun aus Holz steht seelenruhig ein Auerochse inmitten seiner Herde. 1,6 Meter Schulterhöhe, mächtige Hörner, rund 700 Kilogramm Lebendgewicht. Es ist ein seltenes Bild, das sich dem ­Besucher im Nordwesten Leipzigs aus nächster Nähe bietet. Außergewöhnlich ist auch der Anblick aus der Perspektive des Auerochsen: Denn während sich das stattliche Tier an den Gräsern und Kräutern auf der Weide labt, nähert sich auf einer Offroad-Strecke jenseits des Zauns fast lautlos ein schwarzes SUV. Getarnt und ohne Nummernschild. An seinem Heck prangt ein Aufkleber: „Forschungs- und Entwicklungsfahrt“.

Ende 2023 Produktionsstart E-Macan

Das harmonische Miteinander ist kein Zufall. Gleich hinter der Weide beginnt das Gelände des Porsche-Werks Leipzig. Hier kommt das Erprobungsfahrzeug her. Und hier wird das spätere Serienmodell seine Heimat finden. Ende 2023 startet in der Messestadt die Produktion des neuen Macan. 800-Volt-Technologie, 450 kW Leistung, elektronisch geregelte Quersperre.

3 Antriebsarten in einem Werk

Ein vollelektrisches SUV, das der E-Offensive von Porsche zusätzlich Rückenwind verleihen wird. Das Unternehmen verfolgt in diesem Bereich eine der ambitioniertesten ­Strategien der gesamten Branche. Im Jahr 2030 will der Sportwagenhersteller mehr als 80 Prozent rein elektrische Fahrzeuge ausliefern.

Eine Erwartungshaltung, auf die Werksstrukturplaner Sebastian Ganswindt abgeklärt reagiert: „E-Mobilität kennen wir hier schon seit 2010“ – damals fertigte man die ersten Cayenne Hybrid-Modelle. „Aber der E-Macan wird uns ungeheuer pushen!“ Ganswindt kennt den Standort Leipzig. Er war hier von Anfang an dabei, hat entscheidend dazu beigetragen, dass das Werk organisch gewachsen ist. „Unser Anspruch für den neuen E-Macan bestand darin, Kosten und Prozesse optimal zu gestalten und das neue Fahrzeug in den Bestand zu integrieren. Also haben wir technisiert, die Montagehalle um 40 Meter verlängert, dazu Prüffeld, ‘Hochzeit‘ und Batterieanlieferung neu arrangiert.“ Die Folge: Porsche ist künftig in der Lage, Verbrennermodelle, Hybrid-Fahrzeuge und den vollelektrischen Macan in einer Linie zu fertigen.

Porsche-Werk Leipzig, 2023, Porsche AG
Für die nachhaltige Entwicklung des Porsche-Werks Leipzig: Dubbels (links), Engert (rechts), Ganswindt (online).

Eine enorme Flexibilität, aber Produktionsvorstand Albrecht Reimold blickt bereits voraus. Er formuliert das Unternehmensziel für das kommende Jahrzehnt: „Wir arbeiten darauf hin, dass unsere gesamte Wertschöpfungskette im Jahr 2030 bilanziell CO₂-neutral ist. Dazu gehört auch eine bilanziell CO₂-neutrale Nutzungsphase für künftige BEV-Modelle. Wir rechnen hier aktuell mit einer Gesamtlauf­leistung von 200.000 Kilometern pro Fahrzeug.“ Und Reimold fordert noch einen Schritt mehr: „Unser Anspruch bei Nachhaltig­keit geht über die Dekarbonisierung hinaus. Langfristig verfolgen wir die Vision der Zero Impact Factory, also einer Fabrik mit so wenig negativen Umweltauswirkungen wie möglich.“ Konsequente Verbesserungen in allen Bereichen – von der Ressourcen- und Materialeffizienz bis hin zur Biodiversität.

Genau das sind die Stichworte für Anke Höller. Sie ist innerhalb der Porsche AG gesamthaft für das Umwelt- und Energiemanagement verantwortlich. „Im Hinblick auf den Klimaschutz stellen wir uns mit der Vision der Zero Impact ­Factory dem Ziel, den ökologischen Fußabdruck in der Automobilfertigung auf ein Minimum zu reduzieren – ein ganzheitliches Konzept mit positiven Auswirkungen auf ­ökonomische, ökologische und soziale Aspekte“, erklärt Höller und verweist auf ins­gesamt elf Handlungsfelder: „Die Eckpunkte sind bereits gesetzt: Auf dem Weg zur Zero Impact Factory haben wir Scope-1- wie auch Scope-2-Emissionen im Fokus – also die direkten und indirekten CO₂-Emissionen ­unserer Produktionsstandorte.“

Unser Anspruch bei Nachhaltigkeit geht über die Dekarbonisierung hinaus. Langfristig verfolgen wir die Vision der Zero Impact Factory, also einer Fabrik mit so wenig negativen Umweltauswirkungen wie möglich. Albrecht Reimold, Porsche-Vorstand für Produktion und Logistik

Björn Engert steht auf dem Werksdach. Mit Blick auf die Fotovoltaikanlagen fasst der Energiemanager zusammen, wie Porsche Leipzig bereits heute Energie und Ressourcen schont. Die Produktion wird komplett mit Strom aus regenerativen Quellen betrieben. Ein Teil davon wird selbst produziert. Hierfür sind am Standort drei Fotovoltaikanlagen mit insgesamt rund 4,6 MWp Leistung installiert. Mit der Errichtung des Karosseriebaus für den neuen Macan und der Nutzung der dadurch entstandenen Dachfläche lässt sich dieser Wert auf ca. 9,4 MWp erhöhen. Engert zeigt mit dem Finger über das Hallendach hinweg in Richtung Süden. Direkt am Werk steht ein Biomasseheizkraftwerk. Es deckt etwa die Hälfte des benötigten Raumwärmebedarfs.

