Die Sportversion ist leistungsgesteigert, hat 515 PS und ist bis zu 339 km/h schnell. Und dieses Sammlerstück hat einen weiteren rekordverdächtigen Wert zu bieten: Nur 4.183 Kilometer hatte sein 959 S auf dem Tacho, als ihn der Ex-Rennfahrer im Sommer 2017 zu Porsche Classic brachte.
Obwohl kaum eingefahren, war dieser 959 bereits reif für eine umfangreiche technische Überholung: „Wenn ein solcher Technologieträger nicht regelmässig bewegt wird, sind Standschäden leider unvermeidlich. Der gesamte Antriebsstrang und das Fahrwerk müssen ganzheitlich überholt werden, jegliche Verringerung der Arbeitsumfänge führt erfahrungsgemäss zu Folgeproblemen“, so Uwe Makrutzki, Leiter der Werksrestaurierung bei Porsche Classic.
Wie alle Besitzer eines klassischen Porsche profitieren auch die Eigentümer eines 959 von der einzigartigen Expertise und Ausstattung dieses integrierten Unternehmensbereiches: Nach dem Produktionsende des Supersportwagens hat Porsche Classic sämtliche Prüf- und Instandsetzungswerkzeuge aus allen Bereichen des Werkes übernommen. Hinzu kommt viel Erfahrung mit diesem seltenen Modell: „Fast alle 959 sind mindestens einmal in ihrem Autoleben bei uns gewesen“, erzählt Makrutzki. „Wir haben also viel Übung. Dank der hochkomplexen Technologie ist eine 959-Überarbeitung aber immer eine ebenso spezielle wie wunderschöne Aufgabe.“ Bei Heidfelds 959 S ergab die Diagnose unter anderem, dass die Motorsteuerung modifiziert worden war. In Absprache mit dem Besitzer stellten die Porsche Classic-Mitarbeiter den originalen Zustand der Motronic wieder her.
High-Tech-Legende 959 S
Im Dezember 2021 war der 959 S des ehemaligen Formel 1-Piloten dann wieder startklar. Heidfeld: „Ich durfte schon viele leistungsstarke Autos fahren. Aber diese High-Tech-Legende zu bewegen, ist etwas Besonderes für mich. In den späten 80ern war ich ein jugendlicher Autofan, und diesen Porsche fand ich herausragend: Der 959 war seinerzeit das schnellste Serienfahrzeug der Welt und das mit Abstand fortschrittlichste. Deshalb fährt er sich heute auch nicht wie ein 30 Jahre altes Auto, sondern wie ein viel modernes Fahrzeug.“
Um den Reparaturerfolg nachhaltig zu sichern, rät Makrutzki zur regelmässigen Bewegung: „Mindestens einmal im Monat rund 100 Kilometer im Mischbetrieb zurückzulegen, schützt vor Standschäden. Das haben auch die Rückmeldungen unserer Kunden ergeben.“ Der jetzt restaurierte 959 S hatte im Jahr 1987 folgende Katalogdaten:
Porsche 959 S |
||
Länge/Breite/Höhe |
mm |
4.260/1.840/1.240 |
Radstand |
mm |
2.272 |
Leergewicht (DIN) |
kg |
1.350 |
Motor |
Zylinderzahl/Anordnung |
Sechszylinder-Boxer |
Getriebe/Antrieb |
- |
6 Gang/Allradantrieb |
Hubraum |
cm³ |
2.848 |
Leistung |
kW/PS bei 1/min |
379 /515 bei 6.900 |
Drehmoment |
Nm bei 1/min |
561 bei 6.500 |
Beschleunigung 0-100 km/h |
s |
3,7 |
Höchstgeschwindigkeit |
km/h |
339 |
Grundpreis (1987) |
DM |
420.000 |
Über den Porsche 959
Für viele Auto-Kenner ist der 959 einer der faszinierendsten Sportwagen des letzten Jahrhunderts. 1983 zeigt Porsche auf der IAA die Studie „Gruppe B“, die dem Reglement dieser spektakulären Rallye-Klasse entspricht. Bei der Rallye Paris Dakar 1986 kommen alle drei gestarteten 959 ins Ziel und landen auf den Plätzen eins, zwei und sechs. Die modifizierte Rundstreckenversion 961 belegt ebenfalls 1986 den siebten Rang beim Langstreckenrennen von Le Mans und holt den Klassensieg in der IMSA/GTX-Klasse.
Das Serienmodell feiert 1985 auf der IAA Premiere. Zu seinen zahlreichen Innovationen zählen die geschwindigkeitsabhängige und einstellbare Stossdämpfer- und Niveauregelung, der elektronisch gesteuerte, variable Allradantrieb mit Fahrprogrammwahl und ABS, das Reifendruckkontrollsystem sowie die aerodynamisch optimierte Karosserie (cw 0,31). Dort kommt Technologie aus dem Rennwagenbau und der Luftfahrt zum Einsatz: Die Aussenhaut ist in Hybrid-Bauweise aus Kevlar und glasfaserverstärktem Epoxidharz hergestellt, die Bugschürze aus Polyurethan-Integral-schaum. Türen und Haube bestehen aus einer speziellen Aluminiumlegierung.
Als erster Serien-Pkw hat der 959 einen Biturbo-Boxermotor mit Registeraufladung: Zwei hintereinander geschaltete Turbolader verringern das Turboloch. Titanpleuel reduzieren die oszillierenden Massen an der Kurbelwelle. Die Zylinder sind wie bei Porsche seinerzeit üblich luftgekühlt, die Vierventil-Köpfe jedoch wassergekühlt. Zur besseren Wärmeableitung besitzen die Auslassventile eine Natriumfüllung. Nur 292 Porsche 959 wurden von 1987 bis 1988 in Serie gebaut.
Noch seltener ist die Sport-Version: Lediglich 29 Exemplare gingen an Kunden. Diese Variante hat grössere Turbolader, die mit höherem Ladedruck arbeiten. Die Leistung beträgt 515 PS gegenüber 450 PS beim Basismodell. Der 959 S besitzt keine Niveauregulierung des Fahrwerks. Aus Gewichtsgründen sind ferner Klimaautomatik, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, Aussenspiegel rechts und Rücksitze entfallen.
Über Nick Heidfeld
Mit 183 Grand-Prix-Starts in der Formel 1 ist Nick Heidfeld einer der bekanntesten deutschen Motorsportler. Zwölf Jahre lang fuhr der gebürtige Mönchengladbacher in der Königsklasse für Spitzenteams wie BMW, Lotus-Renault, Sauber und Williams. 13 Mal stand „Quick Nick“, so sein Spitzname, auf dem Podium. In der Formel-1-Weltmeisterschaft belegte er 2007 den fünften Platz. Seinen grössten Erfolg mit Sportwagen feierte er 2014 mit einem Klassensieg und dem vierten Gesamtrang bei den 24 Stunden von Le Mans. Im selben Jahr war er auch als Gaststarter im Porsche Mobil 1 Supercup unterwegs. Zwischen 2014 und 2018 trat Heidfeld in der Formel E an.
Der 45-Jährige ist verheiratet, Vater dreier Kinder und lebt in der Schweiz. Von seinem ersten in der Formel 1 verdienten Geld erwarb Heidfeld einen Porsche 911 GT2 (996). Aktuell stehen in der Garage des Oldtimer-Fans unter anderem ein Ford Mustang Fastback aus dem Jahr 1965, ein altes VW Käfer Cabriolet, sowie ein Porsche Carrera GT. Und seit kurzem wieder ein von Porsche Classic frisch überholter Porsche 959 S.