Zuffenhausen: Die Geburt des Porsche-Werks

Im Jahr 1937 entsteht die erste Skizze für das Porsche-Werk in Stuttgart-Zuffenhausen – heute findet sich dort ein Produktionsgelände von mehr als 600.000 Quadratmetern Fläche.

November 1937: An der Ecke Spitalwaldstrasse/Schwieberdinger Strasse in Stuttgart-Zuffenhausen legt Porsche den Grundstein für seinen neuen Hauptsitz. Es ist die Geburtsstunde für ein Werk, das Millionen von Sportwagen hervorbringen wird.

Die Geschichte erinnert an ein Start-up, das zum Weltkonzern aufsteigt: Während der 1930er-Jahre entwickelt sich das Konstruktionsbüro Porsche, ansässig in der Kronenstrasse 24, zum innovativen Akteur in der Automobilindustrie. Doch für die Entwicklung der ersten Fahrzeuge im Kundenauftrag nutzt man noch die Garagen der Porsche-Villa am Feuerbacher Weg. Also fällt 1937 die Entscheidung für einen Werksneubau in Zuffenhausen. Das Grundstück erwirbt Ferry Porsche von der Unternehmerfamilie Wolff, für die Gestaltung ist Architekt Richard Pfob verantwortlich.

Im Mittelpunkt: ein dreigeschossiger Ziegelbau, ergänzt durch Grün- und Sportanlagen. Der auf den 20. November 1937 datierte Plan der „Gärtnerischen Gestaltung und Betriebssportanlagen“ sieht eine links vom Werk gelegene, von Bäumen gesäumte Wettkampfanlage mit 100-Meter-Bahn, Hoch- und Weitsprungfeld, Kugel- und Diskuswurfanlage, Schwimmbad sowie Sonnenbad zur Erholung der Mitarbeiter vor. Ergänzend sollen Kiesplätze, Terrassen, Bänke und Beete für Gemüse und Beeren entstehen. Realisiert wird schliesslich nur der Werksneubau. Am 26. Juni 1938 ziehen 176 Mitarbeiter von der Innenstadt nach Zuffenhausen. Das heute als Werk 1 bekannte Gebäude wird zum Sitz der damaligen Dr. Ing. h.c. F. Porsche KG.

Porsche-Standort Zuffenhausen, 2018, Porsche AG

Doch die ersten 52 Exemplare des 356 werden aufgrund des kriegsbedingten Umzugs im österreichischen Gmünd gefertigt. Als Porsche nach Stuttgart zurückkehrt, ist das Werk von Alliierten besetzt. Also kommt man für die Montage und die Motorenfertigung auf der gegenüberliegenden Strassenseite im Reutter Werk II unter. Im Gegenzug erhält Reutter den Auftrag zum Bau der Karosserien. Am 6. April 1950 – vor 75 Jahren – wird schliesslich der erste Porsche 356 in Zuffenhausen fertiggestellt. Bis zum Ende der Produktion im Jahr 1965 fertigt der Sportwagenhersteller dort rund 78.000 Exemplare.

Da sich die Übergabe von Werk 1 durch die US-amerikanische Militärverwaltung verzögert, wird 1952 das Werk 2 in Betrieb genommen, entworfen vom Stuttgarter Architekten Rolf Gutbrod. 1960 wird das heutige Werk 3 erworben. Dort kommen die Verkaufsabteilung, der Kundendienst, das Zentralersatzteillager sowie die Wagenauslieferung unter. 1963 übernimmt Porsche das Karosseriewerk Reutter und verdoppelt die Belegschaft auf rund 2.000 Mitarbeiter. Im selben Jahr entsteht der erste 911 – damals noch als 901.

Porsche Werk, Stuttgart-Zuffenhausen, 1956, Porsche AG
1956: Blick auf das Porsche-Areal in Zuffenhausen

Der Elfer triumphiert und die Modellpalette wird in den 1970er-Jahren stetig erweitert. In den 1980er-Jahren entsteht das Werk 5 für eine hochflexible Karosseriefertigung. Charakteristisch bis heute: die Förderbrücke, die über die Schwieberdinger Strasse führt – direkt in die Endmontage des Werks 2. Die 2010er-Jahre bringen die nächste Transformation: 2019 geht der vollelektrische Taycan in Serie. Neu hinzu kommen ein Karosseriebau, eine Lackiererei, ein Montagegebäude und eine zusätzliche Förderbrücke. Bis heute hat sich der Standort in ein Produktionszentrum verwandelt, das Hightech und Handwerk vereint und die Vorteile der Serienproduktion mit der Exklusivität massgeschneiderter Einzelstücke kombiniert.

Aus dem Konstruktionsbüro wurde ein Weltunternehmen. Und aus der ersten Skizze ein Produktionsgelände mit mehr als 600.000 Quadratmetern Fläche. 

Info

Text erstmals erschienen im Christophorus Magazin, Ausgabe 416.

Text: Matthias Kriegel
Bilder: Rafael Krötz (Titelbild) und Porsche

Copyright: Alle in diesem Artikel veröffentlichten Bilder, Videos und Audio-Dateien unterliegen dem Copyright. Eine Reproduktion oder Wiedergabe des Ganzen oder von Teilen ist ohne die schriftliche Genehmigung der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG nicht gestattet. Bitte kontaktieren Sie christophorus@porsche.de für weitere Informationen.

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Verbrauchsangaben

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