Porsche baut vor allem sportliche Autos und für diese bietet man mit der Porsche Track Precision App eine Möglichkeit, Video, Rundenzeiten und Fahrzeugdaten in einem aufzunehmen, auszuwerten und zu teilen. Wir von Mobile Geeks haben auf Einladung von Porsche die Möglichkeit gehabt, an dem Sport Auto Perfektionstraining 2020 auf der berühmten Nürburgring Nordschleife teilzunehmen und die App zu testen.
Ohne dem Artikel zu sehr vorweggreifen zu wollen, kann ich sagen, dass die Lernkurve, welche man durchläuft, enorm ist und dass man ähnlich wie bei der Porsche Offroad Precision App, die wir auch schon im Offroad Park getestet haben, durch die App selber ganz anders an die jeweilige Fahraufgabe herangeht.
Porsche Track Precision App – Tracking
Wenn man so möchte, ist die Porsche Track Precision App (PTPA) so etwas wie eine Art „Runtastic“ fürs Auto, nur mit deutlich mehr Funktionen. Die App gibt es natürlich für iOS – wobei die iPhone und iPad App deutlich unterschiedlich sind (dazu später mehr) – und, was für Porsche sonst eher ungewöhnlich ist, auch für Android Geräte.
Die Smartphone App verbindet sich mit Porsche-Fahrzeugen (dafür ist das Sport Chrono Paket Voraussetzung) und ihr seid dann in der Lage, eure Rundenzeiten auf einer Rennstrecke zu tracken. Zurzeit sind mehr als 300 Strecken weltweit in der App vorhanden.
Sinnvollerweise nutzt ihr eine Handyhalterung an der Frontscheibe, um neben den Daten auch gleich ein Video mitaufzunehmen. Die App bietet neben der Aufzeichnung und Analyse auch einige Tipps für Anfänger zu dem Fahren auf der Rennstrecke.
Eine grosse Besonderheit der PTPA ist, dass sie ihre Daten direkt von den verschiedenen Steuergeräten des Autos empfängt. Die meisten anderen Apps oder auch Hardware-Lösungen greifen auf die eher einfachen Sensordaten des Smartphones zurück oder vielleicht noch auf jene Daten, welche über den OBD Diagnoseport des Autos abgegriffen werden können. Diese sind in der Regel aber entweder deutlich ungenauer oder latenzbehaftet.
Für die spätere Analyse stehen eine Vielzahl von Daten zur Verfügung, welche entweder gruppiert im Graph oder zeitsynchron mit der Videoaufnahme angesehen werden können. Die Standardgruppen sind:
- Geschwindigkeit, Drehzahl, Gang
- Gaspedalstellung, Bremsdruck, Lenkwinkel
- Geschwindigkeit, Querbeschleunigung, Längsbeschleunigung
- Radschlupf
- Übersteuern, untersteuern, ESC
- Reifendruck (für jeden Reifen)
Zusätzlich wird auch eure Position per GPS aufgezeichnet. Gerade Smartphone Apps haben was das anbelangt ein Problem mit der Refreshrate, welche üblicherweise bei 1Hz liegt. Das heisst, eure Position wird einmal pro Sekunde bestimmt. Für Navigation mag das ausreichend sein, aber auf der Rennstrecke ist das eindeutig zu wenig. Bei 200 km/h bewegt ihr euch mit 55 m/s und wenn ihr dann nur einmal pro Sekunde die Position speichern könnt, wird das schnell „hässlich“.
Die PTPA nutzt die GPS-Antenne des Porsche in einem speziellen Modus, der mit 10 Hz arbeitet. Falls euch das immer noch zu ungenau sein sollte, könnt ihr auch noch zusätzlich externe Bluetooth GPS Antennen mit 20 Hz anschliessen.
Zusätzlich kann sich die PTPA auch per Bluetooth mit einer externen Kamera (beispielsweise GoPro) verbinden und dort die Aufnahme starten und stoppen. Die GoPro-Aufnahmen können dann auch nachträglich und zeitsynchron in die App mit integrieren.
Wem das immer noch nicht reichen sollte, kann sich auch noch per Apple Watch seinen Puls mit synchronisieren lassen.
