Ausserdem verrät er, warum Fliegenfischen ein gutes mentales Training für seinen Job im Cockpit des Porsche 911 GT3 Cup ist, wie er seinen Spitznamen "Bing Bong Beule" losgeworden ist und warum seine Freundin ihn nicht auf die Rennstrecke begleitet.
Herzlichen Glückwunsch zum zweiten Titel im Porsche Mobil 1 Supercup. Welcher war schwieriger zu erreichen, 2020 oder 2021?
Larry ten Voorde: Man sagt ja immer, der erste Titel ist der schwierigste. Ich glaube, das trifft auch auf mich zu. Letztes Jahr war mein Team GP Elite noch der Neuling im Supercup. Wir haben viel gelernt und sehr hart für den Titel gearbeitet. Dieses Jahr war die Situation anders. Als Titelverteidiger kannst du eigentlich nur verlieren. Wenn du ganz oben bist, spürst du den Druck, dort auch zu bleiben. Ich bin sehr glücklich, dass wir diesem Druck standhalten konnten und es erneut geschafft haben.
Was macht der Rennfahrer Larry ten Voorde dieses Jahr besser als im vergangenen?
Larry ten Voorde: Ich habe meine positive Entwicklung aus dem vergangenen Jahr fortgeführt und mich als Rennfahrer weiterentwickelt. Ich habe einen grossen Schritt nach vorn bei meiner Fitness gemacht. Ausserdem bin ich persönlich mental stärker geworden, aber auch wir als Team insgesamt.
Welches war Ihr bestes Rennen in der jetzt beendeten Saison?
Larry ten Voorde: Eigentlich gab es zwei. Der Saisonauftakt in Monaco, weil es schon etwas ganz Besonders ist, dort ein Rennen zu gewinnen. Und der Supercup-Lauf auf dem Hungaroring in Budapest. Ich bin als Vierter gestartet, hatte einige schöne Zweikämpfe und bin schliesslich als Sieger gewertet worden. Das war ganz wichtig für den Gesamtsieg im Supercup.
War ausgerechnet Ihr Heimrennen in Zandvoort, bei dem Sie nur als Fünfter ins Ziel kamen, das Schlechteste?
Larry ten Voorde: Ja. Wir haben einige Probleme gehabt. Deswegen war Rang fünf eigentlich noch ziemlich gut. Aber wir haben es als Team geschafft, die Probleme bis zum Finale in Monza zu lösen.
Was ist für Sie das Besondere am Porsche Mobil 1 Supercup?
Larry ten Voorde: Die unglaubliche Leistungsdichte an der Spitze. Der Porsche Mobil 1 Supercup ist der am besten besetzte Markenpokal weltweit. Wenn du dich hier durchsetzt, hast du wirklich etwas geleistet. Dazu kommt die Förderung durch Porsche. Ich habe es zwar nicht in das Junior-Programm geschafft. Aber heute sehe ich das sogar positiv. Dadurch, dass ich auf mich alleine gestellt war, musste ich noch härter arbeiten. Das hat mich geprägt. Natürlich ist es immer noch mein Ziel, Werksfahrer bei Porsche zu werden.
Wie bringt ein kleines Land wie die Niederlande mit nur rund 18 Millionen Einwohnern so viele Rennfahrer hervor?
Larry ten Voorde: Natürlich gibt es den Max-Verstappen-Effekt. So einen Rennfahrer wie Max hatten wir in den Niederlanden noch nie. Aber auch schon früher waren wir gut in der Nachwuchsarbeit, zum Beispiel im Kartsport. Ausserdem hat Motorsport bei uns einen hohen Stellenwert, da steckt eine grosse Leidenschaft dahinter.
Wie sind Sie selbst zum Motorsport gekommen?
Larry ten Voorde: Ich komme nicht aus einer Motorsport-Familie. Ich habe zusammen mit Freunden 2005 angefangen, Kart zu fahren. Ich bin dann auf die Kartbahn in Emsbüren in Deutschland gekommen. Hier habe ich sehr viel Zeit verbracht und bin viele Rennen gefahren. Man kann sagen, ich bin auf dieser Kartbahn aufgewachsen. Ich war zuletzt noch ein paar Mal da, weil die Kartbahn leider bald geschlossen wird. 2014 kam dann meine Rennsport-Karriere ins Stocken, weil mir das Geld gefehlt hat. In dieser Zeit habe ich angefangen, bei Fahrertrainings zu arbeiten, unter anderem für GP Elite. Ich habe Pylonen aufgestellt und Autos gewaschen. Damals habe ich auch mit dem Coaching angefangen. Dadurch bin ich wieder in den Rennsport zurückgekommen. Diese Chance habe ich genutzt.
