Sera Trimble: das Streben nach Perfektion

Wenn Stuntfahrerin Sera Trimble an einem Hollywood-Film mitwirkt, kommt für sie nichts Geringeres als eine perfekte Performance in Frage. Das Gleiche sucht sie in ihren Autos.

Sera Trimble könnte man gut als Verkörperung des „American Dream“ bezeichnen. Sie begann als Mitarbeiterin im Parkservice eines Hotels in ihrer Heimatstadt Seattle, bevor sie schliesslich zu einer der gefragtesten Stuntfahrerinnen Hollywoods wurde, und das in weniger als zehn Jahren. Trimbles beruflicher Aufstieg ist nahezu stratosphärisch.

In diesem exklusiven Interview erzählt Trimble von ihrem Weg an die Spitze, warum sie gerne tief stapelt, um anschliessend alle Erwartungen zu übertreffen, und warum ihr Streben nach Perfektion eine grosse Zuneigung zu einer deutschen Marke in ihr geweckt hat. 

Haben Sie sich schon immer gewünscht, mit dem Autofahren Ihren Lebensunterhalt zu verdienen?

Mein Wunsch nach einem Beruf als Fahrerin hat sich als logische Weiterentwicklung meiner Interessen ergeben. In meiner Schulzeit habe ich Pizza ausgeliefert, das ist ein von Männern dominierter Fahrerjob. Als ich dann nach Seattle gezogen bin, um die dortige Kunstschule zu besuchen, habe ich in einem Blockbuster-Videoladen gearbeitet, in dem ich mit Männern viel über Filme geredet habe. Danach war ich im Parkservice eines Hotels angestellt und auch hier habe ich dann auch viel mit Männern geredet, aber über Autos. Und schliesslich habe ich diese beiden Bereiche dann irgendwie kombiniert und fahre jetzt Fahrzeuge in Filmen.

Nicht aus jedem Parkservice-Mitarbeiter wird ein Stuntfahrer. Wie haben Sie das geschafft?

Als ich in dem Hotel in Seattle gearbeitet habe, hatten wir einmal eine Filmcrew aus Los Angeles zu Gast. Der Regisseur beobachtete, wie ich die Autos vor dem Hotel hin- und herfuhr, und fragte mich dann, ob ich schon einmal darüber nachgedacht hätte, das Fahren zu meinem Beruf zu machen. Ich antwortete: „Tue ich nicht genau das gerade hier?“ Aber er fuhr fort: „Nein, ich meine in Werbespots und Filmen.“ Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht einmal, dass es so einen Beruf überhaupt gibt.

Dann lud er mich ein, dem Filmdreh als Produktionsassistentin beizuwohnen, um den Kamerakran, den Filmwagen und den Präzisionsfahrer zu sehen. Ich ergriff diese Gelegenheit beim Schopf und zahlte einem Kollegen 40 Dollar, damit er meine Frühschicht übernimmt und ich die Filmcrew begleiten konnte.

Ich habe wirklich gerne in dem Hotel gearbeitet, da ich meine Kollegen sehr mochte, deshalb war es hart für mich, über eine Karriere ausserhalb des Hotelgewerbes nachzudenken. Aber dann habe ich diese Filmcrew getroffen und sie waren alle so nett und ich dachte mir: Weisst du was, so etwas könnte ich mir für mich wirklich vorstellen. Ich mag all diese Menschen sehr gern.

Vier Monate später flog ich also nach Los Angeles.

Sera Trimble, 2019, Porsche AG
Trimble: „Es war hart für mich, über eine Karriere ausserhalb des Hotelgewerbes nachzudenken“

Und dort haben Sie Ihre Ausbildung zur Stuntfahrerin begonnen?

Genau. Ich ging auf die Rick Seaman Stuntfahrer-Schule, an die mich der Fahrer des vorherigen Filmdrehs in LA verwiesen hatte. Er sagte, es sei besser, wenn die Leute vorher schon wüssten, dass ich eine gewisse Erfahrung mit bestimmten Fahrmanövern wie 90-Grad-Slides und 180ern habe.

