António, Du stehst kurz vor dem 100. Formel-E-Rennen Deiner Karriere. Erinnerst Du Dich noch an Deinen ersten Start?
António Félix da Costa: „Natürlich. Das war im November 2014 in Putrajaya. Es war mein erstes Rennen in Malaysia, sehr faszinierend, aber auch sehr anstrengend. Vor allem wegen der Hitze, die ging echt an die Substanz. Trotzdem hatten wir ein gutes Wochenende. Ich fuhr in die Punkte, war am Ende aber super müde. Es war übrigens das zweite Rennen der Formel-E-Geschichte. Beim ersten in Peking war ich nicht dabei, weil ich parallel auch noch in der DTM startete.“
Und Dein erster Sieg?
da Costa: „Auf den musste ich zum Glück nicht lange warten. Ich gewann im Januar 2015 in Buenos Aires. Es war das vierte Rennen in der Saison 1.“
Welcher Sieg war Dein schönster?
da Costa: „Ich erinnere mich an alle meine Erfolge gerne. Besonders waren vielleicht die zwei Siege in Berlin, als wir wegen des Lockdowns sechs Rennen in neun Tagen gefahren sind. Das war 2020, in dem Jahr, in dem ich mit 71 Punkten Vorsprung die Meisterschaft gewann.“
Du hast mal erzählt, anfangs hättest Du nicht so richtig an die Formel E geglaubt. Was hat Dich letztlich überzeugt?
da Costa: „Mein Traum war die Formel 1. Als Testfahrer von Red Bull Racing hatte ich auch schon einen Fuss in der Tür. Die Vorstellung, in einer vollelektrischen Rennserie zu fahren, war irgendwie verrückt. Meine Gemütslage damals war, ehrlich gesagt, nicht die beste. Doch die Formel E und ich wurden schnell Freunde. Ich habe die Mission und die Möglichkeiten der Formel E in einer sich verändernden Welt immer bewusster wahrgenommen. Für mich war und ist es eine spannende Herausforderung, auf der Rennstrecke zu zeigen, dass Elektroautos nicht langweilig sind, sondern schnell und effizient. Ich war dann auch schon bald davon überzeugt, dass diese Serie eine grossartige Zukunft hat.“
Wie richtig lagst Du mit dieser Einschätzung?
da Costa: „Total richtig. Es ist unglaublich, wie positiv sich die Formel E entwickelt hat. Das gilt für Fahrer, Teams, Strecken und Fans. Heute kann ich guten Gewissens sagen: In die Formel E zu gehen, war sportlich die beste Entscheidung meines Lebens. Ich habe Rennen gewonnen und die Meisterschaft. Es war toll zu sehen, wie die Akzeptanz der Formel E überall auf der Welt von Saison zu Saison weiter zunahm. Wo wir jetzt nach nur neun Jahren stehen, ist fantastisch. Dass es so schnell so gut läuft, hätte ich nicht erwartet. Ich bin sehr glücklich mit dieser Entwicklung.“
Die Formel E bringt spannenden Motorsport zu den Menschen in den Metropolen. Welche Botschaften kann sie sonst noch vermitteln?
da Costa: „Natürlich steht der Sport im Vordergrund. Doch ich denke, dass wir uns gerade in Ländern wie Indien oder Südafrika nicht darauf beschränken sollten, die Leute für Autorennen zu begeistern. Die Formel E steht für soviel mehr, für Nachhaltigkeit zum Beispiel, aber auch für wichtige gesellschaftliche Ziele wie Inklusion und Vielfalt. Wir sollten alle unsere Möglichkeiten nutzen, bei den Menschen, die zu uns an die Rennstrecke kommen, das Bewusstsein für diese Werte zu wecken und zu stärken.“
Wie siehst Du den Stellenwert der Formel E im weltweiten Motorsport?
da Costa: „Da hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Allein schon die Tatsache, dass die Formel E inzwischen eine Weltmeisterschaft ist und sich ein so erfolgreicher Automobilhersteller wie Porsche zu dieser Serie bekennt, unterstreicht ihre Bedeutung.“
Du bist seit dieser Saison Porsche-Werksfahrer. Was bedeutet das für Dich?
da Costa: „Es war schon immer mein Traum, für Porsche Rennen zu fahren und ein Teil der Geschichte dieser Marke zu werden. Ich wurde in meiner Karriere so oft von einem Porsche geschlagen, nicht nur in der Formel E, deshalb weiss ich: Porsche tut alles, um zu gewinnen. Das ist die DNA von Porsche. Der tolle Saisonstart mit drei Siegen des Porsche 99X Electric bestätigt mich in dieser Einschätzung. Für mich sind die ersten Rennen zwar nicht optimal gelaufen. Doch mit meinen Ingenieuren arbeite ich sehr hart daran, zu verstehen, welche nächsten Schritte wir machen müssen, um erfolgreich zu sein. Am liebsten schon in meinem 100. Rennen. Das würde perfekt passen.“