„Nicht die Anzahl ist entscheidend, sondern die Qualität“

Der Belgier Johan-Frank Dirickx besitzt rund 50 Porsche-Modelle. Über eine Passion, die mit einem knallgelben 911 Carrera RS 2.7 begann – und Dirickx bis auf den Kurs von Le Mans führte.

„Sag mal, Johan – was für ein Auto soll ich mir kaufen?“ Jim Delwiche blickt seinen zehnjährigen Enkel an und präzisiert dann die Auswahlmöglichkeiten: „Den Porsche oder die Corvette?“ Ein Dialog mit dem Grossvater führte zu dem Plan, alle luftgekühlten RS-Modelle zu sammeln.

Die Antwort des kleinen Johan-Frank Dirickx sollte seinen Lebensweg prägen. „Mein Grossvater fuhr einen britischen Sportwagen – haderte jedoch mit dessen Alltagstauglichkeit“, sagt der heute 63-Jährige. „So kam es zum schicksalhaften Moment.“ Wer die Sammlung von Dirickx im belgischen Antwerpen besucht, weiss sofort, auf welchen Sportwagenhersteller die Wahl fiel. Rund 50 Porsche-Modelle stehen in dieser grosszügigen, hell ausgeleuchteten Garage – fein säuberlich in speziellen Regalen aufgereiht.

Johan-Frank Dirickx, Moby Dick 935 aus dem Jahr 2019, Antwerpen, 2022, Porsche AG
Dirickx mit seinem 935 aus dem Jahr 2019. Der GT2-RS-Motor mit 691 PS und die am Moby Dick 935 orientierte Karosserie machen das Fahrzeug zu einem seiner Lieblingsmodelle.
 Johan-Frank Dirickx‘ Porsche-Sammlung, Antwerpen, 2022, Porsche AG
Ob Bilder an der Wand, automobile Exponate oder Dirickx‘ Porsche-Sammlung – seine Leidenschaft erstrahlt in allen Farben.
Johan-Frank Dirickx‘ Porsche-Sammlung, Antwerpen, 2022, Porsche AG
Damit alle Porsche-Sportwagen ihren Platz in Dirickx‘ Garage finden, hat der Belgier spezielle Regale installiert.
Johan-Frank Dirickx‘ Garage, Antwerpen, 2022, Porsche AG
In Dirickx‘ Garage befinden sich nicht nur Fahrzeuge – die Ecken ohne Autos sind zwar überschaubar und doch ebenso spannend.
Panamera 4S E-Hybrid Sport Turismo, Antwerpen, 2022, Porsche AG
Privat fährt Dirickx einen Panamera 4S E-Hybrid Sport Turismo in Brewstergreen.
Johan-Frank Dirickx' Garage, Antwerpen, 2022, Porsche AG
Beim Gang durch Dirickx‘ Garage fühlt man sich bisweilen wie in einem Porsche-Museum.

Anfangs kaufte noch der Grossvater, der dem Gespür des Enkels vertraute. „Auf den ersten 2-Liter 911 Targa S folgte ein 2,2-Liter 911 S, dann ein 2,4-Liter S“, erinnert sich Dirickx. „Als ein knallgelber Carrera RS 2.7 hinzukam, war ich endgültig elfersüchtig geworden.“ Der grosse Moment folgte nach bestandener Führerscheinprüfung – Dirickx bekam Zugriff auf die Zündschlüssel. Hätte es dieser noch bedurft, könnte man von der Initialzündung sprechen. Doch es war die ultimative Bestätigung einer absoluten 911-Liebe. Die dazu führte, dass sich Dirickx mit 18 Jahren seinen ersten Elfer zulegte, einen gebrauchten 911 T. Der Wiederverkauf folgte allerdings schnell – sein Budget reichte noch nicht für die Restaurierungsarbeiten. So genoss Dirickx während des Wirtschaftsstudiums weiter die Fahrzeuge seines Grossvaters. „Unvergessen ist eine Fahrt im 911 Turbo auf den damals noch fast leeren Strassen rund um Antwerpen.“ 

Weniger ist mehr, Johan-Frank Dirickx, Antwerpen, 2022, Porsche AG

Selbstverständlich sind deshalb in seiner Garage auch zwei 911 Turbo (Typ 930) zu finden: ein 3.0 und ein 3.3 – im Idealzustand. Sie dokumentieren in Perfektion einen Teil von Dirickx’ Philosophie. Für ihn gilt: „Ein Wagen muss entweder im Originalzustand bleiben – also mit entsprechender Patina – oder er wird perfekt restauriert.“ Patina könne man nicht herbeirestaurieren. „Sie muss aber – wo immer möglich – erhalten werden.“

Johan-Frank Dirickx, Porsche 911 RS in Rubystar, Antwerpen, 2022, Porsche AG
Melancholie: Seinen ersten 911 RS in Sternrubin besitzt Dirickx seit 30 Jahren.

