Und doch ist eben dies vor 20 Jahren passiert – mit grossem Erfolg. Es ist gelungen, den Mythos Porsche erfolgreich auf ein völlig neues Marktsegment zu übertragen. Souveräner Offroader, luxuriöser Reisebegleiter und gleichzeitig hochemotionaler Sportwagen – so lautet bis heute das Erfolgsrezept des Cayenne.
Mit unternehmerischer Weitsicht, Porsche-typischer Akribie und hohem Qualitätsanspruch ging der Sportwagenhersteller das intern „Colorado“ getaufte Projekt Ende der 1990er-Jahre an. Um dem Performance-Anspruch an die Marke auch beim SUV gerecht zu werden, entwickelten die Ingenieure für den Cayenne einen neuen V8-Motor, der in puncto Leistung und Drehmoment Spitzenwerte ermöglichte: Im Cayenne S brachte es das 4,5-Liter-Aggregat auf 250 kW (340 PS) bei einem maximalen Drehmoment von 420 Nm. Der Cayenne Turbo holte aus demselben Hubraum 331 kW (450 PS) und lieferte 620 Nm. Dadurch ergaben sich Fahrleistungen auf Sportwagen-Niveau, etwa Höchstgeschwindigkeiten von 242 beziehungsweise 266 km/h. Besonderheiten des Vierventilmotors waren die VarioCam-Technik, die einen Nockenwellen-Verstellwinkel von 25 Grad erlaubte, sowie die integrierte Trockensumpfschmierung, die auch bei höherer und länger anhaltender Querbeschleunigung eine sichere Schmierung aller Motorteile gewährleistete.
Der V8-Motor war bereits in seinen Grundzügen so ausgelegt, dass alle Bauteile auch höheren Belastungen problemlos gewachsen waren. Und das war gut. Denn vier Jahre nach der ersten Cayenne-Weltpremiere legte die in Hemmingen angesiedelte Baureihe noch einmal kräftig nach: 2006 kam der Cayenne Turbo S auf den Markt, der damals zweitstärkste Porsche mit Strassenzulassung nach dem Supersportwagen Carrera GT.
Turbo S als Spitzenmodell mit 383 kW (521 PS)
Optisch gab sich das neue Spitzenmodell zurückhaltend, nur der Schriftzug verriet das gewaltige Leistungspotenzial. Der V8 trat im Turbo S mit stolzen 383 kW (521 PS) an, und das maximale Drehmoment wurde im Vergleich zum Turbo um weitere 100 auf 720 Nm angehoben. Fahrdynamisch setzte der Cayenne Turbo S damit seinerzeit Massstäbe im Segment: In 5,2 Sekunden erreichte das 2.355 Kilogramm schwere SUV die Marke von 100 km/h und war damit fast eine halbe Sekunde schneller als der Turbo. In der Spitze erreichte der Turbo S 270 km/h.
Die Steigerung von Leistung und Drehmoment gelang vor allem durch eine Überarbeitung der beiden Ladeluftkühler. Sie kühlten die verdichtete Luft jetzt noch besser, auch weil die Wärmetauscher nun komplett aus Aluminium gefertigt waren und um 13 Millimeter grösser ausfielen. So konnte der Ladedruck je nach Drehzahl um bis zu 0,2 auf 1,9 bar angehoben werden – die Leistung stieg.
Es spricht für die Weitsicht der Ingenieure, dass auch Fahrwerk und Bremsen mit dem gewaltigen Potenzial des Cayenne Turbo S souverän umgehen konnten. Das gesamte Fahrzeug war auf sportliche Höchstleistungen vorbereitet. Baureihenleiter Wolpert brachte viel Erfahrung mit Regelungssystemen mit und forcierte auch beim Cayenne deren Einsatz bei Dämpfung und Allradsystem. So profitierte die Traktion aller Cayenne-Modelle vom neuen Porsche Traction Management (PTM). Es verteilte die Antriebskraft standardmässig im Verhältnis 62:38 zwischen Hinter- und Vorderachse, war zudem über eine Lamellenkupplung variabel und konnte bei Bedarf zwischen 100:0 und 0:100 jedes Kraftverhältnis zwischen Vorder- und Hinterrädern umsetzen. Abseits befestigter Strassen konnte sich der Cayenne-Fahrer zusätzlich auf ein Untersetzungsgetriebe verlassen. Eine 100-Prozent-Längssperre verhinderte das Durchdrehen der Räder auch dann, wenn sie kurzzeitig vom Boden abhoben.