Die Ausbildung dauerte drei Tage und heimlich dachte ich mir immer wieder: „Ich möchte nicht nach LA ziehen, wenn ich es nicht drauf habe.“ Glücklicherweise meinten meine Ausbilder am Ende der drei Tage zu mir: „Sie sollten hier herziehen und es angehen.“ Und das habe ich dann auch getan.

Die ersten drei Jahre in Los Angeles verbrachte ich allerdings als Produktionsassistentin für den Dreh von Werbespots, um zu lernen, wie die Aufgaben am Set verteilt sind und wie die Dinge hier laufen. Alles, was ich an Geld übrig hatte, gab ich für jede Art von Fahrtraining aus, da ich nicht in die Situation kommen wollte, als Fahrer engagiert zu werden und dann nicht die gewünschte Leistung erbringen zu können.

Denn wenn man sagt, man sei ein Profi in etwas, dann muss das auch stimmen. Zu einem Job zu kommen und dann zu sagen „Ich weiss nicht, wie man das macht“, das ist für mich inakzeptabel.

Würden Sie sagen, dass Sie stets nach Perfektion streben?

Ja. Denn ich möchte gut fahren können, und nicht nur als Frau gut fahren können.

Ich strebe immer nach Verbesserung. Ich versuche stets, nicht zu versagen. Das ist im Prinzip mein Job. Mein Leben besteht daraus, zu verhindern, dass ich zum Protagonisten eines viralen Fail-Videos auf YouTube werde.

Sera Trimble, 2019, Porsche AG
„Ich möchte gut fahren können, und nicht nur als Frau gut fahren können“

Hatten Sie jemals so etwas wie einen Schlüsselmoment?

Zu meinen ersten grossen Jobs, zu denen mir mein Mentor Brent Fletcher verhalf, gehörte ein Werbespot für Domino‘s Pizza, in dem die Fahrerin die Pizzen in einer Art Gotham-City-Umgebung ausliefert – das war in etwa die Zeit, zu der The Dark Knight herauskam – und sie wird von dem Wagen von Joker gejagt und gerammt.

Ich hatte vorher schon jahrelang für Werbung mit durchschnittlichem Budget gearbeitet. Aber für diesen Werbespot hatten sie richtig aufgefahren: zwei riesige Kamerapakete, Trailer und so weiter – es sah aus wie an einem Filmset.

Dieser Dreh gehört aus mehreren Gründen noch immer zu den intensivsten Jobs, die ich je gemacht habe. Wegen zahlreicher unterschiedlicher Variablen.

Sind Sie auf diesen Job am meisten stolz?

Nein. Da würde ich einen Werbespot nennen, bei dem ich per 180-Grad-Slide rückwärts einparken musste.

In der Geschichte ging es darum, dass eine junge Frau ihre Führerscheinprüfung bei der DMV (Strassenverkehrsbehörde) ablegt und ihre Mutter sagt, sie solle einfach genau das tun, „was wir geübt haben“. Also rast das Mädchen durch die Fahrprüfung, meistert schlitternd den Slalom und dreht sich dann rückwärts um 180 Grad in eine parallele Parklücke vor der DMV.

Dieses Manöver war besonders schwierig, weil ich es eigentlich hätte vorwärts auf freier Fläche absolvieren sollen und das auch so geübt hatte. Aber das Auto liess das so nicht zu, da die Elektronik jedes Mal komplett abschaltete, sobald das Auto merkte, dass die Hinterräder blockierten. Daher war für mich kein Power-Slide in die Parklücke möglich und ich konnte die Handbremse nicht benutzen.