Die gesammelten Daten können dann anschliessend auf dem Smarpthone oder Tablet ausgewertet werden. Aber auch während der Runden kann man sich im erweiterten Laptimer auch die Zeit in Relation zu einer eigenen oder importieren Bestzeit anzeigen lassen.
Während der zwei Tage hatte ich sehr viel Zeit, mich mit Eduard Schulz zu unterhalten. Schulz ist als Sachgebietsleiter Connected Car Drive Apps für die PTPA verantwortlich ist.
Die App ist kostenlos im Appstore und kommt immer mit einem Daten- und Videosatz von Walter Röhrl im GT4, wo man sich im Prinzip schon fast alle Funktionen ansehen kann.
Deutlich spannender ist es natürlich, die eigenen Daten zu analysieren und dafür geht es auf die Norschleife! Die Analyse kommt dann später.
Sport Auto Perfektionstraining Tag 1 – der blutige Anfänger
Die Nordschleife ist nicht nur die längste Rennstrecke der Welt, sie gilt auch als eine der gefährlichsten. Nicht ohne Grund ist ihr Spitzname „die grüne Hölle“. Um ehrlich zu sein, habe ich mich sehr über die Einladung gefreut, bin aber auch mit einigem Respekt im Gepäck angereist. Bisher habe ich in meinem Leben drei Runden an den so genannten Touristenfahrten teilgenommen, aber das liegt schon viele Jahre zurück. Meine Hoffnung war, dass meine Autofahrroutine und der Instruktor mir helfen würden, einigermassen klarzukommen.
Morgens um 8:30 Uhr ging es los. Wir fuhren über die normale Zufahrt auf die Döttinger Höhe aber bogen links Richtung Gantry ab. Die insgesamt 26 Gruppen hatten ihre Sammelplätze auf der langen Geraden.
Am Sammelplatz angekommen gab es das erste Briefing, unser Instruktor war Timo Kluck. Am Vorabend hatte ich die anderen Kollegen in unserer Gruppe schon in den höchsten Tönen von ihm reden gehört. Von den vielen Spitznamen, die es für ihn gibt, ist mir vor allem „der Reifenflüsterer“ in Erinnerung geblieben, denn normalerweise ist er bei Porsche für die Entwicklung der Reifen und Räder verantwortlich.
Nach dem Briefing ging es nahtlos ins Auto und auf die Strecke. Unsere Gruppe bestand aus vier Journalisten. Die ersten Runden dienten vor allem zur Orientierung, aber mit jeder weiteren Runde ging das Tempo weiter hoch.
Die Porsche Track Precision App hatte ich zwar bereits vormittags mitlaufen lassen, aber hatte mich vor allem darauf konzentriert, die Strecke kennenzulernen. Dank einer sehr homogenen Gruppe und den Ansagen von Timo hatte ich das Gefühl, eine sehr steile Lernkurve erklommen zu haben.
Nach dem Mittagessen ging es wieder auf die Strecke. Diesmal nutzte ich die Porsche Track Precision App, um einige Runden mitzuschneiden mit dem Hintergedanken, diese auch abends zusammen mit Eduard Schulz von Porsche mal genauer anzuschauen. Sind wir vormittags noch Zeiten von etwa 8:45 Minuten gefahren, lagen unsere Zeiten am Nachmittag um die 8:15 Minuten mit meiner persönlich besten Runde am Ende 8:04 Minuten.
Obwohl ich die Zeiten nicht wirklich in Relation setzen kann, habe ich das Gefühl, dass wir als Gruppe doch recht flott unterwegs waren und dass ich natürlich gerne eine Zeit unter acht Minuten hinbekommen wollte.
Beim Abendessen schauten wir schon einmal kurz über die Daten im Smartphone drüber und Eduard Schulz wies mich gerade beim Bremsen auf ein paar Dinge hin, welche ich gegebenenfalls schnell verbessern könnte.
Sport Auto Perfektionstraining Tag 2 – Umsetzen
Nachdem es am Abend zuvor typisches Eifeltwetter mit viel Regen und Gewitter gegeben hatte, begrüsste uns der Tag wieder mit Sonnenschein. Beginn war an Tag zwei um 8 Uhr und die Strecke war noch an einigen Stellen nass.