Was haben Ihre Eltern gesagt, als Sie beschlossen, Motorsportler zu werden?
Larry ten Voorde: Ich weiss noch genau, wie mein Vater Henk zu mir gesagt hat: Du kannst gerne Rennsport machen, aber dann richtig. Ich habe ihm geantwortet: Ich will der Beste sein, dafür werde ich alles geben. Das hat ihn überzeugt und er hat mich unterstützt. Seine erste Forderung war, dass ich gut in der Schule sein muss. Das habe ich geschafft, denn nur so bekam ich frei, wenn ich Zeit für Rennen gebraucht habe. Mein Vater hat mir aber auch gesagt, auf was ich verzichten muss – zum Beispiel auf Partys. Ich habe mich daran gehalten und es hat funktioniert. Dafür bin ich meinem Vater sehr dankbar.
Was sagt Ihre Freundin zum Rennsport?
Larry ten Voorde: Wir kennen uns seit 2017, meiner ersten Saison im Porsche Carrera Cup Deutschland. Das war eine schwierige Zeit für mich, in der ich viele Rückschläge wegstecken musste. Meine Freundin Huyen hat immer zu mir gehalten, hat mich aufgemuntert. In diesen Momenten habe ich gefühlt, wie wichtig sie ist in meinem Leben. Ich bin schliesslich häufiger auf der Rennstrecke, als zu Hause. Die Beziehung zu meiner Freundin gibt mir die Kraft dazu.
Aber sie kommt nicht mit zu Rennen?
Larry ten Voorde: Darauf haben wir uns von Anfang an geeinigt. Auf der Rennstrecke bin ich zu 100 Prozent fokussiert, da will ich mich durch nichts ablenken lassen. Das hat sie akzeptiert. Einmal im Jahr kommt sie doch mit, meistens bei einem Rennen in Zandvoort.
Würden Sie Ihre eigenen Kinder darin unterstützen, Rennfahrer zu werden?
Larry ten Voorde: Ich würde meine Kinder in allem unterstützten, was sie machen wollen. Wenn es Rennsport ist, ist das ok. Und wenn es Reitsport ist, akzeptiere ich auch das. Wenn ich so darüber nachdenke: Ich als Coach meines eigenen Sohnes oder meiner eigenen Tochter – das wäre schon grosse klasse.
Der Porsche Mobil 1 Supercup fährt im Rahmen der Formel 1. Treffen Sie auf der Rennstrecke gelegentlich Max Verstappen?
Larry ten Voorde: Wir kennen uns aus unserer gemeinsamen Zeit in der Nachwuchsförderung des niederländischen Automobilsportverbandes KNAF. Auf der Rennstrecke begegnen wir uns eher selten. Aber ich fahre zum Beispiel für sein Simracing-Team Redline, dadurch haben wir häufig Kontakt. Ich habe grossen Respekt vor ihm, er ist wirklich mit den Füssen auf dem Boden geblieben.
Kann man beim Rennfahren am Computer etwas für den Porsche Mobil 1 Supercup lernen?
Larry ten Voorde: Sicherlich den Ehrgeiz, zu gewinnen. Wenn du im Simracing auf Profi-Ebene vorn mitfahren willst, musst du unglaublich hart trainieren und viel Zeit investieren. Das ist im „richtigen“ Rennsport nicht anders.
Geben Ihnen die vielen niederländischen Zuschauer an der Rennstrecke, die ja eigentlich wegen Max Verstappen da sind, eine zusätzliche Motivation?
Larry ten Voorde: Natürlich, denn sie unterstützen auch mich. Niederländer lieben Menschen, die Erfolg haben, sei es im Rennsport oder im Fussball. Das ist schon ein tolles Gefühl, das ganze Orange auf den Tribünen zu sehen und den Applaus zu hören, wenn ich auf dem Podium stehe.
Sie wirken mental extrem fokussiert...
