Auf dem Bahrain International Circuit nahe der Hauptstadt Manama finden am 30. Oktober ein 6-Stunden-Rennen und am 6. November ein Lauf über acht Stunden innerhalb von nur acht Tagen statt. Das Porsche GT Team kämpft mit den beiden 911 RSR um die Titelgewinne in der GTE-Pro-Klasse.
Das Einsatzteam Manthey steht bereits seit dem 6. September in nahezu leeren Hallen: An jenem Tag hat der WEC-Logistikpartner DHL die fünf jeweils gut zwölf Meter langen Seecontainer abgeholt und sie in der belgischen Hafenstadt Antwerpen auf die Reise nach Bahrain geschickt. Die Fracht umfasst das Material für zwei Rennen im Inselstaat inklusive der beiden Porsche 911 RSR und der beiden Safety-Cars, die ebenfalls von Manthey betreut werden. Noch mehr Gepäck hat das Team nur beim Saisonhöhepunkt dabei, den 24 Stunden von Le Mans. Der Weg nach Frankreich beträgt Luftlinie nur 556 Kilometer, nach Bahrain sind es hingegen 4.558 Kilometer. Dennoch bleibt der Transportaufwand überraschend überschaubar.
„Zwei Rennen hintereinander am Persischen Golf sind aus logistischer Sicht viel einfacher als ein Rennen in Fuji und eines in Bahrain“, erläutert Teammanager Bernhard Demmer. Ursprünglich hatte der Rennkalender der FIA WEC zum Jahresende je einen Lauf in Japan und Bahrain vorgesehen. Vor allem in puncto Zollabfertigung in den Zielländern hätte dies einen deutlich höheren Aufwand verursacht. „In Bahrain geht alles über den ‚Temporary Import‘: Das Material wird nur für einen kurzen Zeitraum importiert und dann exakt das gleiche wieder exportiert. Das ist spürbar einfacher zu handhaben“, erklärt Demmer.
Seefracht statt Luftfracht
„In Japan kommt die Fracht über das sogenannte ‚Carnet ATA‘ ins Land. Dafür braucht es unter anderem eine Bürgschaft der Industrie- und Handelskammer, es müssen viele Unterschriften und Stempel besorgt werden, insgesamt ein deutlich grösserer Aufwand“, schildert der „Berno“ genannte Teammanager aus der Eifel und ergänzt: „Zudem hätten wir unsere Autos und das Equipment aufgrund des engen Zeitkorridors per Luftfracht nach Fuji bringen müssen. Das ist um den Faktor sieben bis zehn teurer als per Seefracht.“
Das Porsche GT Team spart aufgrund der Konstellation zum Saisonende nicht nur Geld, sondern an einigen Stellen auch Arbeit. Die Boxenausstattung muss zwischen den zwei Rennen nicht auf- und wieder abgebaut werden. Das zweimalige Verladen und Verpacken entfällt. Die Wartung der Fahrzeuge wird zwischen den beiden Läufen in der gut ausgestatteten Garage erledigt. Die gesamte Crew verbringt insgesamt 14 Tage im Nahen Osten. „Für eine solche Konstellation gibt es ganz bestimmt schlimmere Orte als Bahrain“, freut sich Demmer. „Die Menschen dort sind freundlich, die Hotels erstklassig, die Bedingungen an der Strecke optimal. Ausserdem holen sich dort alle vor dem europäischen Winter noch einmal eine ordentliche Portion Sonne und Wärme ab.“
„Das erste Rennen endet am Samstagabend, danach folgen vier Tage, in denen die Autos revidiert werden müssen – da bleibt ausreichend Raum, um die Crew auch mal durchatmen zu lassen“, berichtet Alexander Stehlig, Einsatzleiter FIA WEC. Amüsiert fügt er hinzu: „Es ist die Aufgabe von uns in der Teamleitung, der Mannschaft Freiräume zu schaffen, sodass alle mal einen Tag lang nicht arbeiten. So können wir auch einen Lagerkoller erfolgreich verhindern. Ausserdem müssen wir uns die Kräfte bei einer solchen Doppelveranstaltung gut einteilen.“ Der Arbeitsplan ähnelt jenem bei den 24 Stunden von Le Mans 2021. Der Event in Frankreich hat in diesem Jahr mit dem offiziellen Testtag begonnen. Sechs Tage später erfolgte der Start des Langstreckenklassikers – ein gestrafftes Programm, das es in sich hatte.