Nach dem Einstieg ins Berufsleben perfektionierte Dirickx diese Philosophie. Mit 33 Jahren kaufte er sich wieder einen Elfer – dieses Mal, um ihn zu behalten. Er erstand einen 911 RS (Typ 964) in Sternrubin. Die beiden Buchstaben RS waren wichtig, hatten die Fahrten mit dem RS 2.7 seines Grossvaters doch die Basis für Dirickx’ Wertschätzung von Leichtbau gelegt – „obwohl es eigentlich ein Anachronismus ist, für einen abgespeckten Wagen mehr zu zahlen“, wie der Sammler schmunzelnd feststellt. „Aber der 964 RS besitzt den absoluten Spirit eines Rennwagens.“ Die Lust an diesem Attribut sollte ihn nie mehr verlassen. Also begab er sich auf die Suche nach dem Objekt, das einst seine Leichtbauliebe begründete. „Nach 30 Jahren fand ich in der Nähe von Barcelona den RS meines Grossvaters“, erzählt Dirickx. „Aber der war zerstört. Der Besitzer hatte sich bei der Restauration eine 911-T-Karosserie zum Vorbild genommen – es war nicht mehr der RS, den ich kannte.“ Seine RS-Affinität erlosch dadurch jedoch nicht. Heute zählen zwei der begehrten Exemplare zu seiner Sammlung – und mit dem RS 2.7 in der Basisvariante sogar ein ganz seltenes Modell.

Johan-Frank Dirickx, Porsche 911 R in Weiss, Antwerpen, 2022, Porsche AG
Raritäten: Neben seltenen Modellen wie dem weissen 911 R finden sich in Dirickx’ Garage farbenfrohe Rennsportexponate.

Der Star der Garage ist aber ein weisser 911 R von 1967. Nur 20 Stück wurden davon gebaut. „Der heilige Gral“, sagt Dirickx. „Unglücklicherweise ist er so wertvoll, dass man ihn eigentlich nicht mehr fahren sollte.“ Überhaupt zeichnet sich die Sammlung durch Leichtbauwagen aus. Der Plan, alle luftgekühlten RS-Modelle zu besitzen, ist ihm geglückt – bis auf einen IROC RSR. „Heute habe ich auch den RS 3.0, den 3.0 RSR und seit kurzem auch einen 934“, sagt er. „Sogar zwei der 911 SC/RS stehen hier – auch davon wurden lediglich 20 Stück produziert.“ 

Natürlich besitzt Dirickx auch wassergekühlte Porsche-Modelle. Etwa einen 911 GT3 RS (Typ 996) oder den 935 (2019), dessen Karosserie sich am „Moby Dick“ getauften Renn-Elfer der späten 1970er-Jahre orientiert. Doch schliesslich ist es bei ihm so wie bei vielen Sammlern: „Ich liebe die luftgekühlten, leichten, frühen Rennwagen – im Grenzbereich schwer fahrbar, aber unendlich faszinierend.“ 

„Der Star ist der 911 R.“  Johan-Frank Dirickx

Artgerecht bewegen kann der Belgier seine Fahrzeuge auch – er fuhr bereits zweimal die 24 Stunden von Daytona, ging beim 12-Stunden-Rennen von Sebring oder bei Le Mans Classic an den Start. Mehr Spass machen ihm aber Rallyes. Oder das Driften: „Im Winter übe ich auf zugefrorenen Seen in Skandinavien“, erzählt er und dreht seine Hände am imaginären Lenkrad – und wer genau hinschaut, erkennt, dass auch der Gasfuss sich sanft bewegt.

Info

Text erstmals erschienen im Christophorus Magazin, Ausgabe 404.

Autor: Jürgen Lewandowski

Fotos: Theodor Barth, Lies de Mol

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