Herr Städter, die Corona hat auch Porsche getroffen. Wie bewerten Sie diese Phase?
Uwe-Karsten Städter: „Wir haben etwas Vergleichbares noch nicht erlebt. Die Coronavirus-Krise betrifft uns alle, auch die Partner in der Lieferkette. Darauf haben wir uns in kürzester Zeit einstellen müssen."
Porsche hat eine hohe externe Wertschöpfung. Wie ist sie regional verteilt?
Städter: „Unserer Supply Chain ist gut aufgestellt. Sie setzt sich 50 zu 50 aus nationalen und internationalen Lieferanten zusammen. Porsche ist traditionell stark in Deutschland und Europa verwurzelt. Allerdings ist das Bild vielschichtig. Unsere deutschen Lieferanten fertigen beispielsweise auch im Ausland. Enge Bindungen haben wir zu Partnern in Ost- und Südeuropa. Chinesische Zulieferer machen mit rund zehn Prozent einen eher geringen Anteil aus. Von dort kommen vorwiegend Elektrik- und Elektronik-Komponenten.“
Die Lieferkette war infolge der Corona-Pandemie unterbrochen. Haben Sie schon Vorkehrungen für eine mögliche zweite Welle getroffen?
Städter: „Unsere Vorbereitung galt zuerst natürlich dem erfolgreichen Wiederanlauf, der alles andere als trivial war. Wichtig war dabei die frühzeitige Kommunikation mit den Lieferanten. Unsere Einkäufer haben täglich die Situation der kritischen Zulieferer abgefragt. Aus diesem permanenten Austausch haben wir dann auch Rückschlüsse auf eine mögliche zweite Welle der Pandemie gezogen.“
Olaf Bollmann: „Mit unserer Corona-Taskforce haben wir die Kommunikation aktiviert und aufrecht gehalten. Das war ein echter Kraftakt für die Mannschaft: Teilweise gab es jeden Tag mehrere Telefonkonferenzen mit über hundert Teilnehmern - unter anderem Finanzspezialisten, Logistikern und Beschaffungsexperten. Wir haben uns eng mit allen Partnern abgestimmt. Dabei haben wir stark auf neue Medien gesetzt: Virtuelle Konferenzen haben uns geholfen, die Vielzahl von Informationen in der nötigen Geschwindigkeit zu verarbeiten. Diese Agilität wünschen wir uns auch in der Zukunft. Wir appellieren an unsere Lieferanten, nicht in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Dann kann diese Krise auch eine Chance sein - aus der wir alle lernen und besser werden.“
Sind Sie nun besser vorbereitet, etwa durch eine umfangreichere Lagerhaltung?
Bollmann: „Bei Porsche setzen wir nur sehr begrenzt auf Lagerhaltung. Unsere Just-in-time und Just-in-sequence-Konzepte sind darauf nicht ausgerichtet. Daher mein zweiter Appell an die Lieferanten: Wir müssen sehen, dass wir jede mögliche zusätzliche Schicht vereinbaren und umsetzen, um für eine eventuelle zweite Welle vorbereitet zu sein.“
Haben Sie Ihre Lieferanten dabei unterstützt, Ihr Tempo beim Hochfahren der Produktion mithalten zu können?
Städter: „Porsche hat in der Krise Verantwortung für Gesellschaft und Partner übernommen. Frühzeitig haben wir alle Lieferanten abgefragt, wie sie auf den Wiederanlauf vorbereitet sind. Der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter hatte höchste Priorität. Unsere Sicherheitsstandards haben wir mit allen Partnern geteilt, und auch angeboten, Hygiene- und Schutzartikel für sie zu besorgen. Im operativen Geschäft haben wir uns bei einigen, in Schwierigkeiten geratenen, Lieferanten aktiv eingeschaltet. Das geht soweit, dass wir auch Mitarbeiter entsenden, die in den betroffenen Unternehmen unterstützen. All dies gehört zu unserem Verständnis von Solidarität.“
Wie weit geht diese Solidarität mit den Lieferanten? Haben sie strategisch wichtige Zulieferer direkt finanziell unterstützt?
Städter: „Unsere Zulieferer wissen, dass sie mit Porsche einen verlässlichen Partner an ihrer Seite haben. Langjährige Partner lässt man nicht alleine, wenn es Probleme gibt. In den letzten Wochen haben wir einige, vor allem kleinere, Lieferanten bei der Finanzierung unterstützt. Nicht alle haben die finanzielle Decke, um in der Krise monatelang zu überleben. Wir sind in der Lage, in solchen Fällen zu helfen. Zum Beispiel mit verlängerten Zahlungszielen oder Ausgleichszahlungen für neue Werkzeuge, die wir gegebenenfalls auch anzahlen. Wir reizen alle Möglichkeiten aus. Bei grossen und stabilen Lieferanten sind wir natürlich etwas zurückhaltender. Grundsätzlich nehmen wir aber jede Anfrage ernst.“
Wie lange braucht es zur Normalität?
Städter: „Wir gehen davon aus, den Zustand von vor der Krise schnell wieder zu erreichen. Deshalb haben wir frühzeitig Sonderschichten und eine erweiterte Arbeitszeitregelung diskutiert. Unsere Mitarbeiter ziehen dabei mit - die Bereitschaft der Belegschaft ist gross. Ich bin optimistisch, dass Porsche aus der Krise letztlich gestärkt hervorgeht.“
Sechs Wochen Produktionsstillstand – was bedeutet das in Zahlen?
Städter: „Das tat richtig weh. Während des Stillstands unserer Werke haben wir deshalb täglich im Vorstand minutiös analysiert, wo wir stehen. Auch ein Unternehmen wie Porsche steckt einen solchen Produktionsausfall nicht leicht weg. Umso mehr galt es, den Wiederanlauf so perfekt wie möglich vorzubereiten. Wir haben viel gelernt: Wichtig ist, verantwortungsvoll mit dem Virus umzugehen, gegenseitig auf sich aufzupassen. Ich habe Hochachtung vor allen Mitarbeitern in unserer Produktion und bei den Lieferanten, die den Hochlauf unter Nutzung von Schutz- und Hygienemassnahmen ermöglicht haben. Nun blicken wir mit Optimismus nach vorne. Mit Samstagschichten und Arbeit an Brückentagen wollen wir das verlorene Fahrzeugvolumen des Stillstands aufholen. Damit fordern wir auch unsere Lieferanten. Wenn wir alles gut hinbekommen – und davon gehe ich aus – ist das eine tolle Leistung der gesamten Supply Chain.“
Info
Text erstmalig erschienen in der Automobil Industrie.
Das Gespräch führte Christian Otto.
Dieser Beitrag wurde vor dem Start des Porsche Newsroom Schweiz in Deutschland erstellt. Die genannten Verbrauchs- und Emissionsangaben richten sich daher nach dem Prüfverfahren NEFZ und wurden unverändert übernommen. Alle in der Schweiz gültigen Angaben nach WLTP-Messzyklus sind unter www.porsche.ch verfügbar.