Porsche-Werk Leipzig, 2023, Porsche AG
Der Standort auf einen Blick: vorne das Porsche Experience Center, hinten die Produktionshallen.

Seit 2015 hat Porsche am Standort ein Ressourceneffizienzprogramm etabliert. Zu den erfolgreich umgesetzten Maßnahmen zählt die Öko-Steinmehlfilteranlage in der Lackiererei. Im Vergleich zum herkömmlich wasserbasierten System reduziert sie den Energiebedarf um bis zu 60 Prozent beim Auftragen des Lacks. Eines Tages stellte ein Maschinenführer fest, dass sich beim Farbenmischen die Pumpleistung ohne Qualitätseinbußen drosseln lässt. Spart Energie, schont das Material, wurde direkt umgesetzt. Oder im Karosseriebau: Durch eine moderne Kühlung der Roboter-Schweißzangen mit Wärmerückgewinnung wird der Stromverbrauch pro Jahr reduziert. Hinzu kommt der bewusste Umgang mit Abfall, Energie, Lösemitteln, Wasser und CO₂.

„Das Werk ist stark gewachsen, aber der Energieverbrauch ist kaum gestiegen“, erklärt Engert stolz. Porsche Leipzig sei „nachhaltig hoch vier“, scherzt er und zählt auf: Grünstromversorgung seit 2017; Platin-Auszeichnung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) 2019; Auszeichnung mit dem Lean & Green Management Award 2021; bilanziell CO₂-neutral – wie auch die Porsche-Standorte in Zuffenhausen und Weissach.

Die Motivation stimmt

Auf den Leistungen der Vergangenheit ruht sich der Leipziger Werksleiter Gerd Rupp nicht aus. Er kennt seine Belegschaft, 4.400 Frauen und Männer arbeiten in Leipzig. „Alle freuen sich auf den Produktionsstart des neuen Macan“, frohlockt er. Die Motivation stimmt.

Die Mitarbeiter stehen im Mittelpunkt der Transformation: Elektrifizierung und Digitalisierung verändern perspektivisch jeden vierten Arbeitsplatz bei Porsche grundlegend. Die 2021 gestartete „Workforce Transformation“ koordiniert dabei auch Umschulung und Fortbildung im gesamten Porsche Konzern. Eine der großen Qualifizierungsoffensiven der Unternehmensgeschichte.

Porsche-Werk Leipzig, 2023, Porsche AG
Die Motivation am Standort stimmt.
Porsche-Werk Leipzig, 2023, Porsche AG
Die Motivation am Standort stimmt.
Porsche-Werk Leipzig, 2023, Porsche AG
Die Motivation am Standort stimmt.

„Proaktiv gesteuert und mit Arbeitsplatzgarantie für die Stammbelegschaft bis 2030. Wir nehmen dabei alle mit“, sagt Personalvorstand Andreas Haffner dazu. Er setzt auch auf den Porsche-typischen Teamspirit: „90 Prozent unserer Leute sagen: Porsche ist ein attraktiver Arbeitgeber. Mehr als 80 Prozent sind zufrieden – ein Wert, auf den wir sehr stolz sind. Wir sind wie eine Familie, die sich zu Höchstleistungen pusht und aufeinander achtet.“

Offenbar eine besonders gastfreundliche Familie. Das zeigt sich auf dem Areal jenseits des Werkzauns. Der Arbeitsplatz von Beke Dubbels. Sie ist im Werk für Naturschutz und Umweltbelange zuständig. Da, wo 100 Jahre lang ein Truppenübungsplatz war, grasen heute Auerochsen und englische Exmoor-Ponys, leben Fasan, Schwarzmilan, Amphibien, Feldhasen, Rehe, Fledermäuse und 50 Bienenvölker. Das weitgehend naturbelassene Gelände umfasst 132 Hektar Land. „Die Natur ist Vorbild für uns“, sagt Dubbels: „Die Stärke liegt in der Vielfalt. Ein in sich funktionierendes Ökosystem, in dem jeder seinen Platz hat.“

Elf Handlungsfelder auf dem Weg zur Vision Zero Impact Factory

1 Umwelt-Compliance
2 Architektur und Wahrnehmung
3 Planung
4 Digitalisierung
5 Wasser
6 Energie und CO2
7 Material
8 Boden
9 Biodiversität
10 Schadstoffe
11 Mobilität

 

Info

Text erstmals erschienen im Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht 2022.

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Unternehmen

Dynamisches Doppel

Oliver Blume und Lutz Meschke sind sportbegeisterte Manager – und führen Porsche nach den Prinzipien eines Sportteams.

Verbrauchsangaben

911 Dakar

WLTP*
  • 11,3 l/100 km
  • 256 g/km
  • G Klasse
  • G Klasse

911 Dakar

Kraftstoffverbrauch* / Emissionen*
Kraftstoffverbrauch* kombiniert (WLTP) 11,3 l/100 km
CO₂-Emissionen* kombiniert (WLTP) 256 g/km
CO₂-Klasse G
CO₂-Klasse gewichtet kombiniert G