Seitdem es Rundenrekorde mit Elektroautos gibt, werfen Kritiker ein, dass die Top-Zeiten nicht reproduzierbar seien. Thermisch stellen sogenannte Hot Laps den gesamten Antrieb auf eine harte Probe. Hochvolt-Batterie, E-Maschinen, Bremsen und Reifen seien der Dauerbelastung nicht gewachsen. Die thermischen Belastungen bei Dauerstrom könnten Rotor, Stator und Co. arg zu schaffen machen.
Lars Kern will deshalb den Test antreten. Der Porsche-Entwicklungsfahrer ist weder für noch gegen irgendeine Antriebsart. „Ich sehe die Dinge ganz nüchtern und bewerte nach dem Leistungspotenzial. Das auszuloten, reizt mich“, sagt der 37-Jährige.
Der Test: Schnelle Runden in Shanghai
Der Rundenrekord von Shanghai ist gerade in trockenen Tüchern, die Strecke ist immer noch etwas feucht, als Lars Kern wieder auf den Formel-1-Kurs fährt. Die Aufgabe: Fünf Runden am Stück, jeweils zehn Sekunden langsamer als beim gerade erzielten Rekord.
Die HV-Batterie zeigt einen Ladestand von 94 Prozent an. Dank der Serien-Funktion „Rundstreckenmodus“ liegt die Umgebungstemperatur für die Elektronen bei runtergekühlten zwölf Grad. So ist der Hub grösser, bevor der Stromspeicher auf Grund zu hohen Temperaturen jenseits der 50 Grad in die Degradation geht und Leistung reduziert, um die Lebensdauer der betroffenen Bauteile nicht im Zeitraffer altern zu lassen. Auf dem Serien-Taycan Turbo GT sind optional erhältliche Pirelli Trofeo RS aufgezogen, die sich auf Grund ihrer sportlichen Eigenschaften für den gelegentlichen Ausflug auf die Rundstrecke anbieten.
Kern fliegt zum ersten Mal über Start/Ziel. Die Stoppuhr läuft. Der erste Umlauf liegt etwas über 2:20 Minuten. Runde zwei bis fünf jeweils knapp darunter oder darüber. Ziel erreicht. Einpacken. Fertig. Doch statt danach wie besprochen in die Boxengasse abzubiegen, fährt der schnelle Schwabe einfach weiter. Wieder um die 2:20 Minuten. Jetzt ist aber Schluss, oder? Scheinbar nicht. Auch Runde sieben ist im grünen Bereich. Die Runden acht und neun auch.
Ausdauer und Performance
Die Boxengassen-Crew aus Weissach, Zuffenhausen und Meuspath verfolgt die Fahrt gespannt. Erst nach zehn Runden oder fast 55 Kilometer nimmt Kern den Fuss vom Fahrpedal und lässt langsam ausrollen. In Runde zehn war er immer noch 2:28 Minuten schnell, lag im Schnitt bei genau 2:20 Minuten über die gesamte Distanz. Nach der Cool Down Lap zeigt das Curved Display des Taycan 15 Prozent Ladestand an. Reifen, Bremsen und PSM-Maschinen hätten unter diesen Umständen noch mehr vertragen.
Zurück in der Box ist die Freude über das Ergebnis riesig. Lars Kern gibt sich cool: „Ich habe gewusst, dass mehr als nur fünf Runden drin waren und bin einfach weitergefahren. Der Taycan ist einfach ein unfassbar guter elektrischer Sportwagen.“