Die meisten Fotografen lassen sich nicht gern hinter ihrer Kamera hervorlocken – Richard Pardon ist insofern ein typischer Vertreter seiner Profession. Auf seinem Instagram-Feed, dem mehr als 33.000 Menschen folgen, gibt es keine Selfies. „Können Sie nicht einfach Bilder der Autos verwenden?“, fragt er und rutscht dabei auf seinem Stuhl herum. Ausnahmsweise soll aber einmal kein hochglanzpoliertes Metall im Mittelpunkt stehen.
Angesichts von Ausgangsbeschränkungen in weiten Teilen der Welt entfallen alle nicht unbedingt notwendigen Reisen, und so wurde auch der Termin für ein Fotoshooting von Richard Pardon abgesagt. Stattdessen beantwortet er in einem Videotelefonat Fragen über seinen Aufstieg vom Hobbyknipser zum offiziellen Fotografen für das TAG Heuer Porsche Formel-E-Team. Für jemanden, der die vergangenen zehn Jahre seinen Blick meist durch ein Kameraobjektiv gerichtet hat, reagiert er doch recht überrascht auf die Bitte nach einem Foto von sich selbst.
Der talentierte Brite ist 32 Jahre alt und hat schon Fahrzeuge für einige der grössten Namen der Autowelt fotografiert – auch in fernen Gegenden wie der Mongolei oder Chile. Seine Bilder zierten schon unzählige Titelseiten von Automobilzeitschriften. „Ähm – das müssten wahrscheinlich so einige Hundert sein“, sagt er mit einem Anflug von Schüchternheit. 2018 zählte er die Zahl der internationalen Flüge im Rahmen seiner Arbeit und kam auf 102. Mit dem oftmals vollgepackten Terminkalender sind sicherlich auch Vorteile verbunden – so fährt Richard Pardon mittlerweile etwa seinen dritten Porsche: einen Cayman GT4. Noch vor einigen Jahren hatte er dagegen einen „recht eintönigen“ Job und investierte jeden verfügbaren Cent in Trackdays.
„Ich habe Autos und Motorsport schon immer geliebt. Angefangen habe ich mit Kartfahren. Ich war in der Formel TKM und Formel Rotax dabei; 2001 wurde ich TKM-Meister. Damit habe ich als Teenager meine Zeit verbracht. Mein Grossvater weckte dann mein Interesse für Kameras. Ich begann damit, an der Rennstrecke zu fotografieren.“ Er postete seine Bilder in Online-Foren und fand damit grossen Anklang. Als die Magazine Fast Car und das inzwischen eingestellte Max Power anfragten, ob sie einige seiner Werke erwerben könnten, begann seine Laufbahn im Print-Geschäft. „Ungefähr zu dieser Zeit wurde ich entlassen, und meine damalige Freundin – eine Profi-Fotografin – ermutigte mich, mehr aus meinem Hobby zu machen. Mit meiner Abfindung finanzierte ich die Grundausstattung und startete als Porträtfotograf durch.“
„Ich improvisierte und machte das, was sich richtig anfühlte.“ Richard Pardon
Neben dem Talent scheint auch Glück eine Rolle gespielt zu haben, denn von dem Punkt an ging es mit seiner Karriere aufwärts. „Ich machte Fotos von einem Bekannten, der Autos baute (der heutige Fernsehmoderator Ant Anstead). Er stellte mich jemandem mit einer umfangreichen Fahrzeugsammlung vor, der mich als Fotograf dafür engagierte“, erinnert sich Pardon. „Die Arbeit in einem Studio – denn das war es letztlich – war etwas völlig Neues für mich. Ich improvisierte und machte das, was sich richtig anfühlte. Als mich der Besitzer eines Tages frage, ob ich einen seiner Wagen, einen Jensen Interceptor, zu einem Fotoshooting für die Zeitschrift CAR fahren würde, stimmte ich zu.“ Vor Ort holte Pardon seine Kamera heraus, um sich die Zeit zu vertreiben. „Der Journalist von CAR kam dann herüber und sah sich meine Aufnahmen an. Er bot mir Arbeit an, und kaum hatte ich mich versehen, stand ich als Auftragnehmer auf der Liste.“
Richard Pardon war danach für Magazine wie Top Gear, EVO sowie Road and Track tätig, bevor er direkt von den Fahrzeugherstellern Aufträge erhielt. Mittlerweile war Richard Pardon mit einigen der wichtigsten Neuigkeiten, Fahrzeuge und Ereignisse von Porsche als Fotograf im Einsatz. Von ihm stammen Fotos zur Weltpremiere des Cayenne Coupé und Taycan; er fotografierte auch die ersten Fahrten von exklusiven Modellen wie dem 911 GT2 RS und dem 718 Spyder. Er gehörte zu dem Team, das in 66 Stunden 5.406 Kilometer vom nördlichen Polarkreis bis zur Südspitze Spaniens fuhr, um den internationalen Medien zu veranschaulichen, welche Strecke bei den 24 Stunden von Le Mans zurückgelegt wird. Er war auch dabei, als ein serienmässiger Cayenne einen 285 Tonnen schweren Airbus A380 zog und Porsche damit einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde sicherte.