Wir starteten wie gewohnt für ein paar Runden, nahmen schnell wieder das Tempo des Vortages auf und konzentrieren uns auf sauberes Fahren.
Ich sammelte wieder fleissig Daten mit der Porsche Track Precision App. Zum Mittag hin wurde beim Sport Auto Perfektionstraining das freie Fahren eingeläutet. Die Döttinger Höhe wurde geräumt und konnte jetzt voll durchgefahren werden. Ausserdem durfte auf der Strecke überholt werden. Unser Instruktor Timo Kluck bot uns an jetzt, in zwei Gruppen zu trainieren.
Porsche Track Precision App – Analyse Modus
Während die andere Gruppe auf der Strecke war, nutzte er die Zeit, um die Daten vom Vortag mit dem Eduard Schulz mal genau anzuschauen. Dafür exportierte ich meine Daten per Airdrop auf das iPad von Eduard. Wer möchte, kann sich einen Teil der Analyse auch im Video zu dem Artikel anschauen.
Bei einem Blick auf die Daten schauten wir im Graphen vor allem auf das Diagramm mit Gaspedalstellung, Bremsdruck und Lenkwinkel. Hier sieht man sehr schnell, an welchen Stellen man unsauber gebremst hat oder vielleicht auch zu früh vom Gas gegangen ist.
„Auch die Kartenansicht, welche parallel zum Video eure Position auf der Strecke mitanzeigt, ist sehr spannend.“ Mark Kreuzer
Auch die Kartenansicht, welche parallel zum Video eure Position auf der Strecke mitanzeigt, ist sehr spannend. Hier lassen sich auch noch einmal Informationen einblenden. So zeigt zum Beispiel das Einblenden der Beschleunigungskräfte, in welchen Kurven man vielleicht zu ungleichmässig fährt oder aber auch, in welchen Kurven man sich noch etwas mehr an den Grenzbereich herantasten kann.
Grenzbereich ist ein gutes Stichwort. Als Fahrer möchte man den Grenzbereich am besten nicht verlassen, aber natürlich nah an die Grenzen heranfahren, denn dann ist man meist schneller.
In der PTPA gibt es einen „Drive on your Limit“-Wert, welcher in Prozent angegeben wird. Der Gedanke dabei ist charmant; der Wert dient zur Orientierung, wie nah ihr an euren persönlichen Grenzbereich herankommt. Es würde für mich wenig Sinn machen, meine Zeiten mit den Bestzeiten auf der Nordschleife zu vergleichen. Ich wäre grundsätzlich immer langsamer als ein professioneller Rundfahrer. Auch kann es sein, dass ihr Verkehr auf der Strecke vor euch habt, der dann die Rundenzeiten verfälschen würde. Der „Drive on your Limit“-Wert visualisiert also eure Performance auf Basis der Beschleunigung.
Dies hat den Vorteil, dass ihr für euch immer sehr gut abschätzen könnt, wie ihr im Rahmen eurer Fähigkeiten unterwegs seid. Das entkoppelt euch also ein wenig davon, nur auf die Rundenzeit zu achten, welche Faktoren wie zum Beispiel Wetter oder den Zustand der Reifen nicht berücksichtigt. Interessanterweise deckt sich dieser Wert auch gut mit meiner persönlichen Einschätzung.
In diesem Video könnt ihr eine Runde vom Vormittag sehen, bei der ich die Daten aus dem iPad mit einer externen GoPro Aufnahme verknüpft habe.
Theorie ist das eine, aber auf der Strecke muss man diese auch umsetzen und dafür muss man fahren. Also ging es nach meiner Analyse mit Eddie zurück auf die Strecke.
Nordschleife im Porsche 911 Carrera 4S
An dieser Stelle sei vielleicht einmal kurz erwähnt, mit welchem Auto ich auf der Nordschleife unterwegs war. Es handelte sich um einen 911 Carrera 4S der aktuellen Generation.
