Seinerzeit zwar noch im Stadtteil Plainpalais und nicht in der Palexpo, aber eben doch auf dem Genfer Autosalon, lernte die Welt vor über 70 Jahren den ersten Porsche kennen. Es ist daher nur logisch, dass Genf in diesem Jahr die Geburtsstätte eines aussergewöhnlichen Zentrums geworden ist, zu dessen Aufgaben es gehört, sich besonderer Autos anzunehmen und sie weiterfahren zu lassen. Guy Meyohas, Inhaber der Orchid Sports Cars, der sowohl das Porsche Zentrum Genf als auch das Porsche Classic Zentrum Genf gehören, betont: „Für uns in der Porsche-Familie ist der Classic-Bereich unentbehrlich. Das ist unser Erbe, da kommen wir her. Und um zu wissen, wer wir sind, müssen wir wissen, woher wir kommen.“
Alle Liebhaber der Marke werden es bestätigen: Wer einen Porsche kauft, kauft nicht „nur“ ein Auto. Einen Porsche zu kaufen heisst, Besitzer eines kleinen Stücks Automobilgeschichte zu werden. Dieser Geschichte, die im Laufe der Jahrzehnte in goldenen Lettern auf allen Strassen, aber auch allen Rennstrecken der Welt geschrieben wurde. Welches Modell es auch sei – ein Porsche ist ein Auto für sich, sportlich, aber auch vielseitig. Ein Porsche bringt einen genauso gut täglich zur Arbeit, wie man sich darin auf einem Rundkurs auf der Suche nach der Ideallinie in die Kurven legen kann.
In jedem Porsche, vom 356 bis zum futuristischen Taycan, findet man dieses Erbe, diese besonderen Gene. Hinter dem Steuer gleich welchen Modells fühlt man sich einfach wohl, wie in einem Massanzug. Alles ist präzise, klar, ergonomisch. Und in jedem Porsche findet man diesen „Porsche-Geist“, wie bei einem Déjà-vu, wie wenn man sich zu Hause fühlt.
Schmuckstücke der Mechanik in einer prächtigen Hülle
Dieses Gefühl, „zu Hause“ zu sein, ist genau das, was man spürt, wenn man das brandneue Porsche Classic Zentrum in Genf betritt. Da gibt es den Showroom, in dem Ausnahmeautos ausgestellt werden, wie beispielsweise ein 911 2.2 E von 1970, ein 911 Carrera Speedster und ein 356 Pre-A 1500 S von 1953. Alle drei, noch immer so schön wie bei ihrer Auslieferung, wurden in einer heimeligen Umgebung in Szene gesetzt: eine Lederlounge, um sich gemütlich hinzusetzen, und eine moderne Bar zum Plaudern und Kaffeetrinken. Und das i-Tüpfelchen: riesige Glasfenster, die einen direkten Blick auf das Herzstück des Classic Zentrums, die Werkstatt, bieten. Jenen kostbaren Ort, wo die Schönheiten die Pflege erhalten, die ihre alterslose Jugend bewahrt. In dem Neben-Showroom „Workshop Spirit“ glänzen ein 911 Turbo und ein herrlicher 911 Carrera 2.7 RS Touring in voller Schönheit. Auch hier wieder ein direkter Blick auf die Werkstatt, in diesem Fall die Karosseriewerkstatt.
Dieser „häusliche“ Charakter ist der Dreh- und Angelpunkt des Projekts von Guy Meyohas und Patrick Losch, zweier Enthusiasten und Eigentümer des Porsche Zentrums Genf. „Ich werde mich immer an eine Veranstaltung erinnern, der ich beiwohnte und an der auch Wolfgang Porsche teilnahm. Zu Beginn seiner Rede erklärte er, dass er unendlich dankbar sei, dass wir das Werk, das sein Grossvater begonnen hat, weiterleben lassen. Mehr hätte er meinetwegen gar nicht sagen müssen; damit hat er alles auf den Punkt gebracht: dieses Gefühl, zur Porsche-Familie zu gehören, wie zu Hause empfangen zu werden, dieselbe Leidenschaft zu teilen“, erzählt Guy Meyohas.
Die Leidenschaft, die Liebe, die alle drei, Guy Meyohas und Patrick Losch zusammen mit Alexandre Mottet, dem Leiter des Porsche Zentrums und des Classic Zentrums Genf, für die Marke empfinden, sind die Basis der gesamten Porsche-Familie.
Restaurierung nur die Spitze des Eisbergs
Angesichts einer motorsportverrückten Kundschaft hat das Porsche Zentrum Genf entschieden, im Motorsport mit einem Rennteam, dem Orchid Racing Team, an den Start zu gehen. Es bietet spezielle Services, Unterstützung auf den Rennkursen und andere Dienste im Zusammenhang mit dem Steuern eines Porsche, der so genutzt wird, wie er gedacht ist: für sportliches Fahren. Um auch den vielen Kunden mit klassischen Sportwagen einen umfassenden Service zu bieten, spezialisierte sich das Zentrum bereits vor einigen Jahren auf historische Porsche-Modelle. Als es 2013 zum Käufer des Geländes neben dem Porsche Zentrum wurde, reifte bereits die Idee eines gesamten Kompetenzzentrums für Klassiker.