Intensive Arbeit und Ruhezeiten
In Bahrain sind es zwei Läufe über insgesamt 14 Rennstunden plus ein Rookie-Testtag am Sonntag nach dem Saisonfinale. Das Porsche GT Team hat einen Plan, der sowohl intensive Arbeit als auch notwendige Ruhezeiten vorsieht. Kommen die beiden Porsche 911 RSR im ersten Rennen ohne aussergewöhnlich grosse Schäden ins Ziel, erfolgt die Wartung der Fahrzeuge am Sonntag und am Montagvormittag. Anschliessend hat die Mannschaft für rund 24 Stunden frei. Erst ab Dienstagnachmittag geht es mit dem Feintuning und der Vermessung der Rennwagen weiter. Die erste Session des zweiten Wochenendes startet am Donnerstag.
„Eines ist wichtig – und das wird bestimmt oft unterschätzt: Wenn du zwischen zwei Rennen beispielsweise in Fuji und Bahrain nach Hause fliegst, dann ist das so wie einen Reset-Knopf zu drücken. Es ist automatisch der Fall, dass sich die Crew auf beide Rennen separat maximal konzentriert“, schildert Bernhard Demmer. „Das muss uns auch beim kommenden Doppel-Event gelingen, obwohl es allen wie eine einzige, durchgehende Veranstaltung vorkommen wird. Wir müssen alle unsere Konzentration und Kräfte optimal einteilen, denn es geht bei diesen beiden letzten Rennen der Saison um nichts weniger als die Meisterschaft“, so der Teammanager.
Ingenieure im Fokus
„Genau an diesem Punkt wird es ein wenig zum Experiment, denn wir hatten das in dieser Form noch nie“, ergänzt Alexander Stehlig. „Ich sehe dabei besonders die Ingenieure im Fokus. Die müssen innerhalb von vier Tagen all das nachbereiten, analysieren und wieder vorbereiten, was sie sonst in zwei oder drei Wochen machen. Das konnten wir nicht trainieren. Wir fahren die FIA WEC mit sechs Saisonläufen und nicht beispielsweise NASCAR, wo 36 Rennen im Wochentakt stattfinden. Dort sind die Crews viel mehr an kompakte Analysen und Rennvorbereitungen gewöhnt.“
„Selbst wenn wir das erste Rennen gewinnen, werden Fahrer und Ingenieure trotzdem noch Dinge finden, die wir optimieren können“, sagt der Einsatzleiter FIA WEC. Mit einem Lächeln fügt er hinzu: „Ich war selbst lange Renningenieur. Ich weiss daher, dass wir gern auf die zweite Nachkommastelle genau rechnen, obwohl die erste reichen würde. So ticken wir halt – ist ja auch gut so. Dennoch müssen wir uns auch in diesem Bereich die Kräfte gut einteilen. Da sollte sich ein Ingenieur vielleicht auch mal drei Stunden Auszeit gönnen.“
Die Detailliebe im Porsche GT Team bindet auch scheinbar alltägliche Dinge ein. Zwei davon hat Teammanager Bernhard Demmer sicher verpacken lassen und mit auf die Reise nach Bahrain geschickt. „Wir haben Waschmaschine und Trockner im Gepäck“, schmunzelt er. Der Hintergrund: Bei einem so langen Event muss die Team- und Fahrerkleidung zwischenzeitlich gereinigt werden – vor allem bei einer Veranstaltung in der Wüstenhitze. „Bei einem externen Waschservice wie zum Beispiel im Hotel besteht immer die latente Gefahr, dass die Sachen eine Nummer kleiner wieder zurückkommen. Da waschen wir doch lieber selbst“, lacht Demmer.