Wenn es am Berg röhrt, müssen da nicht immer Hirsche in der Brunft wirken – es können auch legendäre Porsche-Rennwagen sein. Wie jetzt am Hausberg von Salzburg, dem Gaisberg: Im Rahmen des diesjährigen Gaisbergrennens – einst eine Station der Europa-Bergmeisterschaft – hat Porsche seine seit 2016 erlebbare jährliche „Porsche Legends @“-Reihe gefeiert. Mit dabei: Die damals besten Bergrennfahrer Europas wie Rudi Lins und Eberhard Mahle, der damalige Motorsportleiter Helmut Pietsch sowie die leichtesten Bergrenner der 1960er Jahre wie Porsche 909, 910/8, 718 RS 60, 356 B 2000 GS Carrera GTL Abarth und 911 2.5 S.
Das „Porsche Legends @“-Trio: Fahrer, Autos und Ort
„Dass Porsche am 1288 Meter hohen Gaisberg fährt, liegt unter anderem daran, dass vor genau 90 Jahren dort das erste Rennen startete – und vor genau 50 Jahren das letzte“, erklärt Alexander Klein, Leiter Fahrzeugmanagement im Porsche Museum. Damals war die Rennstrecke genau 8,628 Kilometer lang und forderte mit einem Höhenunterschied von 672 Metern Mann und Maschine. „Ausserdem ist der Gaisberg für uns ein Ort der Ikonen“, fährt Klein fort. „Die ultraleichten Renner Porsche 909 und Porsche 910 sind nur zweimal in einem Rennen gegeneinander angetreten, nämlich am Mount Ventoux in Frankreich und am Gaisberg. Das ist Grund genug, um hier die Bergrenngeschichte von Porsche aufzuarbeiten.“ Denn die hat es in sich: Porsche fuhr von 1958 bis 1968 elf Jahre lang Werkseinsätze und sicherte sich dabei neun EM-Titel. Von 1958 bis 1977 hat ein Porsche regelmässig mindestens einen Klassensieg herausgefahren.
Aber nicht nur der 909, der leichteste jemals gebaute Porsche, und der 910/8, der damals aus absolut unkonventionellen Materialien bestand, wurden am Berg gefeiert, sondern auch drei weitere erfolgreiche Modelle. „Der Porsche 718 RS 60 debütierte 1958 und erwies sich sechs Jahre lang als Mass aller Dinge am Berg. Er sowie seine sehr ähnlichen Nachfolger sorgten für sechs Europameisterschafts-Siege“, erklärt Klein. Der Porsche 356 B 2000 GS Carrera GTL Abarth war mit drei EM-Klassensiegen von 1961 bis 1963 erfolgreich. Und der 911 2.5 S steht stellvertretend für die lange Siegreihe des 911 bei der Europa Bergmeisterschaft – Eberhard Mahle holte den Klassensieg schon beim zweiten Motorsporteinsatz des Modells. Zwischen 1966 und 1982 sicherten der Elfer und seine späteren Derivate insgesamt 15 EM-Bergchampionate.
Die Protagonisten von damals erinnern sich
Helmut Pietsch, einst Leiter Motorentechnik in der Kundensportabteilung im Werk 1, war in den 1960er Jahren der Techniker vor Ort: „Für uns galt: Aufs Wetter achten, in jedem Rennen den richtigen Getriebesatz verwenden und die Vergaser optimal mittig einstellen. Denn je höher die Hatz führte, desto fetter liefen die Motoren.“ Schliesslich war jedes Auto individuell auf den jeweiligen Fahrer eingestellt: „Gerhard Mitter zum Beispiel war ein echter Techniker. Der hatte viel Feingefühl, um seinen Wagen perfekt abzustimmen. Mitter hat jede Kleinigkeit analysiert und die Probleme gelöst.“ Sein Sohn Gerhard Mitter jr. bestätigt: „Mein Vater – Europa-Bergmeister in den Jahren 1966 bis 1968 – konnte alle Energie und Konzentration bündeln, wenn es nötig war. Er war ein sehr präziser Fahrer, er war sehr diszipliniert, und es hat ihm Spass gemacht. Allerdings durfte auch er sich von der ersten Zehntelsekunde bis zur letzten keinen Fehler erlauben.“ Was gar nicht so einfach war, da man grundsätzlich mit kalten Bremsen und kalten Reifen startete.