Richard Pardon fotografierte schon aus Hubschraubern mit demontierten Türen und vom Dach eines Trackingfahrzeugs. Eine seiner Lieblingsaufnahmen von einem GT4 beim Driften auf der Rennstrecke entstand aus dem vorderen Kofferraum eines 911 heraus.
Ende 2019 erhielt Richard Pardon das Angebot für den in seinen Worten „ultimativen Auftrag“: Er fotografierte den Einstieg von Porsche in die Welt der Formel E.
„Studioaufnahmen für Porsche sind ein grosses Privileg – man produziert einige der ersten Aufnahmen, die die Welt von einem neuen Modell zu sehen bekommt. Natürlich ist mit einem solchen Unterfangen auch viel Druck verbunden, aber es ist eine echte Ehre. Es ist so, als würde man in ein bedeutendes Geheimnis eingeweiht werden. Ausserdem ist es für mich immer ein Riesenkompliment, wenn ich die Freiheit bekomme, ein Fahrzeug so zu fotografieren, wie ich es für richtig halte.“
„Ich finde es faszinierend, wie man mit Formen und Schatten das Fahrzeugdesign betonen kann.“ Richard Pardon
Der Formel-E-Auftrag sei aber ein absoluter Traum. „Ich kann damit nicht nur meine beiden Leidenschaften – Fotografie und Motorsport – verbinden, sondern auch eine kleine Rolle im Lauf der grossen Geschichte von Porsche spielen. Ich bin bei den Tests dabei, fotografiere die Fahrt auf dem ersten Kilometer, bereise die Welt und lerne die Fahrer, die Ingenieure und alle Leute hinter den Kulissen kennen. Das ist grossartig. Und es ist Teil der Porsche-Historie: In fünf Jahren könnten meine Aufnahmen im Porsche Museum zu sehen sein. Das wäre wirklich toll. Es ist Arbeit – und zwar eine grossartige – aber wenn man etwas sehr gern macht, fühlt es sich kaum wie Arbeit an.“
Richard Pardon strahlt – offensichtlich hat er komplett vergessen, dass er als Nächstes ein Foto von sich selbst aufnehmen soll. „Echtes Interesse am Thema und Gegenstand ist auf jeden Fall hilfreich, um gute Fotos zu machen. Ich finde es faszinierend, wie man mit Formen und Schatten das Fahrzeugdesign betonen kann.“ Allein durch Licht könne sich das Aussehen komplett verändern. „Das ist sehr spannend.“
„Mir hilft es sehr, dass ich alles liebe, was mit Autos zu tun hat. Ich weiss über die richtige Strassen- und Kurvenlage Bescheid und wie man Präsenz ausstrahlt – so kommen am Ende bessere Aufnahmen heraus. Ich fürchte aber, dass es selbst der beste Fotograf der Welt nicht schaffen würde, mich gut aussehen zu lassen.“
Dieser Beitrag wurde vor dem Start des Porsche Newsroom Schweiz in Deutschland erstellt. Die genannten Verbrauchs- und Emissionsangaben richten sich daher nach dem Prüfverfahren NEFZ und wurden unverändert übernommen. Alle in der Schweiz gültigen Angaben nach WLTP-Messzyklus sind unter www.porsche.ch verfügbar.