Eine Arbeit, für die man einen langen Atem braucht, und die mit der Suche nach und dem Erwerb von zertifizierten historischen Fahrzeugen begann. Und mit der Ausbildung sowie der Vermittlung von Know-how der alten Techniker, Karosseriewerker und Sattler an die Jüngeren, damit das Classic Zentrum Genf zu gegebener Zeit auf einen echten Erfahrungsschatz würde zurückgreifen können. „Es reicht nicht, sich zu sagen: ‚Ich mache jetzt in Classic’ und loszulegen. Man kann ja nicht einfach bei Porsche anrufen und zwei blaue 356, einen 911 von 1973 und einen Targa von 1968 bestellen. So läuft das nicht“, erklärt Guy Meyohas.
Überdies stellen die Wartung und die Restaurierung historischer Fahrzeuge ja nur die Spitze des Eisbergs dar. Dahinter steht das Wichtigste: Fahrzeuge zu finden natürlich, aber vor allem, sich von ihrem vorherigen Werdegang zu überzeugen, um ihre Authentizität garantieren zu können. Das Porsche Zentrum Genf musste sich also mit den ersten Oldtimern, die es wieder zum Leben erweckte, beweisen. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: drei Siege bei den Schweizer Porsche Classic Restauration Challenges, an denen das Porsche Zentrum Genf teilgenommen hat!
Ein Kompetenzzentrum auf höchstem Niveau
Die Abteilung Porsche Classic der Porsche AG vergibt das Label Porsche Classic nur an die Porsche Zentren, die ein festgelegtes Lastenheft erfüllen und so privilegierte Partner des Mutterhauses werden. Eine Ehre, die zurzeit weltweit nur drei anderen Zentren zuteil wird: einem in Frankreich, einem weiteren in den Niederlanden und schliesslich einem in Norwegen.
Zum Wert eines historischen Fahrzeugs, der häufig stattlich ist, kommen noch der emotionale und der Liebhaberwert, die ihrerseits unschätzbar sind. „Die Leute, die zu uns kommen, vertrauen uns ihren Wagen an, als würden sie uns ihr Kind anvertrauen“, erklärt Meyohas. „Wir müssen sie beraten, sie leiten, manchmal auch beruhigen. Und wir müssen ihnen unbedingt den perfekten Service anbieten, den sie von uns und von Porsche erwarten.“
Ein enges Vertrauensverhältnis
Das Eintauchen in das unterirdische „Paradies“ des Porsche Classic Zentrums in Genf zeigt, dass das Vertrauensverhältnis gegeben ist. Etwa dreissig Autos, hauptsächlich 911, warten auf den nächsten oder letzten Schritt ihrer Restaurierung, abhängig vom Eintreffen von Originalteilen oder der Fertigung von Karosserieelementen, die in der Werkstatt nach ursprünglichen Plänen und Spezifikationen rekonstruiert werden müssen.
Dort steht auch ein 356, der im Auftrag seines Eigentümers „für die Teilnahme an der Rallye Peking–Paris vor einigen Jahren verändert und verstärkt wurde: 13.000 Kilometer am Stück in fünf Wochen durch die mongolische Steppe, durch Sibirien und auf unmöglichen Strassen“, erläutert Alexandre Mottet. Und Guy Meyohas ergänzt: „Der Kunde bestand darauf. Er wollte an der Rallye hinter dem Steuer eines 356 teilnehmen und dass wir das Fahrzeug vorbereiten. Das haben wir gemacht.“ „Mit massgefertigten Teilen“, betont Mottet. „Wir haben ausserdem Unterstützung am Telefon geleistet, fünf Wochen lang, wegen der Zeitverschiebung auch mal um 2 Uhr morgens, um bei kleineren Schwierigkeiten und nötigen Einstellungen zu erklären, was wie zu tun war.“
In der verschworenen Restaurationsgemeinschaft hat sich Genf innerhalb kürzester Zeit einen ausgezeichneten Ruf erworben. Es zeigt sich: Leidenschaft ist etwas Wunderbares, aber sie kann auch Grundlage für einen soliden, funktionierenden Geschäftsplan sein. Im Übrigen geht es beim Classic Zentrum nicht nur um die Restauration, sondern vor allem um die Wartung und darum, den Nutzerkomfort eines historischen Porsche zu erhalten, wie Patrick Losch erinnert: „Eine Menge Arbeit unseres 15-köpfigen Teams läuft im Verborgenen ab; Fahrzeuge und Originalteile aufzufinden und für die Beschaffung zu sorgen, damit das Zentrum lebt.“ Geschäftsführer Alexandre Mottet veranstaltet regelmässig Rallyes und Ausfahrten, für das Gemeinschaftsgefühl und damit die Fahrzeuge auch bewegt werden. Guy Meyohas’ Fazit: „Wir wollen nicht, dass die Sammler-Porsche als Schmuckstücke in einem Safe vor sich hinschlummern. Wir wollen sie fahren sehen, um dieses Erbe, das man uns anvertraut hat, zum Leben zu erwecken und weiterleben zu lassen.“
Info
Text erstmalig erschienen im Porsche-Kundenmagazin Christophorus, Nr. 400.