Sportliche Höchstleistungen auf der Strasse und im Gelände
Das souveräne Fahrgefühl auf und abseits der Strasse stellte neben dem PTM auch das Porsche Active Suspension Management (PASM) sicher. Es kam ebenfalls im Cayenne erstmals zum Einsatz. Im Cayenne Turbo S wurde es zusammen mit der Luftfederung serienmässig angeboten. PASM regelt permanent die Dämpfkraft und bezieht den Zustand der Fahrbahn und den Fahrstil des Cayenne-Piloten in seine Berechnungen ein. Die Luftfederung half auch im Gelände: Aus der ohnehin stattlichen Bodenfreiheit von 21,7 Zentimetern mit Stahlfahrwerk wurden bei den Cayenne-Modellen der ersten Generation mithilfe der Niveauregulierung innerhalb der Luftfederung bis zu 27,3 Zentimeter.
Exklusiv für den Cayenne Turbo S gab es die grösste Bremsanlage, die Porsche bis dahin jemals in Serienfahrzeugen verbaut hatte: Der Durchmesser der vorderen Bremsscheiben wuchs im Vergleich zum Turbo von 350 auf 380 Millimeter, hinten kamen 358 statt 330 Millimeter grosse Scheiben zum Einsatz. Entsprechend vergrösserten sich die Bremssättel, was den Einsatz von mindestens 19 Zoll grossen Rädern erforderte. Diese Felgengrösse war für den Einsatz von Winterreifen vorgesehen. Serienmässig war der Cayenne Turbo S mit 20-Zoll-Rädern ausgerüstet. Die Leichtbau-Räder trugen Reifen der Grösse 275/40, die speziell für den Cayenne entwickelt wurden und für Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h zugelassen waren.
Einstiegsmodell, Diesel und eine Vorschau auf die Zukunft
Von 2002 bis 2007 brachte Porsche vier Varianten des ersten Cayenne auf den Markt: Neben Cayenne S, Cayenne Turbo und Cayenne Turbo S wurde noch ein Cayenne ohne jedwede Zusatzbezeichnung angeboten. Dieses Modell diente als Einstieg in die Baureihe und war mit einem V6-Motor des Kooperationspartners Volkswagen bestückt. Der 3,2-Liter-Benziner leistete 184 kW (250 PS) und erreichte ein maximales Drehmoment von 310 Newtonmeter. Zur Produktaufwertung 2007 – auch Facelift genannt – gab es Leistungszuwächse bei den etablierten Motoren. Der Cayenne Turbo S behauptete sich mit jetzt 404 kW (550 PS) an der Spitze. Ausserdem kamen der Cayenne GTS (298 kW/405 PS) und der Cayenne Diesel (176 kW/240 PS) als neue Motorisierungen hinzu. Mit der voll funktionsfähigen Studie des Cayenne Hybrid wagte Porsche ausserdem einen ersten Blick in die teilelektrifizierte Zukunft.
Insgesamt gab es zwischen 2002 und 2010 vom Porsche Cayenne der ersten Generation sechs Motorisierungs- und acht Ausstattungsvarianten. Damit konnten auch SUV-Interessenten bei Porsche auf die markentypische Vielfalt zugreifen. 276.652 Cayenne liefen in der ersten Generation vom Band. Volumenmodell war dabei er Cayenne S mit einem Anteil von 38,9 Prozent. Der Turbo S blieb mit 5.445 Auslieferungen der exklusive Supersport-Solitär. Eine massgebliche Rolle als sportliche Ausnahmeerscheinung innerhalb des Segments spielt auch heute ein Mitglied der Cayenne-Familie: Mit dem 471 kW (640 PS; ) starken Cayenne Turbo GT der aktuellen Generation brachte Porsche 2021 ein auf maximale Längs- und Querperformance abgestimmtes „Supersport Utility Vehicle“ auf den Markt, das mit seinen überragenden Fahreigenschaften ebenso Massstäbe setzt, wie es einst der erste Cayenne Turbo S getan hat.