War der intern als E1 bezeichnete erste Cayenne noch unter Designchef Harm Lagaay entstanden, zeichnet ab 2004 Michael Mauer für die Gestaltung der Porsche-Modelle verantwortlich. Ihm ging es um ein „Schärfen der Cayenne-Idee“, wobei die Designer bei der zweiten Modellgeneration (E2), die 2010 auf den Markt kam, vor derselben Herausforderung standen wie beim ersten Cayenne: Die Türen waren mit denen des auf derselben Plattform aufbauenden Schwestermodells VW Touareg identisch, was die Gestaltungsmöglichkeiten einschränkte. „Wir konnten uns beim zweiten Cayenne aber allein schon wegen des wirtschaftlichen Erfolgs des Modells etwas mehr gestalterische Freiheit leisten“, erinnert sich Michael Mauer heute.
Erkennbare Flyline und tiefere Sitzposition
Man konnte also an vielen Stellen mehr Aufwand treiben. Zwar blieben die Türen, wie sie waren, aber die Fenster änderten sich. Vorne rückten die Aussenspiegel vom Fenster-Dreieck auf die Türschulter, was sportlicher aussah und Platz für zusätzliche Dreiecksfenster an den A-Säulen liess.
Hinten wurden die Seitenfenster hinter den Türen stärker nach oben eingezogen, gleichzeitig ragte der Dachspoiler des Cayenne weiter nach hinten, die Rückleuchten sassen ein Stück höher, und die D-Säulen konnten schräger stehen. Das Ergebnis war eine gestreckte Fenstergrafik und eine erkennbar nach hinten abfallende Dachlinie – bei Porsche „Flyline“ genannt. Und das liess den Cayenne schon im Stand schnell aussehen.
Auch im Interieur durften die Porsche-Designer viele eigene Akzente setzen: „Die Sitzposition war nun eine ganz andere“, erklärt Mauer. „Man sitzt beim E2 im Auto, nicht auf dem Auto. Das war ein prägnanter Unterschied zum E1.“ Die tiefere Sitzposition wurde auch optisch unterstrichen durch die nach vorne ansteigende Mittelkonsole, mit der man sich bewusst an der 2009 eingeführten Sportlimousine Panamera orientierte, um eine Markenidentität zu schaffen.
Ausserdem konnte Porsche im zweiten Cayenne sein eigenes Zentralinstrument verwirklichen – mit dem Drehzahlmesser ganz Porsche-typisch in der Mitte. Das Lenkrad wurde von der Sportwagen-Ikone 911 übernommen. „Für Kunden, die einen Elfer und einen Cayenne in der Garage hatten, gab es nun nicht mehr diesen Bruch“, sagt Michael Mauer.
Noch mehr Agilität auf der Strasse und Souveränität im Gelände
Technisch ging Porsche bei der zweiten Cayenne-Generation ebenfalls neue Wege – unter anderem mit dem Verzicht auf das Untersetzungsgetriebe, durch das der erste Cayenne bei aller Porsche-typischer Sportlichkeit auch im Gelände zu den Besten gehörte. Oliver Laqua, als Entwickler von Anfang an dabei, ist heute Projektleiter Gesamtfahrzeug und erinnert sich noch gut an die Diskussionen um das Verteilergetriebe: „In der Weiterentwicklung der elektronischen Regelsysteme sind wir bezogen auf Regelqualität und -schnelligkeit einen grossen Schritt weitergekommen. Hierdurch konnten wir auch im neuen Konzept ohne Verteilergetriebe und Untersetzung mit dem E2 die gleiche Offroadfähigkeit wie beim E1 darstellen und dabei einen grossen Gewichtsvorteil ziehen.“
Die erstmals verwirklichte Kombination aus einer serienmässigen Achtgang-Tiptronic und dem neuen, gesteuerten Hang-on-Allradantrieb mit Porsche Traction Management (PTM) brachte dem neuen Cayenne auf der Strasse Agilität und im Gelände Souveränität auf elektronischem Wege. Das neue PTM ermöglichte zudem leichtere Kardanwellen und Vorderachs-Gelenkwellen sowie leichtere Achsgetriebe Zusammen mit dem Verzicht aufs Verteilergetriebe sparte Porsche allein im Antrieb des neuen Cayenne 33 Kilogramm an Gewicht ein.
Ein grosses Thema beim E2 war Effizienz. Daher wurde auch an anderen Stellen der Leichtbau vorangetrieben: Die Karosserie verlor 111 Kilogramm, allein 39 Kilogramm konnten bei den Klappen und Türen eingespart werden. So wog die Heckklappe – ebenso wie die Kotflügel nun komplett aus Aluminium gefertigt – nur halb so viel wie die des ersten Cayenne.
Der konsequente Leichtbau trug zusammen mit der Tiptronic und den neuen Motoren zu deutlich verbesserten Verbrauchswerten bei. Thermomanagement, variable Schubabschaltung und Start-Stopp-Funktion senkten den Kraftstoffverbrauch deutlich. Den grössten Anteil hatte das neue Automatikgetriebe. Nur das Basismodell des Cayenne mit seinem neuen 3,6-Liter-V6-Motor und 220 kW (300 PS) wurde serienmässig mit der Sechsgang-Handschaltung ausgeliefert. Damit lag der Verbrauch im damals gültigen Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) 11,2 l/100 km. Bestellte der Kunde die optionale Achtgang-Tiptronic, so lag der Verbrauch bei 9,9 l/100 km – rund 20 Prozent unter dem Wert des ersten Basis-Cayenne.
Erstes in Serie produziertes Hybridmodell von Porsche
Der neue Cayenne S mit dem 4,8-Liter-V8 und 294 kW (400 PS) verbrauchte mit 10,5 l/100 km sogar 23 Prozent weniger als sein Vorgänger. Davon profitierte auch der neue Cayenne Turbo mit demselben V8-Benzinmotor, aber 368 kW (500 PS) Leistung. Am sparsamsten war neben dem Cayenne Diesel (180 kW/245 PS) der 279 kW (380 PS) starke Cayenne S Hybrid. Das erste in Serie produzierte Hybridmodell von Porsche kam auf einen NEFZ-Verbrauch von 8,2 l/100 km.
Der kräftige Parallel-Vollhybrid war flexibler und effizienter nutzbar als ein leistungsverzweigter Vollhybrid, auf den zu dieser Zeit die meisten Wettbewerber setzten. Der Cayenne S Hybrid fuhr rein elektrisch bis zu 60 km/h schnell. Boosten, Rekuperation und Segeln ermöglichten ein sowohl sportliches wie auch effizientes Fahrerlebnis. Damit legte der Cayenne der zweiten Generation schon vor zwölf Jahren den Grundstein für die erfolgreiche Elektrifizierungsstrategie von Porsche. Die grundlegenden Veränderungen beim Generationswechsel wurden von den Kunden honoriert: Mit dem E2 konnte Porsche die Auslieferungszahlen im Vergleich zum ersten Cayenne nahezu verdoppeln. Zwischen 2010 und 2017 wurden 535.903 Einheiten des im Werk Leipzig montierten Modells ausgeliefert.