Eberhard Mahle, heute 86 Jahre alt, begann 1954 auf DKW und lag vor seinem Erfolg im Porsche 911 im Jahr 1966 wegen eines unverschuldeten Gokart-Unfalles eineinhalb Jahre im Krankenhaus. Am Gaisberg pilotierte er jetzt den Porsche 356 B 2000 GS Carrera GTL Abarth sicher nach oben – den er allerdings vorher nie am Berg fuhr, sondern mit dem er die 1000 Kilometer-Rennen am Nürburgring 1961 und 1962 bestritt. „Mein Berg-Auto war der 911, obwohl das Coupé eigentlich völlig untermotorisiert war“, erinnert er sich. „Ich trat im 165 PS starken 911 gegen 300 PS ausgelegte Ferrari 275 GTB und 370 PS starke Ford Shelby an. Das bedeutete: Ich hatte mit sechs Kilo pro PS zu tun, die Konkurrenz mit drei.“ Im ersten Rennen wurde er noch Dritter mit seinem selbst aufgebauten und veränderten Serien-911, doch dann setzen sich sein Fahrkönnen, die Leichtigkeit des Elfers und die hervorragende Traktion am Berg dank Heckmotor durch: „Ich gewann alle folgenden fünf Rennen, denn die besassen viel mehr Kurven als die erste Strecke am Rossberg. Damit war ich Europameister.“ Dass er ausgerechnet beim letzten Lauf am Gaisberg – da war das Auto mit Porsche-Werkshilfe bereits 182 PS stark – eine Leitplanke touchierte und aufgeben musste, ist nur eine Petitesse in Mahles Karriere.
Viel zu erzählen hat auch Rudi Lins (75), einst österreichischer Staats- und Bergmeister. 1967 wurde er Europa-Bergmeister auf Porsche 906. „Die Entscheidung fiel damals am Gaisberg. Ich musste dort unbedingt gewinnen, um mit dem Carrera 6 die Sportwagenklasse zu erlangen. Und es hatte geklappt.“ Dass er überhaupt Bergrennen fuhr, lag an zwei Umständen: Erstens gab es in Österreich in 1950er Jahren so gut wie keine Rundstreckenrennen, und zweitens besassen seine Eltern eine Porsche-Werkstatt. „Für die Rennerei haben wir fast ausschliesslich kaputte Autos gekauft und sie repariert.“ War Lins bei Langstreckenrennen als Werksfahrer unterwegs, bestritt er die Läufe am Berg immer privat. Dort pilotierte er alles Fahrbare von 356 SC über 1600 Carrera, 904, 906 und bei einem Rennen auch einen 910.
Nur der 909 Bergspyder war ihm verwehrt. Umso grösser seine Freude, als er jetzt dieses ikonische Auto beim diesjährigen Gaisbergrennen hochtreiben durfte. „Den fuhren damals nur Stommelen und Mitter“, weiss Lins noch genau. „Und schon damals habe ich bewundert, wie sensationell leicht der Wagen war. Jetzt habe ich den Motor auf 7000 Umdrehungen getrieben, habe andere überholt – was für ein Spass. Damit wurde nach so langer Zeit noch ein Traum wahr.“
Fünf ikonische Autos am Gaisberg
Der Porsche 909 war nur eine von insgesamt fünf Bergrenn-Ikonen, die Porsche jetzt zur Feier mitbrachte. Nur zwei Stück dieses Typs wurden gebaut – sie waren die leichtesten Porsche, die je auf Räder gestellt wurden: Inklusive Betriebsstoffe wog das Auto rennfertig gerade einmal 384 Kilo. Mit 275 PS im Heck bedeutete das ein Leistungsgewicht von 1,4 PS pro Kilogramm. Die GFK-Karosserie wog nur zehn Kilo, der Rahmen war aus Alu, die Schraubenfedern aus Titan. Dem Auto fehlten Lichtmaschine und Benzinpumpe, die Strom- und Spritversorgung wurde mit Silberbatterie und unter Druck stehender Benzinblase gelöst. Zwei bewegliche Heckspoiler waren mit der Radfederung verbunden – eine Idee, die später bei den ersten Porsche 917 übernommen wurde. Die Karriere des Modells war allerdings kurz: 1968 wurde einer der beiden 909 zwei Mal eingesetzt – dann entschied sich Porsche für Rundstrecken- und Rallyeeinsätze.
Vor dem 909 beherrschte der Porsche 910/8 Bergspyder das Geschehen. Mit den verbauten Materialien wie Titan (Bremssättel), Beryllium (Bremsscheiben), Magnesium (Räder), Elektron (Tank), Kunststoff (Karosserie) und Aluminium markierte er das Optimum des damals technisch Machbaren. Das Fahrwerk ähnelte dem aus der Formel 1. Der 910/8 wog anfangs knapp 450 Kilo, der Gitterrohrrahmen steuerte nur 28 Kilo bei. 1968 brachte der weiterentwickelte Rennwagen nur noch 400 Kilo auf die Waage. Angetrieben von 275 PS aus einem Achtzylinder-Boxer war der Rennwagen ein faszinierendes Ingenieurswerk, das in drei Sekunden auf 100 km/h sprinten konnte. Ein Original hat das Porsche Museum kürzlich aufwendig konserviert – auch, um es am Gaisberg auszustellen.
