Ein bisschen verwundert ist Siegfried Hammelehle dann doch. „Ach, unsere Reise ist doch schon ewig her“, meint er am Telefon. Stimmt. 46 Jahre sind eine Ewigkeit – besonders wenn man sich die damalige Route vor Augen führt: Da fahren also drei Menschen aus Deutschland, Grossbritannien und Südafrika in einem Porsche 911 und einem Volkswagen 411 binnen zwei Monaten von Deutschland aus über 27.000 Kilometer quer durch die Türkei, den heutigen Iran und Afghanistan – und wieder zurück. Heute unvorstellbar, doch damals, im August und September 1973, also lange bevor der Iran eine islamische Republik wurde und Afghanistan – trotz eines Umsturzes exakt zur Zeit dieser Reise – ein intakter Staat war, konnte man so eine Tour mit etwas Mut wagen.
Genau das taten die damals noch blutjunge Britin Carole de Gara, der 23-jährige südafrikanische Fotograf Richard E. Lomba, genannt Rick, und der zu dem Zeitpunkt 34-jährige Textilunternehmer Siegfried Hammelehle, ein grosser Porsche-Fan und Besitzer des Wagens, mit dem die Reise bestritten werden sollte. 46 Jahre lang schlummerte die Geschichte im Archiv bei Porsche, nur einmal erschienen in einer alten Ausgabe des „Christophorus“. Ein Zufall förderte sie zutage. Doch die Bildgewalt der wenigen Schwarz-Weiss-Abzüge und Negative und des einen Farbfotos zieht uns sofort in ihren Bann. Und schon geht die Recherche los. Was ist aus den Menschen geworden? Denn die ursprünglichen Reisenotizen von Rick Lomba, dem Chronisten der Tour, sind nicht erhalten geblieben. Und er ist schon lange tot. Carole de Gara hat in England geheiratet, doch eine Kontaktaufnahme gestaltet sich schwierig. Bleibt noch der Hauptakteur und Initiator: Einige Telefonate und Mails später ist Siegfried Hammelehle tatsächlich ausfindig gemacht. Sein Bruder Walter stellt den Kontakt her. Schnell steht die Verabredung zum Gespräch.
„In Kabul war ich das erste Mal 1963 auf einer Reise nach Kalkutta“, erinnert sich Siegfried Hammelehle. Schon damals ging es um Teppiche, die er aus aller Welt nach Deutschland importierte. Afghanistan faszinierte ihn, und so kam der Wunsch auf, das Land mit dem eigenen Porsche zu bereisen und das auch zu filmen.
Doch wer sollte Kameramann sein? Ein Freund von Hammelehle hatte die Idee: Rick Lomba. Den kannte der Weltreisende schon von seinen Südafrikareisen zu dessen Onkel. Damals war Rick acht Jahre alt, nun – 1973 – studierte er in England Film- und Theaterwissenschaften. Seine damalige Freundin Carole de Gara sollte als Assistentin mitfahren. „Ich sagte nur: Wenn sie sich das zutraut – von mir aus“, zuckte Siegfried Hammelehle mit den Schultern. Zwei Filme waren geplant: einer über Teppiche, einer über Porsche. Und so brachen die drei am 5. August 1973 auf.
Zur Reise selbst ist zu sagen, dass die drei Abenteurer mit nicht mehr als dem Bordwerkzeug, einigen Ersatzzündkerzen, Ölfiltern und Keilriemen im Gepäck antraten. Die defekten Reifen zählten sie irgendwann nicht mehr. Zu Schaden aber kam niemand. Hitze von 50 Grad und mehr in der Steinwüste beim Berg Ararat und noch schlimmer in der sogenannten Todeswüste Daschte Margo in Afghanistan mit Temperaturen über 60 Grad Celsius und absoluter Trockenheit hinterliessen tiefe Spuren im Gedächtnis der Reisenden. Während der Porsche lief wie ein Uhrwerk, hatte der damals schon angejahrte Volkswagen grosse Probleme mit Motorlagern, Kompression und Elektronik. Aber: Erst half ihm eine umfangreiche Reparatur in Teheran und dann in Erzurum in Ostanatolien ein begabter Mechaniker. Der schaffte es mit ein paar Zangen und Draht, den Wagen wieder so gut in Fahrt zu bringen, dass er bis nach Hause durchhielt. Am 30. September 1973, exakt 56 Tage nach dem Start, war der Ausgangspunkt Altbach wieder erreicht.
Und dann? Die Reisegemeinschaft zerfiel. Zu Carole brach der Kontakt ab, zu Rick blieb er sporadisch erhalten. Der Film über Teppiche wurde tatsächlich im SWF gesendet, der über Porsche versank mit der Yacht des zuständigen Redakteurs im Mittelmeer. Siegfried Hammelehle lebt heute glücklich mit seiner Frau und einem 1970er Porsche 911 T im Kreis Esslingen.
Info
Text erstmalig erschienen im Magazin „Porsche Klassik“, Sonderausgabe „8 Generationen 911“
Text: Thorsten Elbrigmann
Fotos: Richard E. Lomba / Porsche Archives
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