Dann hatte der Stunt-Koordinator die Idee, stattdessen einen Reverse-180er mit vollständigem Halt zu machen, gab jedoch auch zu bedenken, dass das wesentlich schwieriger sei. Ich versuchte, meine Nerven zu beruhigen, aber wenn mir auch nur ein kleiner Fehler unterlief, zwischen dem Loslassen des Pedals, dem Herumdrehen des Lenkrads und der Verlagerung des Gewichts, würde das Auto einfach rückwärts auf dem Bordstein aufsetzen. Und zu diesem Zeitpunkt wurde mir dann auch noch gesagt, dass dieses Auto eine Spezialanfertigung war, dass es noch keine Serienfertigung gab, und dass diese Reifen die einzigen ihrer Art in ganz Amerika waren.

Wir beschlossen, den Stunt auf einem nahe gelegenen Parkplatz zu probieren. Einmal musste ich sogar kurz meinen Mentor um Rat fragen und er lachte mich aus, weil ich auf und ab lief und zu hyperventilieren begann; in Bezug auf meine Fähigkeiten stapele ich immer gerne erstmal tief, um dann 110 Prozent zu liefern, aber ich bin definitiv kein Mensch, der in solchen Situationen cool bleiben kann.

Am Ende haben wir es dann einfach gemacht. Die Geschwindigkeit musste genau stimmen, damit das Auto nicht zu sehr rotiert und den Bordstein erwischt. Zum Glück sass neben mir noch ein Beifahrer im Auto, der als Stunt-Double für den Fahrlehrer fungierte. Er war sozusagen mein persönlicher Geschwindigkeitsanzeiger, da ich mit dem Blick Richtung Heckscheibe fuhr. Also rief er immer, „18, 20, 22“ und dann, „Halten, Halten, Halten“. Dann habe ich auf das Stichwort per Funk gewartet, das Auto zu drehen.

Alles musste sehr technisch und präzise ablaufen, aber wir haben es drei Mal wiederholt und ich habe nicht einmal den Bordstein gestreift.

In Ihrem Beruf fahren Sie alle möglichen Fahrzeuge, welches Auto steht in Ihrer eigenen Garage?

Nun, ich besitze ein ziemlich heruntergekommenes 911 Carrera G-Modell von 1986 mit IROC Stossstange. Der Wagen sieht ein bisschen aus wie ein 964 – mir gefällt der Look des Stossschutzes nicht so sehr, ich mag eine stromlinienförmige Optik lieber. Und dann habe ich noch einen Macan vor der Garage, denn die Strassen hier sind ziemlich schlecht und dieser Wagen fängt die Stösse wunderbar ab.

Sera Trimble, 1986 911 Carrera, 2019, Porsche AG
Sera Trimble und ihr 911 Carrera G-Modell von 1986

Warum gerade Porsche?

Weil die einfach toll sind. Ich hatte erst ein paar Sportwagen mit Heckantrieb und Frontmotor, wollte dann aber mal etwas anderes ausprobieren. Also entschied ich mich für einen Cayman GTS mit Mittelmotor und Heckantrieb, und so kam ich mit der Marke Porsche in Verbindung.

Ironischerweise gehöre ich aber nicht zu der Art von Frauen, die sich gern in neuen Autos zeigen, deshalb fuhr ich den Wagen in den vier Monaten, in denen ich ihn hatte, nur samstags und sonntags um sechs Uhr morgens mit Freunden den Angeles Crest Canyon hinauf. Um neun Uhr morgens stellte ich ihn dann wieder ab, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.

Schliesslich beschloss ich, auf einen Macan umzusteigen, der viele der guten Eigenschaften des Cayman ebenfalls besitzt, aber dabei unaufdringlicher ist. Den benutze ich hauptsächlich für meinen Arbeitsweg und für Roadtrips, aber es macht auch überraschend viel Spass, damit durch die Canyons zu fahren.

Aber der alte 911 ist Ihre wahre Liebe? 