Am Ende des zweiten Tages hätte ich mir vielleicht noch eine Einzelsession mit Timo gewünscht, aber da die letzten beiden Runden des Tages beide unter acht Minuten waren, hatte ich mein geheimes Ziel erreicht und bin ich mehr als glücklich wieder von der Piste gefahren.
Ob die 15 Sekunden am Ende jetzt wirklich von der Analyse kamen oder nicht, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen. Für mich war die Visualisierung auf jeden Fall hilfreich. Gerade das Zusammenspiel von Gaspedal, Bremse und Video hatte mir gezeigt, an welcher Stelle ich einen generellen symptomatischen Fehler gemacht hatte.
Profis werden die App sicher dazu nutzen können, bis auf die jeweilige spezifische Kurve anschauen zu können, wo Fehler gemacht wurden oder ob und wo es noch Potential zu Verbesserung gibt.
„Ich denke, die Track Precision App ist auch sicher für verschiedene Coaching-Situationen sehr spannend.“ Mark Kreuzer
Aber auch für mich als Anfänger war es spannend, sich noch einmal verschiedene Fahrsituationen genauer anschauen zu können. Ich denke, die Track Precision App ist auch sicher für verschiedene Coaching-Situationen sehr spannend. Der Instruktor könnte seine angestrebte Referenzzeit per Airdrop oder Download auf die anderen Geräte bringen und man selbst könnte diese als Referenzrunde für den erweiterten Laptimer heranziehen.
Der erweiterte Laptimer kommt gerade mit dem letzten Update, das auch Apple Carplay unterstützt, sehr gut. Auf dem Hauptbildschirm läuft die Zeit deutlich ablesbar mit. Im Normalmodus nimmt er bei mehreren Runden die beste aus eurem Stint und zeigt euch, wie ihr in den Sektoren im Verhältnis zur jeweiligen Runde unterwegs seid.
Durch diese Darstellung wird einem der Druck ein wenig genommen. Klar verliert man mal irgendwo Zeit, aber wenn euch alle anderen Sektoren dafür grün vom Display entgegenleuchteten, weiss man, dass man dennoch eine gute Runde fährt. So entfällt die komplette Fixierung nur auf Rundenzeiten.
Fazit
Bei der Porsche Offroad App hatte ich damals in meinem Podcast gesagt, dass ich ohne diese App niemals auf die Idee gekommen wäre, in einen Offroad Park zu fahren.
Der Gedanke, mit einem 911 oder anderen Porsche auf eine Rennstrecke zu fahren, ist etwas naheliegender, aber auch gleichzeitig im ersten Moment etwas abschreckender.
Dass auch ein „normaler“ 911 Rennsport-Gene mitbringt, davon konnte ich mich auf dem Sport Auto Perfektionstraining eindrucksvoll überzeugen. Was auf der Nordschleife funktioniert, läuft auch auf anderen Rennstrecken bestimmt ohne weiteres sehr ordentlich.
Die App vermittelt auch einiges an Informationen dazu, wie man auf Rennstrecken fährt und was man bei seinem Auto alles beachten sollte.
Wie eingangs beschrieben hatte ich bereits drei Runden auf Touristenfahrten mitgemacht, aber mit dem, was ich heute weiss, würde ich sagen, dass es mehr Sinn macht, zunächst einmal an einem Trackday teilzunehmen oder hierfür einen Instruktor heranzuziehen.
Die App würde ich dann auf jeden Fall auch mitlaufen lassen; es ist einfach schön zu sehen, wie man selbst in seinem Können fortschreitet und besser wird.
Ich denke tatsächlich seit dem Event viel drüber nach, nunmehr öfters auf den Ring zu gehen; bleibt nur doch die Frage der Finanzierung. Hierbei kann die App leider keine Tipps geben.
Info
Text: Mark Kreuzer für Mobile Geeks
Dieser Beitrag wurde vor dem Start des Porsche Newsroom Schweiz in Deutschland erstellt. Die genannten Verbrauchs- und Emissionsangaben richten sich daher nach dem Prüfverfahren NEFZ und wurden unverändert übernommen. Alle in der Schweiz gültigen Angaben nach WLTP-Messzyklus sind unter www.porsche.ch verfügbar.