Das erste erfolgreiche Bergrennauto aber ist der 718 RS 60 aus dem Jahr 1960, ein direkter Nachfahre des 550 A Spyder von 1956 und des 718 RSK. Weil ein neues Reglement von den Einsatzwagen mehr Seriennähe und grössere Mindestmasse verlangte, vergrösserte Porsche den Rahmen des 718 RSK, um unter anderem einen kleinen nutzbaren Gepäckraum zu schaffen. Letztlich gab es auch eine höhere Windschutzscheibe – die sich in Sachen Beschlagen, Dreck und Wasser jedoch als problematisch erwies, so dass innen ein weiterer Scheibenwischer angebracht werden musste. Der Gewichtszuwachs wurde unter anderem mit leichteren Rädern und Magnesium-Bremstrommeln kompensiert. Die Sportwagenschmiede spendierte ausserdem eine völlig neue Hinterradaufhängung mit je zwei Dreieckslenkern, auch die Vorderachse wurde optimiert. Das alles verbesserte die Fahreigenschaften deutlich. Der Königswellenmotor leistete 142 PS. Neben den Siegen der Berg-Europameisterschaften in den Jahren 1960 und 1961 war dieses Modell auch bei der Targa Florio 1960 und im gleichen Jahr bei den zwölf Stunden von Sebring erfolgreich. In Amerika erhielt das Auto den Kosenamen „The Giant Killer“ – weil er Brecher wie Mercedes, Maserati und Ferrari in Schach halten und schlagen konnte.
Um auch in der GT-Klasse der EM-Meisterschaft Anfang der 1960er Jahre noch konkurrenzfähig zu sein, liess Porsche den Leichtbauspezialisten Carlo Abarth eine neue Karosserie für den 356 B schneidern. Das Ergebnis: der Porsche 356 B 2000 GS Carrera GTL Abarth. Die neue Karosserie aus Aluminium fiel flacher aus und war viel windschlüpfiger. Innen warf der Italiener alles Überflüssige heraus inklusive Dämmmaterial. So entkernt wog der Porsche Abarth fast 120 Kilo weniger als ein serienmässiger 356 B, was sich in 778 Kilo manifestierte. Der Fuhrmann-Motor leistete 135 PS. Damit sicherte sich das Modell diverse Klassensiege, auch bei den Bergmeisterschaften von 1960 und 1961.
Schliesslich hatte das Porsche Museum noch einen 911 2.5 S im Gepäck, der genauso brüllend wie die anderen Porsche den Berg unsicher machte. Der Rennwagen war als Kundensportfahrzeug für GT-Fahrzeuge ab Ende 1971 zu kaufen. Der Hubraum war dank Nikasil-beschichteter Leichtmetallzylinder, grösserer Bohrung und hochverdichteter Rennkolben etwas gewachsen im Vergleich zum Strassenpendant. Der Wagen geriet etwas leichter und die Kotflügeldimensionen wuchsen, damit man grössere Räder und Spurweiten darunter schrauben konnte. Weitere Feinarbeit am Motor ergaben letztlich 270 PS – 80 PS mehr als beim Strassenpendant. Der Renner wog 960 Kilo und wurde letztlich nur 21 Mal gebaut.
Überraschung: Porsche Boxster Bergspyder (981)
Mit einer noch nie gezeigten voll funktionsfähigen Machbarkeitsstudie überraschte Porsche alle Anwesenden nach dem Auftakt des Gaisbergrennes: Porsche-Exterieur-Designer Grant Larson fuhr persönlich mit dem Boxster Bergspyder (981) vor. Der Stylist hatte mit einem Team im Jahr 2015 auf Basis des Boxsters ausprobieren dürfen, wie leicht man ein Strassenauto zu jenem Zeitpunkt überhaupt machen könnte. „Unser Ziel war zunächst, unter einer Tonne zu bleiben. Doch das war nicht möglich, weil die Basis mit seinen vielen Sicherheitsvorkehrungen und aufgrund seiner Steifigkeit vergleichsweise schwer ist. So nahmen wir uns als Limit 1099 Kilo vor.“ Zuerst wurde der zweite Sitz entfernt, dann das Dach und die Windschutzscheibe. Dann sorgte Larson dafür, dass bei einem Boxster endlich der Motor mal sichtbar wurde.
Das Auto ist voll fahrfähig und wird von 393 PS und 446 Newtonmetern befeuert. Das letztliche Gewicht von 1099 Kilo sollte zumindest theoretisch dafür sorgen, eine Nürburgringrunde in weniger als 7.30 Minuten zu schaffen und damit an die Zeiten des 997 GT2 heranzukommen – eben eines Porsche würdig. Erst recht der eines leichten Bergspyders.
Dieser Beitrag wurde vor dem Start des Porsche Newsroom Schweiz in Deutschland erstellt. Die genannten Verbrauchs- und Emissionsangaben richten sich daher nach dem Prüfverfahren NEFZ und wurden unverändert übernommen. Alle in der Schweiz gültigen Angaben nach WLTP-Messzyklus sind unter www.porsche.ch verfügbar.