Larry ten Voorde: Speziell daran habe ich in letzter Zeit sehr viel gearbeitet, zum Beispiel zusammen mit meinem Coach Jake Aliker, der auch Formel-1-Fahrer wie Max Verstappen betreut. Bei GP Elite haben wir ausserdem einen Mentaltrainer, Willem von Kleef, der mit allen im Team arbeitet. Das hat mir als Rennfahrer sehr viel gebracht.
Wie schaffen Sie, Ihr Auto nach jedem Qualifying und nach jedem Rennen ohne Kratzer an die Mechaniker zurückzugeben?
Larry ten Voorde: Das bringen die Erfahrung und die mentale Stärke mit sich, die ich mittlerweile habe. Das war in meiner Anfangszeit anders, damals hatte ich den Spitznamen Bing-Bong-Beule. Ich glaube, man ahnt, wie ich dazu gekommen bin. Damals stand ich unter einem immensen Druck. Noch 2019 wusste ich an einem Rennwochenende nie, ob es vielleicht mein letztes ist. Ich hatte nie genug Sponsoren, ich bin auch finanziell ein hohes Risiko eingegangen. Aber daraus habe ich gelernt. 2020 habe ich diese Phase endgültig hinter mir gelassen. Dabei spielte auch der Teamwechsel von Huber Racing zu GP Elite eine Rolle. Der ist mir wirklich nicht leicht gefallen, ich hatte eine tolle Zeit bei Huber Racing. Unser gemeinsames Ziel war es, den Porsche Carrera Cup in Deutschland zu gewinnen. Das haben wir geschafft, und darauf bin ich stolz.
Ihr Team GP Elite wirkt wie eine grosse Familie. Wie wichtig ist für Sie eine gute Atmosphäre im Team?
Larry ten Voorde: Natürlich gibt es auch bei GP Elite Druck. Wir wollen uns schliesslich immer verbessern. Aber für mich ist das positiver Druck. Ich kenne viele von den Jungs schon seit 2014. Wir arbeiten gemeinsam mit einer langfristigen Strategie. Wir sind erst das zweite Jahr zusammen im Porsche Mobil 1 Supercup, das erste Jahr im Porsche Carrera Cup Deutschland.
Sind Sie ein Teamplayer?
Larry ten Voorde: Zu 100 Prozent. Ich habe keine Geheimnisse vor meinen Teamkollegen, sie können alle meine Daten sehen. Den erst 16 Jahre alten Morris Schuring, der auch schon im Porsche Mobil 1 Supercup gefahren ist, coache ich ja sogar persönlich. In einem Team wie GP Elite macht das einfach Spass.
Welchen Beruf hätten Sie heute, wenn es mit Motorsport nicht geklappt hätte?
Larry ten Voorde: Ich hatte keinen Plan B. Ich habe alles für eine Karriere als Rennfahrer getan, mit vollem Risiko.
Larry ten Voorde (Niederlande)
Geboren: 2. Oktober 1996 in Usselo (Niederlande)
Wohnort: Enschede (Niederlande)
Erlernter Beruf: Studium Sport + Business Kommunikation
Hobbies: Sport, Simracing, Fliegenfischen
Die Karriere von Larry ten Voorde
2021 | Sieger Porsche Mobil 1 Supercup (GP Elite) |
2020 | Sieger Porsche Mobil 1 Supercup Virtual Edition Sieger Porsche Mobil 1 Supercup (GP Elite) Sieger Porsche Carrera Cup Deutschland (Nebulus Racing by Huber) |
2019 | 4. Platz Porsche Mobil 1 Supercup erster Sieg Porsche Mobil 1 Supercup, Monza (Italien) FIA World Endurance Championship, Porsche 911 RSR 1. Platz Kategorie ProAm in Bahrain (Bahrain) |
2018 | 3. Platz Porsche Carrera Cup Deutschland 2. Platz Rookie Porsche Mobil 1 Supercup |
2017 | Sieger Rookie Porsche Carrera Cup Deutschland (5. Platz gesamt) |
2016 |
Sieger GT4-Wertung Porsche Super Sports Cup (Porsche Cayman) |
2013 | 4. Platz Formel Renault Junior NEC |
bis 2012 |
Kartsport, mehrmals Sieger Wintercup Emsbüren (Deutschland) |