Ja. Auch wenn es zu Anfang eher eine Art Hass-Liebe war, denn als ich ihn bekam, musste das komplette Getriebe erneuert werden. Aber als das behoben war, machte ich mit meinen Freunden eine Fahrt über 1.000 Meilen nach Big Sur zum Camping. Wir haben für die 1.000 Meilen, also rund 1.600 Kilometer, drei Tage gebraucht, weil wir Autobahnen gemieden haben und nur auf Landstrassen gefahren sind. 

Ich habe noch nie zuvor ein Auto erlebt, das so hart gefahren werden kann, mit 4.500 bis 5.000 Umdrehungen pro Minute bei einer Aussentemperatur von 43 Grad. Die Temperaturanzeige ging nie höher als bis zur Hälfte. Das war die beeindruckendste Power, die ich je gesehen habe. Das machen wir jedes Jahr mit etwa 20 Personen, wobei die meisten von uns alte 911, 356 oder 912 fahren. Ich liebe es immer zu sehen, was die anderen an ihren Autos gemacht haben; auch wenn die Wagen für ein ungeschultes Auge alle beinahe gleich aussehen, so hat doch jeder seine kleinen persönlichen Details. Das weiss ich mittlerweile wirklich zu schätzen.

Sera Trimble, 1986 911 Carrera, 2019, Porsche AG
Trimble über ihren 911: „Zu Anfang war es eine Art Hass-Liebe“

Wie viel haben Sie an Ihrem 911 gebastelt?

Sehr viel. Als erstes habe ich das Differenzial ausgetauscht. Ich stehe auf Sperrdifferenziale, weil ich die Reaktion des Wagens damit mag – wie der Wagen sich verhält, wenn man damit unterwegs durchstartet, ist einfach fantastisch. Auch das Fahrwerk wurde überarbeitet; vorne sind jetzt Tieferlegungsschenkel angebracht, durch die man niedriger sitzt, die es aber schwierig machen, die Auffahrt herunterzufahren. Und der Wagen hatte einen Frontspoiler, den ich aber etwas gekürzt habe, um ihn alltagstauglicher zu machen.

Die Motoraufhängungen sind komplett neu, ebenso wie der Auspuff, den ich statt der vorhandenen, nicht originalen Nachrüstanlage eingesetzt habe, welche schon bei Reisegeschwindigkeit dröhnte – ausserdem die mattschwarzen Felgen von Fifteen52. Ich finde es toll, dass das Auto keine Chrom-Elemente hat.

Was steht bei Ihnen als nächstes an?

In meinem Beruf ist es theoretisch möglich, dass ich fortan keinen einzigen Job mehr bekomme oder dass ich heute Abend angerufen werde und morgen arbeiten muss. Da fällt mir ein, dass ich heute Morgen einen Anruf bekommen habe und morgen arbeiten muss! Ich sollte das in meinen Kalender eintragen ...

Und in Bezug auf Autos? Der Macan eignet sich prima für die holprigen Strassen in meiner Gegend und mit dem 86er Carrera kann ich mich einfach gut identifizieren: Er ist laut, riecht nach Abgasen und sein Sound und sein Aussehen erinnern an ein hartes Rennfahrzeug.

Dieser Beitrag wurde vor dem Start des Porsche Newsroom Schweiz in Deutschland erstellt. Die genannten Verbrauchs- und Emissionsangaben richten sich daher nach dem Prüfverfahren NEFZ und wurden unverändert übernommen. Alle in der Schweiz gültigen Angaben nach WLTP-Messzyklus sind unter www.porsche.ch verfügbar.

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Verbrauchsangaben

911 Carrera S

WLTP*
  • 11,1 – 10,1 l/100 km
  • 251 – 229 g/km

911 Carrera S

Kraftstoffverbrauch / Emissionen
Kraftstoffverbrauch kombiniert (WLTP) 11,1 – 10,1 l/100 km
CO₂-Emissionen* kombiniert (WLTP) 251 – 229 g/km
Effizienzklasse: G